RV06 – Zur Notwendigkeit von sprachsensiblem Fachunterricht

 

Die Aussage der Mentorin „Der Schüler M. ist bereits in Deutschland geboren und kann sich immer noch nicht vernünftig ausdrücken. Dabei müsste er doch mittlerweile wirklich wissen, wie man etwas erklärt.“, also dass alle Kinder die in Deutschland geboren wurden, gut Deutsch sprechen können, ist unbedacht und trifft nicht immer zu. Der Schüler M. kann einen Migrationshintergrund haben und demnach ist er höchstwahrscheinlich mit zwei oder mehr Sprachen aufgewachsen. Die Sprache Deutsch verwendet dieser Schüler vielleicht auch nur außerhalb des Elternhauses, sowie mit seinen Freunden oder in der Schule. Das Erklären von Dingen könnte dem Schüler demnach trotzdem schwerfallen, obwohl er in Deutschland geboren und aufgewachsen ist. Es liegt auch ein Unterschied in der Kommunikation und Sprache zwischen Freunden und dem Unterricht, wo in erster Stelle die Bildungssprache verwendet wird. Die Bildungssprache könnte dem Schüler Schwierigkeiten beim Verständnis herbeibringen. Die konzeptionelle Mündlichkeit beherrscht der Schüler vermutlich nicht, da es nicht ausreichend gefördert wurde.

In meinem Orientierungspraktikum kam ich mit dem sprachsensiblen Unterricht kaum in Berührung. Den SuS, die die Sprache nicht so gut verstehen konnten, wurden die Aufgaben noch mal von der Lehrkraft im Einzelnen vereinfacht erklärt. Dies funktionierte aber auch nicht immer und ist durch eine einzige Lehrkraft nicht gut umsetzbar, da mehr als fünf SuS Probleme beim Verstehen der Aufgaben hatten und die Zeit zum einzelnen Erklären nicht ausreicht. Ich beschäftigte mich in dieser Zeit mit den SuS, die die Aufgabenstellungen nicht richtig verstanden hatten, und bemerkte, dass eine zweite Lehrkraft in solchen Fällen wirklich eine große Hilfe darstellen würde, da die Mehrheit der SuS dann die Aufgaben auch verstehen und lösen können.

Im Allgemeinen wäre es interessant zu schauen, was genau sprachsensibler Unterricht ist und wie man es aktiv umsetzen kann. Wie können die SuS noch sprachlich gefördert werden, die Schwierigkeiten beim Verstehen und Sprechen haben? Im naturwissenschaftlichen Sachunterricht wäre es spannend die SuS zu beobachten, die zweisprachig aufwachsen und inwieweit sie die deutsche Sprache beherrschen. Werden die Fachbegriffe, die man im Sachunterricht verwendet, verstanden? Kann das Erklärte in eigenen Worten von den SuS wiedergegeben werden, wenn der Unterricht sprachsensibel gestaltet ist?

 

RV05 – Englischunterricht zwischen Selektion und Inklusion

 

Der Fremdsprachenunterricht, der vor allem kognitive Fähigkeiten anspricht, ist durch das Ideal des native Speaker ausgezeichnet, also das Erreichen des Sprachniveaus eines Muttersprachlers. Das Erlernen der akzent- und fehlerfreien Aussprache führt bei vielen zu einem „fehlerfreien Schweigen“, da die Angst besteht Fehler zu begehen. Ein weiteres Merkmal des Fremdsprachenunterrichts ist das Erlernen der grammatischen Regeln und Vokabeln. Einige SuS werden dabei keine Probleme beim Auswendiglernen haben, da es ihren Lerntypen entsprechen könnte und sie die Regeln und Vokabeln schneller verinnerlichen und verstehen. Im Gegensatz zu den SuS, die dem Lerntyp des ersten Beispiels nicht entsprechen, beispielsweise Schwierigkeiten beim Auswendiglernen haben, besteht die Gefahr, dass sie im Unterricht nicht mehr mitkommen. Hierbei entsteht eine Selektion, indem die SuS, die dem Lerntypen entsprechen und keine Probleme beim Auswendiglernen haben dem Unterricht gut folgen können, währenddessen die SuS, die Probleme mit den Lernmethoden haben, keine Erfolgerlebnisse erleben, die sie weiterhin motiviert die neue Sprache zu erlernen.

In meiner Schulzeit bestand der Englischunterricht die meiste Zeit aus dem Auswendiglernen der Vokabeln und Erlernen der Grammatik. Ein kommunikativer Austausch fand sehr selten statt. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, dass sehr viel Wert auf die Aussprache gelegt wurde, die Möglichkeit diese zu lernen war jedoch gering, da es im Unterricht eher nebensächlich zu den Vokabeln und der Grammatik stand und man kaum Möglichkeiten hatte im Unterricht englisch zu sprechen. Dies führte dazu das viele meiner MitschülerInnen und ich uns kaum trauten im Unterricht auf Englisch zu sprechen. Das Erlernen der Grammatik und der Vokabeln fiel mir nicht allzu schwer, geriet aber sehr schnell in Vergessenheit. Meiner Erfahrung nach erlebte ich in meiner Schulzeit eher selektierenden Unterricht und es fanden kaum differenzierte Elemente im Unterricht statt. Die Selektion führte zu Druck und Misserfolgen sowie Motivationsverlust bei den SuS, denen das Auswendiglernen schwerfiel. Auf die Bedürfnisse der SuS wurde nicht eingegangen.

Mögliche Beobachtungskriterien für einen differenzierenden Englischunterricht ist das Beobachten der verschiedenen Lerntypen in einer Klasse. Sollten alle SuS dieselben Aufgaben zur Verfügung gestellt bekommen oder sollten SuS je nach Niveau den passenden Schwierigkeitsgrad an Lernmaterialien erhalten? Außerdem wäre es auch noch interessant zu beobachten, wie die aktive und motivierende Sprachnutzung im Unterricht auf die SuS wirkt.