Ein Ausschnitt aus dem Leben eines Lehramtstudis

Abschlussreflexion (RV14)

  1. Benennen Sie die für Sie zentralsten (mindestens zwei verschiedene ) theoretischen Erkenntnisse, die Sie aus den Vorträgen der Ringvorlesung für sich als besonders prägnant mitgenommen haben. Nehmen Sie dabei konkret sowohl Bezug auf:

a.) die unterschiedlichen, fachdidaktischen Aspekte und übertragen Sie diese in der Ringvorlesung gewonnenen Erkenntnisse auf die Didaktiken der von Ihnen studierten Fächer. Beziehen Sie sich hierbei auch auf didaktische Erkenntnisse mindestens eines Fachs, das Sie nicht selbst studieren.

Die zentralste aller Erkenntnisse, die ich durch diese Veranstaltung erzielt habe ist, dass gerade die Gleichbehandlung von SuS als homogene Masse die Unterschiede untereinander vergrößert, denn verschiedene individuelle Bedürfnisse erfordern einen unterschiedlichen Umgang mit denselben. SuS mit bestimmten Lernschwächen brauchen selbstverständlich mehr Unterstützung und Aufmerksamkeit beim Lösen von Aufgaben, die ihre Förderschwerpunkte bilden. SuS dagegen, die komplexe Zusammenhänge mit größerer Leichtigkeit verstehen können, suchen Herausforderungen, die man als Lehrkraft passend gestalten sollte. Die Schwierigkeit der Heterogenität besteht daher nicht in einer Gleichbehandlung, sondern in einer angepassten bedürfnisorientierten Individualbehandlung.

Für mein erstes Studienfach Mathe z.B. bedeutet dies, dass innerhalb des Unterrichts Aufgaben auf verschiedenen konzeptuellen Ebenen angeboten werden sollte. Man könnte die SuS sich untereinander ihre Aufgaben vorstellen lassen, damit die jeweils andere Gruppe auch einen Lernerfolg durch Lösungsideen ihrer Mitschüler*innen gewinnen können.

Auch in Spanisch, sowie jede andere Sprache sind Aufgaben auf verschiedenen Niveaus gut denkbar. Fragen zu Lese- oder Hörverstehen lassen sich sehr gut so gestalten, dass jeder sich aufgehoben fühlt und Antworten werden automatisch und auf vollkommen natürliche Art von den SuS auf der eigenen Lern- und Wissensstufe bearbeitet. Gerade in Sprachen ist der klasseninterne Austausch sehr wertvoll und wichtig und kann prima dazu genutzt werden, möglichst alle ins Boot der kulturellen Bereicherung zu holen.

b.) generelle erziehungswissenschaftliche Erkenntnisse zu Schule und Unterricht. Bitte benennen Sie für diesen Aufgabenteil dabei konkret mindestens zwei relevante Literaturquellen  (Autor*innen, Jahr, Titel).

Wertvolle erziehungswissenschaftliche Erkenntnisse habe ich auch gerade für meine Studienfächer Mathe und Spanisch mitnehmen können: In Mathe gibt es, wie von Timo Leuders in “Intelligent üben und Mathematik erleben” (2009) vorgeschlagen, einen schönen spielerischen Ansatz, der auch weniger mathebegeisterte SuS dazu animiert, sich mit logischen und strategischen Disziplinen außeinanderzusetzen, während das Lernen ihnen durch das Spielen Spaß bereitet. Das fand ich einen superschönen Ansatz, der sich prima dazu eignet, sinnstiftend und vorurteilsbereinigend einen neuen Zugang zur Welt und Breite der Mathematik zu erlangen.

Für Fremdsprachen im Allgemeinen postuliert Michael Byram in seinem Buch “Teaching and Assessing Intercultural Communicative Competence” (1997) ein Modell über die interkulturelle kommunikative Kompetenz, die glücklicherweise nicht nur im Klassenraum entsteht, sondern durch eigene außerschulische Erfahrungen mit der Kultur – etwa im Schüleraustausch oder im Urlaub – ergänzt wird und mit Stereotypen bricht. Das ist wichtig, denn der Unterricht soll eben nicht nur die Sprache, sondern die damit verbundene kulturelle Vielfalt, aber auch Gemeinsamkeit verschiedener Länder zusammenführen und einen einigenden Charakter haben, der Stereotypen bereinigt und Offenheit sowie Neugierde für Neues fördern soll. 

