1) Warum tun sich Lehrkräfte im Umgang mit einer heterogenisierten SchülerInnenschaft und einer individualisierenden Öffnung des Unterrichts schwer?
Die Anforderungen an die Lehrkraft und Schule als Institution haben sich durch die Ausrichtung des Unterricht als individuales Setting, demgegenüber das frontal-unterrichtlichen Setting diametral einzuordnen ist, stark verändert. In der Form des individualisierten Unterrichts begegnet der Lehrkraft das gesamte Spektrum an Herausforderungen, das durch das Thema der „Pädagogik der Vielfalt“ respektive der Heterogenität mit sich bringt und von der Lehrkraft bewältigt werden müssen.
Als die größte Veränderung kann hierbei die Dezentralisierung der Ordnung im Klassenraum angesehen werden. Es sind jetzt die Qualitäten der Lehrkraft als Moderator gefragt, was sich in einer alternierende Adressierung der Aufmerksamkeit der LehererInnen an für einzelne SchülerInnen, Teilgruppen oder sogar für die ganze Lerngruppe manifestiert.
Weiterhin sind die Konsequenzen an die Professionalisierung des LeherInnenberufes im Zuge der Einführung des individualisierten Unterrichts gewachsen. Von der Lehrkraft wird ein reflektierter Umgang mit dem Spannungsfeld zwischen Förderung und Selektion der SchülerInnen sowie seiner eigenen pädagogischen Vorstellung und Produktion von vertikaler Differenz erwartet. Er/sie sollte fähig sein ein „habitualisiertes Misstrauen“ zu entwickeln, wenn es sich um die eigenen Umgangsweisen mit dem Thema Heterogenität dreht. Hierzu gehört nicht nur die Leistungsheterogenität, sondern weitere Aspekte wie z. B. Gender oder der sozio-ökonomischer Status, die potenzielle negative Auswirkungen auf die Chancengleichheit der Bildung der SchülerInnen mit sich bringen können.
2.) Wie würden Sie sich selbst zu dieser Anforderung positionieren?
Als angehende Lehrkraft sollte man stets offen sein für andere pädagogische Konzepte. Natürlich ist es immer schwierig sich von einer etablierten Unterrichtsform zu entfernen. Es muss ja auch nicht gleich der kompromisslose Schwenk hin zu zum individualisierten Unterricht erfolgen. So wäre eine Mischform des Unterrichts denkbar oder zunächst eine Übergangs- oder Pilotierungsphase zur Akzeptanzerhöhung, gerade bei Lehrkräften mit langjähriger Erfahrung mit dem Frontalunterricht. Eine kritische Reflektion mit der eigenen pädagogischen Praxis und dem Umgang mit Heterogenität sollte jedoch stets unabhängig von der Form des Unterrichts erfolgen.
Bedingt durch die dezentrale Ordnung des Unterrichts und Veränderung der Adressierung an die SchülerInnen sollte zumindest über einer Art von Supervisionsmaßnahme für die Lehrkräfte abrufbar sein, da meiner Meinung nach Moderationsqualitäten durch die komplexere Kommunikationswege und -Intensitäten erst durch ein Feedback von Außenstehenden gesund heranwachsen können.