Blogbeitrag Nr. 9: Wer ist hier „bunt“? Gut gemeint ist nicht gleich gut gemacht

In einem Interview mit einer Elternvertreterin und -beraterin aus dem Kreis der bbt-Mitglieder betont diese, dass sie einen offensichtlich positiv gemeinten Hinweis einer Lehrkraft auf eine „bunte Schüler*innenschaft“ als unangemessen empfand und sich keinesfalls als Partnerin auf Augenhöhe in der Erziehung und Bildung ihrer Kinder anerkannt fühlte. Sie sagt „Das wird nicht erreicht, wenn Lehrkräfte bestimmte Wörter verwenden mit den Eltern, denn das macht sofort die Eltern klein (…) Ist es auf Augenhöhe, wenn ich anfange zu sagen „Ja, wir sind eine bunte Klasse“? Also wirklich, wenn man das sagt und mein Kind ist das einzige Schwarze Kind oder „bunte“ Kind.“

Was hier passiert, wird in der Literatur als „Tokenism“ bezeichnet. Das bedeutet, dass ein herausgehobenes Merkmal, dass die damit bezeichnete Person in besonderer Weise als markiert – hier die Hautfarbe –  als Alibi für Vielfalt herangezogen wird, die ansonsten keinesfalls in allen Bereichen der Institution repräsentiert ist und in der z.B. der institutionelle Rassismus gegenüber denjenigen, die da als „bunt“ bezeichnet werden, nicht reflektiert wird – im Gegenteil, durch den Verweis auf die Anwesenheit der angeblich „bunten“ Person gibt man sich den Anschein, nicht im Verdacht zu stehen, Schwarze Menschen zu diskriminieren.

Bei „Bunt“ – wie auch bei anderen Verweisen auf Vielfalt – ist ratsam den eigenen Sprachgebrauch daraufhin zu reflektieren, ob nur unterschiedlich aussehende Menschen als Hinweis auf Vielfalt vorgeführt werden.

Mehr zu „Tokenism“ in der Vielfalt-Mediathek des Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit e. V. (IDA).

Yasemin Karakaşoğlu

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