 

 

 

  1. Welche Faktoren zum schulischen Umgang mit Heterogenität (z.B. Unterrichtsformen, Schulformen, schulstrukturelle Fragen, schulkulturelle Aspekte, Lehrer*innenhandeln)), die Sie in der Vorlesung kennengelernt haben, prägen im Rückblick auf ihre eigenen Praxiserfahrungen (eigene Schulzeit, Berichte aus der Praxis, ggf. auch schon eigene Praxiserfahrungen) den Schulalltag besonders stark – und warum? Hier können Sie aus Ihrer Sicht besonders gelungene oder auch weniger gelungene Beispiele geben. Inwiefern helfen Ihnen die Inhalte der Vorlesung, eine solche Einschätzung vorzunehmen? Nehmen Sie konkret Bezug auf entsprechende Begriffe, Theorien, Konzepte, die Sie jetzt kennengelernt haben.

Besonders wichtig für einen gelungenen Umgang mit der Heterogenität im Schulalltag ist meine Meinung tatsächlich schon die Schulstruktur und Unterrichtsform. In keiner meiner bisher besuchten Schulen gab es Sozialpädagog*innen, die für individuelle Bedürfnisse einzelner SuS unterrichtsbegleitend dabei gewesen wären. Dabei ist eine solche therapeutische Unterstützung eine super schöne Möglichkeit der Inklusion und des natürlichen Umgangs mit wirklich verschiedenen Menschen, die heute schon seit der Schulzeit an an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden. Sicherlich hat Inklusion auch Grenzen, aber allein die Tatsache, dass die Schüler*innenlandschaft meiner gesamten Schulkarriere definitiv nicht die Vielfältigkeit der gesellschaftlichen, sozialen und gesundheitlichen Breite widerspiegelt ist ein guter Indikator dafür, dass es noch einiges zu verändern gibt. Und dann haben wir in Deutschland natürlich auch noch ein recht diskriminierendes System der exkludierenden, nach Leistung segregierenden weiterführenden Schule, die bereits im jungen Kindheitsalter nach schulischen Leistungen klassifiziert. Dieses System sollte wirklich überdacht werden und es gibt bereits Lösungsansätze und Schulformen, die sich dieser entgegen setzen, wie z.B. das Bremer System der Oberschulen, die eine Gesamtschule darstellt, die alle SuS beheimatet und trotzdem individuellen Leistungsansprüchen gerecht werden will. Woran es hier fehlt, ist an humanen Ressourcen an Sozialpädagog*innen, Therapeuten und gut ausgebildeten Lehrkräften.

  1.   Zu welchen zwei erziehungswissenschaftlichen Fragestellungen, die Sie in der Vorlesung kennengelernt haben, würden Sie gerne mehr erfahren im weiteren Studium im Bezug auf das Modulthema UMHET? Welche haben Sie vermisst? Bitte begründen Sie Ihre Wahl.

Ich hätte gerne noch etwas zum Umgang und Aufklärung, sowie Integration von LGTBQ-Schüler*innen gelernt. Gerade in diesem entscheidenden Lebensabschnitt in und um die Pubertät formen sich oder stellen sich sexuelle Vorlieben und Interessen aus, sodass ich als Lehrkraft gerne mehr darüber erfahren hätte, wie ich orientierend und unterstützend, aber auch sozial ausgleichend damit umgehen kann. Einerseits individuell für Betroffene, andererseits auch in der Klassengemeinschaft.

Außerdem hätte ich interessant gefunden, wie man im Umgang mit den Eltern der SuS mit Heterogenität umgehen könnte: darf ich Tipps, Kritik und Vorschläge geben, um Differenzen der Schülerschaft vorbeugend entgegen zu treten? Oder liegt das in der erzieherischen Freiheit und alleinigen Verantwortung der Eltern? Wie weit darf ich gehen, wenn der Förderbedarf des Kindes meiner Meinung nach auch in der Macht der Eltern liegt und ich das gerne mitteilen würde, ohne darüber zu urteilen?

1 Kommentar

  1. Yasemin Karakasoglu

    Liebe Maria,
    in Ihrem Ihr Abschlussblog zeigen Sie, dass Sie sich sowohl mit übergreifenden Themen der Veranstaltungsreihe (Heterogenität als zentrale strukturierende Größe) wie mit vertieften fachdidaktischen Bezügen zu ihren Fächern (Spanisch und Mathematik) in der geforderten Differenziertheit auseinander gesetzt und Theoriebezüge hergestellt haben.
    Bestanden
    Yasemin Karakasoglu

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