Gender und Fremdsprache(n)

  1. Meine schulische Fremdsprachkarriere hatte bis zur Oberstufe keinen retrospektiv wahrnehmbaren Genderbezug. Das könnte daran gelegen haben, dass ich zu keiner der drei erlernten Fremdsprachen (Englisch, Französisch und Spanisch) einen systematischen Lernbezug hatte. Diese fehlende Anbindung an gemeinschaftliches Lernen hatte zunächst keinen spezifischen Genderbezug. Interessanterweise ab der Oberstufe sehr zutreffend für mich wurde die von Dr. Roviro angesprochene (Jungs)-Erzählung, dass (gewissenhaftes) Lernen eine Mädchensache sei. Ich konnte mich damit sehr gut identifizieren. Übersteigert wurde diese Art des rigiden Selbstbildbildes noch dadurch, dass ich, abgesehen von verheerenden Schwierigkeiten bei der Anwendung grammatischer Anpassungen in Klausuren, gute (Spanisch) bis sehr gute Leistungen (Englisch) erzielt habe. Für mich hatte dies eindeutig auch eine Genderfunktion: Lernen machen Mädchen, lernen ist Wettbewerbsverzerrung, trotzdem bin ich ohne lernen besser, daher bin ich ein Junge. Entsprechend Stolz war ich also immer, wenn meine Spanischlehrerin ihrem Schüler trotz fehlender Hausaufgaben und verheerender Ergebnisse in den Vokabeltests eine relativ gute Note geben musste. Gott sei dank ist das schon lange her, obwohl vieles davon natürlich immernoch wirkt.
  2. Der zweite Block der Vorlesung konnte relativ schlecht zu mir durchdringen. Warum das so war? Ich habe jetzt den Eindruck, dass der Rote Faden fehlte. Ich könnte aber auch einfach abgelenkt gewesen sein. Irgendwie wurden bestimmte Modelle (Williams/Burden, Heckhausen/Gollwitzer) besprochen, die nicht ganz bei mir ankamen. Einzig die Konzepte zur Selbstmotivierung und Lernerautonomie fand ich interessant, weil sie einen starken Schwerpunkt auf Differenzierung und Individualisierung legen, ohne dabei genderspezifisch zu arbeiten. Ich glaube, dass Menschen (später) nur Verantwortlich mit ihrer Umgebung/ihren Umgebungen umgehen können, wenn sie als Persönlichkeit autonom operieren können. Niemand kann sein Leben nur im Team machen, sondern wird irgendwann gezwungen sein, durch eigenermächtigung zu handeln. Wer das nicht kann, kann sich auch den Bedingungen dieser nur unterwerfen und sich nicht selbst (politisch) ermächtigen, d.h. keine Verantwortung tragen. Die Herausbildung dieser Selbsterkenntnis(se) einer unabhängigen Persönlichkeit sollte natürlich ein zentraler Ansatz von Schule sein. (Die pragmatisch-kollektive und substanzlose Verfertigung von Blogbeiträgen zeigt, dass Schule hier offensichtlich immer schlechter zu individualisieren vermag.) Daher fand ich die Idee, Fremdsprachenunterricht möglichst mit den Individuen zu verhandeln, statt immer nur Gruppen anzusprechen, welche dadurch bedauerlicherweise eingeladen werden, sich systematisch arrangieren und sich selbst damit Deindividualisieren, sehr ansprechend. Verabredungen mit einzelnen SuS zu treffen, sowie eine „Feedbackkultur“ anzuregen, bei welcher eben nicht im Vorhinein, sondern Im Nachhinein aktiv über die Lerngegenstände diskutiert wird, scheinen da sehr attraktiv zu sein.
  3. (Eine sehr interessante Aufgabe!) Eine grundsätzliche Option besteht natürlich immer darin, sämtlichen Verallgemeinerungen äußerst Kritisch zu begegnen. Unterhalb sollte man sich am besten immer des konstruktiven und exemplarischen Charakters der Aufgaben, Texte und Bilder bewusst machen. Ein dritter und gleichsam wesentlicher Punkt wäre die Möglichkeit der historischen Kontextualisierung bestimmter Quellen oder Vorlagen. Zu denken wären da die (aus heutiger Sicht schwierigen) Aussagen Herders, wie sie Herr Fantini exemplarisch angeführt und bewertet hat. Nicht zuletzt hat Frau Dr. Roviro dazu angeregt, diese Situationen kritischer Reflexion von Sprache gemeinsam mit den SuS zur Diskussion zu nutzen. Dem ist einfach nichts mehr hinzuzufügen!

