Fragen der RV04 vom 11.5.2020
1. Heterogenität bildet den Rahmen, damit sich die Autoren die Frage nach Differenz innerhalb der Schule zuwenden können. Den Autoren zufolge haben sie kein Interesse ab der Frage, „ob und inwiefern die Schüler*innen als Unterschiedliche in die Schule eintreten“, sondern viel eher daran, wie sie in der Schule zu solchen gemacht werden oder sich selbst dazu machen. Sie wollen wissen, wie Differenzen sich durch Prozesse in der Schule (z.B. im Unterricht) ausbilden, während dabei der Einfluss von Leistung berücksichtigt wird.
Differenz sei nicht natürlich vorhanden, sondern entstehe durch die Gesellschaft, im Bezug auf Routinen, Normalität und einer Abgrenzung zu Abweichungen. Die Autoren fragen hier, an welchen Normen dies gemessen wird.
Die Idee der Normen, und es Abweichungen von diesen gibt, bildet ein Bezug zur Heterogenität, da auch diese von Normen ausgeht, die gesellschaftlich relevant sind. Heterogenität entsteht dadurch, dass es Abweichungen gibt von diesen „Normen“.
2. In den Fallbeispielen, die vorliegen, werden zwei Gruppen an Sechstklässlern untersucht, die beide die Aufgabe bekommen, als Gruppe zu arbeiten. Jedoch wird klar, dass dies von beiden Gruppen anders angegangen wird.
In der ersten Gruppe, Gruppe P, die aus zwei Mädchen und zwei Jungs besteht, nehmen die zwei Mädchen gegenüber ihren Mitschülern eine dominante Rolle ein. Sie geben beide den Ton an, berücksichtigen nicht die Meinung ihrer Gruppenkameraden und unterstützen sich untereinander in ihren dominierenden Rollen. Sie entscheiden unter sich, wer was zu lesen hat, und als einer der Jungs sagt, er möchte einen bestimmten Abschnitt lesen, wird dies abgelehnt und beide Mädchen entscheiden sich, den Text alleine zu lesen. Sie schließen ihre Mitschüler aus dem Geschehen und der Arbeitsphase aus. Es entsteht eine inhaltliche und leistungsbezogene Überlegenheit. Die Mädchen übernehmen dazu noch eine Art Lehrer*Innenrolle, da sie ihre Gruppenmitglieder streng abfragen: „jeder hört zu“; „Hatif, was hab ich gesagt“. Dies wird aber letztendlich scharf vom eben genannten Hatif kritisiert: „Das ist scheiße, mach weiter.“
In der zweiten Gruppe, Gruppe Q, ist die Gruppendynamik eine ganz andere. Hier arbeitet eine Schülerin ganz alleine, hat die ganzen Arbeitsmaterialien um sich gesammelt und behandelt die anderen aus der Gruppe als Zuhörer. Sie fängt sogar an, die Sachen, die sie schreibt, nur noch ganz leise vor sich her zu nuscheln, wodurch die anderen aus der Gruppe aus der Arbeitsphase ausgeschlossen werden. Diese beschäftigen sich darauf auf eine andere Art, und nehmen sich aus der Arbeitsphase raus.
Die Schüler*innen bilden von selbst eine leistungsbezogene Differenz, indem sie selbst gewisse Rollen in der Gruppe übernehmen. Im ersten Beispiel könnte man sagen, dass die zwei Mädchen die Rolle einer Lehrperson übernehmen und ihren Mitschülern eine Schülerrolle zuweisen. Da gewisse Leute in der Regel immer wieder dieselben Rollen einnehmen, kann man meist vor Beginn der Arbeitsphase den einzelnen Gruppenmitgliedern eine bestimmte Rolle zuweisen.
3. In meiner Schulzeit gab es immer wieder Situationen, die viel Ähnlichkeit mit den beschriebenen Fallbeispielen besitzen. So wusste man in den meisten Fällen bei den Gruppenarbeiten, wer welche Rolle übernehmen würde, ob jemand z.B. alles im Alleingang machen würde oder eben nicht. Dies variierte oft von Fach zu Fach, da manche Schüler mehr Interesse an bestimmten Fächern hatten als an anderen. In manchen Fällen konnte man bei bestimmten „Paarungen“ im Vorfeld wissen, dass diese nicht produktiv sein würde, weshalb die Lehrkräfte oft das einteilen in Gruppen übernahmen, um sicherzugehen, dass immerhin ein wenig in allen Gruppen gearbeitet wird. So kam es dazu, dass ich lieber mit Leuten gearbeitet habe, die auch arbeiten wollten, jedoch ohne eine dominante, tonangebende Rolle einzunehmen. Leute, die dies taten, waren für mich immer schwierige „Arbeitskollegen“, da ich persönlich gerne eigene Ideen einbringe oder vorschlage.