Beitrag zu Ringvorlesung Nr. 4

Während einer Konferenz meines Fachbereichs meines Fachs an meiner Schule würde ich in eine Diskussion zum Thema Heterogenität einbringen, das 2/3 der Aufmerksamkeit der Lehrkraft an Jungen im Unterricht gehen. Hier bedarf es der Einschränkung, bzw. Erklärung, dass allerdings auch besonders häufig Jungen für Unterrichtsstörungen verantwortlich sind. Ein weiteres Ergebnis aus Unterrichtsbeobachtungen ist das Phänomen der Lobkultur. Während Jungen tendenziell eher für besondere fachliche Leistungen gelobt werden, werden Mädchen eher für normhaftes Verhalten oder Fleiß gelobt. Hier bedarf es besonderer Sensibilisierung, da diese Verhaltensweisen der Lehrkräfte meist unterbewusst geschehen.

Mit Bezug auf Unterrichtsmuster in den Naturwissenschaften kann ich feststellen, dass besonders selbstdurchgeführte Experimente mein Interesse gesteigert haben, vor allem, wenn man sich diese vorher überlegen musste. Was meiner Erfahrung nach zum völligen geistigen Abdriften im Unterricht geführt hat waren Laborexperimente, bei denen letztlich nicht einmal besonders viel passierte. Blicke ich zurück auf meine Schulzeit, gab es allerdings auch Lehrende, die auch spannende, gut erklärte und vor allem eindrucksvolle Experimente durchführten, mit denen sie auch die SuS begeistern konnten.

Eine mögliche Aufgabe, die man gestuft (also mit unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen) stellen könnte, wäre ein relativ komplexer Lückentext in englischer Sprache bei dem die SuS pro Lücke zwei Tipps erhalten können, sofern sie alleine nicht weiterkommen. Entsprechend können also leistungsstärkere SuS den Lückentext vielleicht komplett ohne Hilfe komplettieren, weniger leistungsstarke SuS erhalten im Schnitt einen Tipp pro Lücke und leistungsschwächere SuS können auch noch eine zweite Hilfe pro Lücke erfragen. So kann sogar innerhalb der Aufgabe differenziert werden und SuS können pro Lücke entscheiden, ob sie Hilfe benötigen oder nicht. Auf diese Weise wird Hilfe auch nicht aufgezwungen, sondern die SuS entscheiden selbstständig. Um überprüfen zu können, ob diese Art von Aufgabe und von Differenzierung Wirkung gezeigt hat, kann man auf Faktoren wie z.B. Zeit für Fertigstellung, Korrektheit der Ergebnisse, allgemeine Zufriedenheit oder auch Motivation während und nach der Aufgabenstellung schauen.

Sollte eine Kollegin behaupten, die empirische Forschung würde eindeutig zeigen, dass nur leistungsstärkste Schüler das Gymnasium besuchen und eine Gesamtschule würde den leistungsstarken Schülern  nur schaden, so ist dies eine sehr einseitige Auslegung der Forschungslage. Zwar hat die Kollegin nicht ganz unrecht in dem Punkt, dass leistungsstärkere SuS am besten mit ebenfalls leistungsstarken SuS lernen, allerdings ist der Verlust in schulischer Leitung für leistungsschwächere SuS, die mit ähnlich schwachen SuS anstelle von leistungsstärkeren in eine Gruppe verlegt werden verhältnismäßig viel größer als der eingangs erwähnte Leistungsgewinn. Entsprechend wäre es allein schon solidarisch zu sagen, dass Gesamtschulen für den Durchschnitt die sinnvollste Schulform darstellt. Abgesehen davon ist auch ein Gesamtschulsystem letztendlich gestaffelt, da sich in der Oberstufe diejenigen sammeln, die die geforderten Leistungen im Abi potentiell stemmen können.

Spannungsfeld Heterogenität und Homogenität

Das Spannungsfeld zwischen Heterogenität und Homogenität ist in vielen Bereichen unseres Lebens präsent und tangiert somit jedes Individuum mehr oder weniger. Gerade für Lehrer ist es besonders wichtig, die Vielfalt der Schüler zu akzeptieren und sie zu nutzen. Jeder Schüler hat unterschiedliche Fähigkeiten und Bedürfnisse, die individuell gefördert werden sollten. Dies ist kein leichtes Unterfangen und benötigt viel Arbeit, zumal jedem Lehrer lediglich eine begrenzte Anzahl an Förderungsmöglichkeiten zur Verfügung steht. Erschwerend hinzukommt, dass sich stereotype Vorstellungen, Komplexitätsreduktion und Homogenität als Machtvorstellung negativ auf eine positive Lernatmosphäre auswirken. Somit ist es wichtig, geeignete Methoden zu entwickeln, um dieses Spannungsfeld zu lockern und einen Ausgleich zu schaffen. Man sollte versuchen, die Heterogenität innerhalb einer Gruppe zu nutzen und als Chance zu einer Bereicherung ansehen. Homogenität sollte demnach nicht als (utopische) Idealvorstellung der Lehrer gesehen werden.

Während meines Orientierungspraktikums durfte ich ein Musterbeispiel für gelungenes und produktives Miteinander einer heterogenen Klassengruppe bezeugen, das in dieser Form maßgeblich durch meine Mentorin (Klassenlehrerin der 6. Klasse) geprägt und gefördert wurde, bezeugen. Die SchülerInnen kamen aus unterschiedlichen sozialen Milieus, waren unterschiedlich geprägt durch Religion, Herkunft und Kultur, und doch fielen diese Unterschiede erst auf den zweiten Blick auf, da diese Differenzen in den Köpfen der SchülerInnen selbst gar nicht präsent waren, bzw. nicht als wichtig erachtet wurden. Hier sieht man, dass Unterschiede lediglich sozial konstruiert sind. Meine Mentorin wird mir in dieser und vielerlei anderer Hinsicht ein Vorbild für meine eigene schulische Laufbahn sein, dem ich hoffentlich entsprechen kann.