Das Spannungsfeld zwischen Hetero- und Homogenität im schulischen Feld

Im Rahmen der Vorlesung wurde auf das Spannungsfeld zwischen Homogenität und Heterogenität eingegangen, dieses soll im Rahmen dieses Blogs weiter vertieft werden.

„Vielfalt als anspruchsvolle Realität” beschreibt die Ausgangslage eines Grundschullehrers recht genau. Bevor die SchülerInnen auf die verschiedenen Schulformen aufgeteilt werden, gibt es so gut wie keine Unterteilung der SchülerInnen auf Grundlage ihrer Lernentwicklung, Sprache oder sonstiger sozio-kulturellen Hintergründen. Durch die starke Inklusion an Bremer Schulen ist dieser Umstand noch verstärkt. So gehört es zum Alltag eines Grundschullehrers sich dieses Umstandes bewusst zu sein und zu wissen, wie man mit dieser Situation umgeht.

Lehrer kategorisieren SchülerInnen oft nach Stereotypen, dies soll der Heterogenität jedes einzelnen Kindes entgegenwirken, insofern, als dass die SchülerInnen in bestimmten Situationen ähnlich agieren und der Lehrkraft somit eine Voreinschätzung über beispielsweise die Lerngeschwindigkeit geben. Dies ist natürlich oft eine Fehlvorstellung von Seiten der Lehrkraft und führt schnell zu Bevorzugung oder Diskriminierung einzelner SchülerInnen. Die Lehrkraft kann zwar ihre langjährige Erfahrung nutzen um eine Klasse einzuschätzen, muss jedoch jedes Kind als Individuum sehen.

Die Erfahrung der Lehrkraft hilft ihr natürlich ebenso schneller Defizite von SchülerInnen in bestimmten Bereichen, wie der Motorik oder Konzentration, zu erkennen. So weiß die Lehrkraft um einen gewissen “Soll-Wert”, welcher von SchülerInnen in einem bestimmten Jahrgangsstufe erreicht sein sollte. Falls SchülerInnen (aus Sicht der Lehrkraft) signifikant über oder unter diesen Anforderungen liegen, kann sie diese auf besondere Weise fördern.

Nach Bauriedl (1985) gibt es zwei Arten nach denen eine Lehrkraft eine Gruppe von SchülerInnen homogenisiert, die „Wir-Gruppenbildung” und die „Bündnisbildungen”. In der Wir-Gruppenbildung sieht die Lehrkraft Homogenität als „bewusstes” Ziel und sieht die Klasse in ihrer Gesamtheit. In der Bündnisbildung homogenisiert die Lehrkraft die Klasse jedoch „unterbewusst“ und fokussiert sich auf eine Gruppe von SchülerInnen die als Repräsentanten für die Klasse stehen. Somit führt die Lehrkraft den Unterricht beispielsweise mit einer beschränkten Zahl an leistungsstarken SchülerInnen, ohne dabei die gesamte Klasse miteinzubeziehen oder reduziert eine Klasse auf Grundlage einiger leistungsschwächerer SchülerInnen.

Stereotypenbildung wurde mir während meiner Praxisorientierten Elemente im Fach Englisch sehr stark bewusst. Während der drei Wochen wurde ich einer 4. Klasse in Hemelingen zugeteilt. Die Klassenlehrerin teilte mir mit, dass die Klasse sehr anstrengend sei und falls ich nach den drei Wochen noch Lehrer werden wolle, dann sei es der richtige Beruf für mich. Dadurch, dass ich so einen vorläufigen Eindruck der Klasse bekommen habe, war es sehr schwierig für mich, positive Eigenschaften einiger SchülerInnen auszumachen. Es stimmte natürlich, dass ein Großteil der Klasse sehr anstrengend war, aber dennoch war es für mich als “neutrale” Person nicht leicht mich von den Vorurteilen zu lösen, die ich durch die Aussagen der Lehrkraft bekam.

In meiner eigenen Schulzeit zeigte sich wie Gespräche unter Lehrkräften einen starken Einfluss auf ihre Sicht der SchülerInnen haben. Falls eine Klasse beispielsweise eine neue Lehrkraft bekommt und die Lehrkraft bereits negative Dinge über einzelne SchülerInnen gehört hat, ist sie oft selbst nicht mehr neutral. Diese SchülerInnen haben es sehr schwer, bei der Lehrkraft wieder einen guten Eindruck zu machen. Ein ehemaliger Mitschüler von mir konnte etwa seine Note im Mathematik Leistungskurs um 11 (!) Punkte verbessern, nachdem er zum Kurs einer anderen Lehrkraft wechselte.

Im Hinblick auf weitere Praktika ist es immer sehr interessant, die Ersteindrücke, die man selbst von SchülerInnen einer neuen Schule bekommt, mit den Langzeiteindrücken der verschiedenen Lehrkräfte zu vergleichen. Falls es im Rahmen dessen zu stark unterschiedlichen Einschätzungen kommt denke ich, dass es wichtig ist sich diesen bewusst zu werden und ggf. die Lehrkraft dazu anzuregen zu versuchen jene SchülerInnen möglichst unvoreingenommen zu beurteilen. Falls sich ein/e SchülerInn über mehrere Jahre nicht regelkonform verhalten hat wird dies die Beurteilung der Lehrkraft beeinflussen. Somit ist es wichtig, dass man als Lehrkraft versucht die SchülerInnen möglichst unvoreingenommen einzuschätzen, bzw. die eigene Beurteilung regelmäßig zu erneuern. Gleiches gilt natürlich für die Einschätzung von neuen SchülerInnen aus bestimmten sozialen Mileaus, Ländern oder auch Geschwister ihnen bekannter SchülerInnen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert