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RV10: Über jüdisches Leben reden

1. Welche Berührungspunkte hatten Sie mit dem Thema Antisemitismus?

Ich habe oft in der Schule erlebt, wie manche Schüler sich antisemitisch äußerten, dies jedoch sowohl von Mitschüler*innen als auch Lehrer*innen als „dumme Scherze von Jugendlichen“ abgetan wurden. Es gibt einige Situationen, an die ich mich noch sehr gut erinnern kann. So hielt es ein Mitschüler von mir für besonders witzig, antisemitische Bilder in Whatsapp-Gruppen zu teilen, zb. dass einer Rauchwolke mit der Beschreibung: „Jüdische Familie in der 40ern“. Er meinte auch zu einem Mitschüler, der sehr dünn war und sich die Haare rasiert hatte, ihm fehle nur noch der Streifenanzug und dann würde es für ihn nach Auschwitz gehen. Das, was für mich als klar antisemitisches Verhalten war, wurde weder geahndet, noch besprochen, obwohl mehrere Lehrer*innen das mitbekamen. Es störte sie nicht mal, wenn Schüler*innen sich mit Hitlergruß und einem „Heil Hitler“ begrüßten. Ich habe das öfters angesprochen, meinen Mitschüler*innen gesagt, dass das ein extrem antisemitisches Verhalten sei und sie dafür auch stark kritisiert, aber sie waren der Meinung, dass es ja als Scherze gemeint wären und somit auch okay wäre. Die Lehrer*innen, die ich darauf ansprach, meinten auch, dies sei nur dummes Verhalten und sahen kein großes Problem darin.

2. Welche Fragen haben sich durch den Vortrag ergeben?

Ich verstehe nicht, warum Antisemitismus so sehr tabuisiert wird und auch nicht als Problem wahrgenommen wird. Für mich ist es unverständlich, dass man Antisemitismus in Schulen, egal in welcher Form, relativiert und verharmlost. Ich frage mich, warum Lehrer*innen, wenn sie diesen klaren Antisemitismus mitkriegen, nichts dazu sagen und die Täter*innen in Schutz nehmen.

Außerdem frage ich mich, warum man Antisemitismus für ein Großstadtproblem (F.6) oder so sehr mit Schüler*innen verbindet, die einen Migrationshintergrund besitzen, Moslems sind, oder ungebildet sind. Ich war nämlich auf einer Schule in einer Kleinstadt und habe Antisemitismus täglich erlebt und gesehen, und die Täter*innen waren alle ohne Migrationshintergrund, waren keine Moslems und vor allem waren sie nicht ungebildet. Teilweise konnten sie am Ende der Schullaufbahn die besten Noten vorweisen.

3. Szenario

Ich würde dem Elternteil und dem betroffenen Schüler erstmal klar vermitteln wollen, dass ich das Problem ernst nehme, ihnen zur Seite stehe und helfen will. Danach würde ich mir den oder die Täter*innen zur Seite nehmen und ein Einzelgespräch mit ihnen suchen, um ihnen klar zu machen, dass ihr Verhalten falsch ist und sie jemanden dadurch verletzt haben. Ich würde dann auch gerne die Eltern der Täter*innen miteinbeziehen, unter anderem damit sie auch von Zuhause etwas gegen das Verhalten ihrer Kinder machen können, aber auch um zu sehen ob die jeweiligen Schüler*innen diese Einstellung von Zuhause gelehrt bekommen. Im Optimalfall würde ich dann auch gerne den betroffenen Schüler und die Täter*innen gegenüberstellen, mit Einbezug der Eltern, damit die Täter*innen verstehen, wie sehr sie ihren Mitschüler verletzt haben und sich entschuldigen können. In extremeren Fällen würde ich mich jedoch dafür einsetzen, dass die Täter*innen die Konsequenzen ihres Handelns zu spüren bekommen, sei es durch einen Verweis, oder andere Mittel. Vor allem würde ich dann darauf achten, dass ein sicheres Umfeld für den Betroffenen sichergestellt wird.