Falscher Umgang mit Heterogenität durch Klischeedenken

Die Lehrerin, über die der Textauszug von Martina Weber berichtet, scheint durch ihr dargestelltes Verhalten in Bezug auf den korrekten Umgang mit Heterogenität in ihrer Klasse nicht sehr kompetent zu sein.

Zum einen ist erkennbar, dass sie ihre Schüler nicht gleich behandelt, da sie offenbar an die türkischstämmigen SchülerInnen ihrer Klasse andere Erwartung stellt als an jene ohne Migrationshintergrund. Weiterhin erwartet sie von ihnen, dass sie Parallelen ziehen sollen, die ihr zwar schlüssig erscheinen mögen, jedoch nicht auch für ihre SchülerInnen zwingend offensichtlich sein müssen. Zudem sei zu bemerken, dass sie die ihr einleuchtend erscheinende Parallele in Bezug auf die nicht selbstbestimmte Partnerwahl ausschließlich auf Klischees und Vorurteile stützt. Sie schert dabei alle Türken „über einen Kamm“ und stellt es so dar, als wenn jeder Mensch türkischer Abstammung die Überzeugung, dass die korrekten Partner für die Kinder einem von den Eltern zugeteilt werden müssen, mit seiner Nationalität in die Wiege gelegt bekommt. Die Lehrerin schließt somit von einem „Normalfall“, also wie viele türkischstämmigen Menschen zu dem Thema stehen, auf die Überzeugung ihrer SchülerInnen und missachtet dabei komplett, dass diese trotzdem eine ganz andere, individuelle Meinung zu dem Thema haben könnten. Sie drängt ihre SchülerInnen dadurch in eine bestimmte Ecke, in die sie offensichtlich gar nicht hineingehören (vgl. Folie 21, Punkt 2). Des Weiteren beachtet sie keineswegs, dass die Schülerin bereits von Geburt an in Deutschland lebt und ihre Familie eventuell so integriert sein könnte, dass sich bestimmte ursprüngliche türkische Erziehungstraditionen mit den hiesigen vermischt haben könnten oder dass die Eltern schlicht aus Überzeugung eine komplett kontrastierende Ansicht zu dem Thema (un-)freiwillige Partnerschaftswahl haben könnten.

Insgesamt betrachtet ist deutlich erkennbar, dass die Lehrerin ihren türkischen SchülerInnen eine individuelle Denkweise zu der Tradition, welche sie von jener einer größeren Masse unterscheidet, nicht erwartet hätte, da sie sich nur auf ein ihr vor Augen schwebendes Klischee konzentriert. Weiterhin grenzt sie durch die unterschiedlichen Anforderungen an die türkischstämmigen SchülerInnen im Vergleich zu den anderen SchülerInnen, diese von ihren Mitschülern ab und erreicht dadurch keinen korrekte Umgang mit der Heterogenität in der Klasse.

2 Gedanken zu „Falscher Umgang mit Heterogenität durch Klischeedenken

  1. Ich stimme Deinem Beitrag zu. Die Lehrerin hat ihr eigenes Bild von der, hier türkischen, Kultur und erwartet eine dementsprechende Einlassung ihrer türkischstämmigen Schülerin. Und in der Tat, sie vergisst hierbei, dass es auch innerhalb von Kulturen unterschiedliche Lebens-, Sicht- und Denkweisen gibt und man nicht sagen kann, das ist typisch für diesen Kulturkreis. Es verdeutlicht auch, dass die Grundlagen und Konzepte zur Interkulturellen Pädagogik unterfüttert werden müssen, bzw., ein Umdenken beginnt vor allem in den Köpfen und ist teilweise vielleicht auch ein Generationsproblem.

  2. Ich muss euch beiden Recht geben. Wie ihr sagt hat die Lehrerin ein Klischee-Denken und ist überhaupt nicht fähig damit und mit der Heterogenität in der Klasse umzugehen. Um jetzt nicht eure Argumente nochmals auszuführen ergänze ich mal den Beitrag:
    Das letzte „Argument“ im Hauptteil, wo es darum geht, dass sich die türkischen Traditionen mit den hier verbreiteten Traditionen bereits vermischt haben könnten, wird ja schon von dem Mädchen selber quasi aufgegriffen, indem sie sagt sie denke mittlerweile nur noch europäisch. Damit zeigt sie doch, dass sie keine Traditionen auslebt, weder türkische noch deutsch. Das Ganze geht einen Schritt weiter als nur das Vermischen von Traditionen. Natürlich kann man jetzt eine neue Debatte anfangen, dass der Wandel in Europa die einzelnen Länder in seinen Traditionen unterdrückt, aber das ist eine andere Angelegenheit. Man mag natürlich nicht ausschließen, dass es noch ausgelebte z.B. türkische Traditionen von Mädchen in Deutschland gibt, bloß darf man nicht davon ausgehen ! Und das sollte man der Lehrerin auch irgendwie nahe legen.

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