(Politisches) Bewusstsein, doppelte Heterogenität und Sprachwirklichkeiten

  1. Diskutieren Sie die Relevanz der Arbeitshypothese der „doppelten Heterogenität“ für eines Ihrer Fächer und stellen Sie dies anhand einen (Es sind übrigens sehr oft Schreibfehler in der Aufgabenstellung. Ich bin auch nicht perfekt aber so langsam müsste man mal Korrektur lesen) konkreten Unterrichtsinhaltes dar. Eine graphische Darstellung der Hypothese finden Sie in den Vorlesungsfolien.
  2. Skizzieren Sie unter Bezugnahme auf einen konkreten Unterrichtsinhalt drei methodische Varianten zur unterrichtspraktischen „Erhebung“ von Schüler*Innenvorstellungen.
  3. Formulieren Sie eine Beobachtungsaufgabe in Bezug auf unterschiedliche Sprachwirklichkeiten von SchülerInnen und Lehrer.

 

  1. Ich halte die Arbeitsthese der „doppelten Heterogenität“ als besonders wichtig für mein sekundäres Fach: Geschichte. Die Unterschiedlichen intersektionalen Faktoren, von denen der Eindruck von SuS auf einen Sachverhalt geprägt wird, sind im Hinblick auf jedes geschichtliche Ereignis wichtig. Geschichte wird von unserer persönlichen, individuellen Perspektive auf Vergangenes konstruiert. Es gibt offensichtlich beweisbare Ereignisse, von denen wir durch Quellen beweisen können, dass sie stattgefunden haben. Aber wie die Art des Ereignisses ist, kann stark unterschiedlich Interpretiert werden. Was ist die Moral, die wir aus vergangenen Ereignissen ziehen? Wer gehörte zur „guten“ und wer zur „schlechten“ Seite der Geschichte? Wer oder was waren Auslöser/Verursacher/Schuldige an geschichtlichen Gegebenheiten? Können wir überhaupt in diesen Kategorien denken? Ist Geschichte überhaupt wichtig, wenn sie doch schon geschehen ist? All diese Fragen und viele mehr, stellen sich unterschiedliche SuS mit unterschiedlichen Erfahrungen und Herkünften. Geschichten von Großeltern oder Eltern konstruieren ein individuelles Verständnis oder Unverständnis von der Vergangenheit. Die eigene Identität oder Herkunft kann das Verständnis von Geschichte massiv prägen. Ein offensichtliches Beispiel ist das Naziregime und für deutsche Geschichts-Lehrkräfte auch das wichtigste Unterrichtsthema. Der Nationalsozialismus als Thema hat eine sehr variable Wirkung auf junge SuS, die sehr vom eigenen Wissen, der Familiengeschichte, Herkunft und weiteren Faktoren beeinflusst wird. Unter diesen weiteren Faktoren zählt unter anderem Sexualität oder geistige, sowie körperliche Beeinträchtigung. Obwohl man selbst nicht in dieser Zeit gelebt hat, so identifiziert man sich doch auf negative und/oder positive Weise mit den Akteuren dieser Zeit. Für mich bedeutet dies konkret: ich bin homosexuell und daher fühle ich eine Verbindung zu homosexuellen Opfern des Nationalsozialismus. Mir ist beim Sprechen über den Nationalsozialismus bewusst, dass homosexuelle Menschen diskriminiert, umgebracht und verfolgt wurden. Auf der anderen Seite spüre ich auch eine unausweichliche Scham gegenüber meiner eigenen Familiengeschichte. Mein Großvater väterlicherseits kämpfte „für Hitler“ und blieb dem Regime, wie mein Vater erzählte, noch nach dem Krieg treu, bis er an einer Verletzung aus dem Krieg verzögert starb. Ich war noch nicht geboren und habe keine persönliche Schuld an dem, was passiert ist aber trotzdem empfinde ich ein Schamgefühl, was ich kaum erklären kann. Bei meinen zukünftigen SchülerInnen werden Gefühle gegenüber des Nationalsozialismus ebenso vielschichtig und individuell sein, wie bei mir.
  2. Dasselbe Beispiel lässt sich auf die zweite Frage anwenden. Um Die unterschiedlichen Vorstellungen über den Nationalsozialismus der SuS herauszufinden, gibt es verschiedene Möglichkeiten.
    1. Eine Aufstellung im Raum (Beispielsweise mit der Frage: „Fühlt ihr euch beschämt beim Besprechen des Themas ‚Nationalsozialismus‘?“), wobei das eine Ende des Raumes ein „Ja“, das andere ein „Nein“ und die Mitte „Ich weiß nicht“ bedeutet. Die SuS können sich dann graduell positionieren.
    2. Abstimmungssystem (wie auf StudIP „Cliqr“), welches eventuell mit der voranschreitenden Digitalisierung vereinfacht wird. Die Frage wäre beispielsweise „Welche Aussage trifft am meisten zu?“ und darunter mögliche Abstimmungsmöglichkeiten, wie zum Beispiel: 1. Lernen über den Nationalsozialismus ist besonders wichtig, denn die Geschichte darf sich nicht wiederholen 2. Lernen über den Nationalsozialismus ist wichtig, aber man darf auch andere Themen nicht vergessen 3. Informationen über den Nationalsozialismus sollte größtenteils von Eltern an ihre Kinder vermittelt werden 4. Lernen über den Nationalsozialismus ist überbewertet, denn die Geschichte ist vergangen und unwiederholbar
    3. Stichproben (SuS offene Fragen in den Raum stellen und sich stichprobenartig Antworten geben lassen)
  3. Beobachtungsaufgabe: Welche Auswirkung hat die Sprache von Tätern auf die Auffassung von geschichtlichen Ereignissen? (Beispiele: Unterschied Pogromnacht/Reichskristallnacht oder Machtergreifung/Machtübernahme/Machtübergabe)
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