Aufgaben zum 10. Vorlesungstermin – Prof. Dr. Till Sebastian Idel: Leistung als soziale Konstruktion im individualisierten Unterricht

1)   Warum tun sich Lehrkräfte im Umgang mit einer heterogenisierten SchülerInnenschaft und einer individualisierenden Öffnung des Unterrichts schwer?

Die Anforderungen an die Lehrkraft und Schule als Institution haben sich durch die Ausrichtung des Unterricht als individuales Setting, demgegenüber das frontal-unterrichtlichen Setting diametral einzuordnen ist, stark verändert. In der Form des individualisierten Unterrichts begegnet der Lehrkraft das gesamte Spektrum an Herausforderungen, das durch das Thema der „Pädagogik der Vielfalt“ respektive der Heterogenität mit sich bringt und von der Lehrkraft bewältigt werden müssen.

Als die größte Veränderung kann hierbei die Dezentralisierung der Ordnung im Klassenraum angesehen werden. Es sind jetzt die Qualitäten der Lehrkraft als Moderator gefragt, was sich in einer alternierende Adressierung der Aufmerksamkeit der LehererInnen an für einzelne SchülerInnen, Teilgruppen oder sogar für die ganze Lerngruppe manifestiert.

Weiterhin sind die Konsequenzen an die Professionalisierung des LeherInnenberufes im Zuge der Einführung des individualisierten Unterrichts gewachsen. Von der Lehrkraft wird ein reflektierter Umgang mit dem Spannungsfeld zwischen Förderung und Selektion der SchülerInnen sowie seiner eigenen pädagogischen Vorstellung und Produktion von vertikaler Differenz erwartet. Er/sie sollte fähig sein ein „habitualisiertes Misstrauen“ zu entwickeln, wenn es sich um die eigenen Umgangsweisen mit dem Thema Heterogenität dreht. Hierzu gehört nicht nur die Leistungsheterogenität, sondern weitere Aspekte wie z. B. Gender oder der sozio-ökonomischer Status, die potenzielle negative Auswirkungen auf die Chancengleichheit der Bildung der SchülerInnen mit sich bringen können.

2.)   Wie würden Sie sich selbst zu dieser Anforderung positionieren?

Als angehende Lehrkraft sollte man stets offen sein für andere pädagogische Konzepte. Natürlich ist es immer schwierig sich von einer etablierten Unterrichtsform zu entfernen. Es muss ja auch nicht gleich der kompromisslose Schwenk hin zu zum individualisierten Unterricht erfolgen. So wäre eine Mischform des Unterrichts denkbar oder zunächst eine Übergangs- oder Pilotierungsphase zur Akzeptanzerhöhung, gerade bei Lehrkräften mit langjähriger Erfahrung mit dem Frontalunterricht. Eine kritische Reflektion mit der eigenen pädagogischen Praxis und dem Umgang mit Heterogenität sollte jedoch stets unabhängig von der Form des Unterrichts erfolgen.

Bedingt durch die dezentrale Ordnung des Unterrichts und Veränderung der Adressierung an die SchülerInnen sollte zumindest über einer Art von Supervisionsmaßnahme für die Lehrkräfte abrufbar sein, da meiner Meinung nach Moderationsqualitäten durch die komplexere Kommunikationswege und -Intensitäten erst durch ein Feedback von Außenstehenden gesund heranwachsen können.

 

Aufgabe zum 09. Vorlesungstermin am 17.06.2014 – Prof. Dr. Matthis Kepser: Ermitteln Sie in einer Lehrbuchreihe Ihrer Wahl Aufgaben, die Ihrer Ansicht nach besonders Jungen oder besonders Mädchen ansprechen. Versuchen Sie diese Aufgabe(n) mit einer umgekehrten Gender-Orientierung umzuformulieren.

Die Exzerpte stammen aus der Lehrbuchreiche Lernstufe Mathematik Klassenstufe 5

Die Umkehrung der Aufgabenstellung nach Gender-orientierung ist jeweils mit Hochkomma gekennzeichnet.

Beispielaufgabe 1:

Ergebnisse beim Sportfest (Diagramm ist entsprechend vorgegeben)

a)  Wie viele Liegestütze schaffte Marek?

a‘) Wer war die beste Seilspringerin?

 Beispielaufgabe 2:

a) Eine Eishockeymannschaft besteht aus sechs Spielern und drei Ersatzspielern. Die Spieler sollen neue Trikots bekommen. Alle Trikots kosten zusammen 270 EUR.

Berechnet wie viel ein Trikot für einen Spieler kostet.

a‘) Eine Volleyballmannschaft besteht aus sechs Spielerinnen und drei Ersatzspielerinnen. Die Spielerinnen sollen neue Trikots bekommen. Alle Trikots kosten zusammen 270 EUR.

Berechnet wie viel ein Trikot für eine Spielerin kostet.

 Beispielaufgabe 3

a) Fußballländerspiel:

„63714 Zuschauer können sich kaum noch auf den Plätzen halten“ /„Über 60000 Zuschauer jubeln den Fußballspielern zu“ / „Fast 64000 Zuschauer warten gespannt auf den Anpfiff“

Welche Stadionaussage ist sinnvoll? Diskutiert in der Klasse.

a‘) Pferdereitstadion:

„333 Zuschauerinnen können sich kaum noch auf den Plätzen halten“ /„Über 300 Zuschauerinnen jubeln den Reiterinnen zu“ / „Fast 350 Zuschauerinnen warten gespannt auf den nächsten Sprung über den Wassergraben“

Welche Stadionaussage ist sinnvoll? Diskutiert in der Klasse.

Aufgabe zum 7. Vorlesungstermin: Inklusive Deutschdidaktik – Wie kann ein gemeinsamer Deutschunterricht gelingen, an dem auch Kinder und Jugendliche mit begrenztem Zugang zur Schriftsprache teilnehmen?

Die Deutsche Gesellschaft für Lesen und Schreiben (DGLS) formulierte im Jahre 2000 ihre zehn Rechte der Kinder auf Lesen und Schreiben. (Vgl. http://www.dgls.de/die-dgls/zehn-rechte-der-kinder.html). Hierbei seien drei dieser Regeln im Kontext der Frage, wie ein gemeinsamer inklusiver Deutschunterricht gestaltet werden kann, um allen Kindern einen lernfördernden Zugang zu Sprache zu ermöglichen, besonders hervorzuheben. An erster Stelle sollten Kinder ein Recht haben auf Lehrkräfte, die ihre Lese- und Schreibfähigkeit erfassen und beurteilen können und ihre Stärken und Schwächen respektiert werden. Weiterhin sticht das Recht der Kinder hervor, die Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben haben, auf zusätzlichen, fördernden Unterricht durch besonders qualifizierte Lehrkräfte zu bestehen. Ferner sollten Kinder auch ein Recht haben auf Lernorte, die ihnen optimale Lernmöglichkeiten bieten.

Nimmt man diese Aussagen als Leitlinien zur Fragestellung, würde dies ergo heißen, dass eine individuelle Förderung innerhalb der inklusiven Pädagogik stattfinden sollte und dies ergo auch für SchülerInnen mit begrenztem Zugang zur Schriftsprache gilt. Doch wie könnte diese Förderung konkret aussehen? Ein erster und wichtiger Schritt wäre für die Schulendie nötigen Ressourcen zur Verfügung stellen. Dies könnte zum einen bedeuten den Lehrkräften sonderpädagogische Unterstützung bei Seite zustellen oder die Gestaltung des Unterrichts durch entsprechende inklusive Hilfsmittel aufzubessern. Zur Gestaltung der gemeinsamen Lernwelt einer Klasse und zur Steigerung der Gruppenidentität wäre für die Lehrkraft die Möglichkeit gegeben die Homogenität der Gruppe hervorzuheben. Dies könnte z B. durch eine von den SchülerInnen gestaltbare Wandzeitung geschehen, die durch mündliche Beiträge der SchülerInnen von der Lehrkraft und leistungsstärken SchülerInnen in die Textform an die Wand übertragen werden. Die Umsetzung sollte natürlich zusätzlich mit entsprechenden individuellen auf die heterogenen Ansprüche der Klasse abgestimmten zeitlichen Rahmenbedingungen geschehen und den SchülerInnen ausreichend Möglichkeiten zum kooperativen Austausch gegeben werden.

Für welche Unterrichtspraxis die Lehrkraft sich auch immer entscheidet, wichtig sollte sein die Leitidee menschenrechtsbasierter inklusiver Pädagogik als tragenden Gedanken mit sich zu führen. Diese bildet im Kern einen Kreislauf von „participation“ und „achievement“ ab, der allen SchülerInnen das Lernen als Herausforderung in sozialer Eingebundenheit ermöglichen soll und somit das Spannungsfeld von Gemeinsamkeit und Individualisierung als Ziel hat.