Gender im Fokus

Die neunte Vorlesung ist eine erfrischend undogmatische Einführung in Genderaspkte und Schule gewesen. Bemerkenswert souverän und sachlich.

  1. Das Dr. Fantini eigentlich kaum über ‚Geschlecht‘ gesprochen hat, sondern über ‚gender‘ betrifft einen wesentlichen Punkt der folgenden didaktischen Erläuterungen. So weist ‚gender‘, anders als ’sex‘ weit über biopathologische Befunde hinaus, indem in dessen Zentrum die Hauptkategorien der Zuschreibungen (aussen) und Inszenierungen (selbst) und somit wandelnde Kulturpraxen unterliegt. Das unbewusste Inszenieren von Menschen steht somit im Spannungsfeld mit den von außen formunlieren Zuschreibungen. Daraus ergeben sich didaktische Fragen, welche die SuS als besonders ‚betroffene‘ Akteure in diesem Spannungsfeld zugrunde legen.
  2. „Genderplay“ beschreibt einen Punkt der Inszenierungspraxis, welcher von Dr. Fantini als außerordentlich relevant für die Lebenswelt der SuS, gerade in den höheren Klassenstufen beschrieben hat. SuS orientieren sich mit eigenem Verhalten in dem Spannungsfeld und agieren so teilweise sehr different, bzw. machen dabei jeweils individuelle (Selbst-)Erfahrungen, welche großen Einfluss auf ihren weiteren Werdegang nehmen können. Ich selbst hatte in meiner Schullaufbahn den Eindruck, als würden Mädchen diesbezüglich in einem stärkeren und normierteren Spannungsfeld agieren müssen. Hier waren es nicht zuletzt vor allem sexuelle Zuschreibungen, welche ab der 7. Klasse deutlichen Druck auf die Mädchen ausgeübt haben. So gab es Einzelne, welche das sehr stark auch den Jungs gegenüber betonten und so einen Druck auf alle anderen Mädchen ausgeübt haben. In diesem Sinne schien mit Pubertät bei Mädchen viel stärker kollektiv entwickelt, wogegen die Jungs (mich eingenommen) eher dazu tendierten, die Veränderungen und Konflikte (später) mit sich selbst auszumachen. Da ich auch den Eindruck hatte, dass unsere Klassen nicht besonders viele Heterogenitätsmerkmale aufwiesen, bleiben Heterogenitätsspezifische Überlegungen zum Genderplay eher in einer Sackgasse verloren.
  3. Man kann daraus eine Beobachtungsaufgabe ableiten, mit welcher man versucht, im Praktikum diese Aspekte heterogener Verhältnisse in Bezug auf das Verhalten Kinder in der Pubertät „im Sturm“ des Genderplays bzw der Zuschreibungen und Inszenierungen zu erfassen. Wie wirken diese auf die Geschlechter und lässt sich ein Unterschied wie in den beschriebenen Erinnerungen bestätigen? Ergänzend dazu kann man sich das Verhalten der Lk anschauen und ihre Position in diesem Spannungsfeld destillieren. Ich könnte mir Vorstellen, dass eine Vermittelnde Haltung von den SuS eingefordert wird. Die angesprochenen Ideen, welche im Sinne der reflexiven Koedukation (Faulstich-Wieland) besprochen wurden, bilden für diese Beobachtungen sicherlich eine gute Basis. Auch die Integrale Position der menschlichen Hormonellen (Grund-)Ausstattung (u.a. Boenisch 2015) bietet hier einen  plausiblen Argumentationsbackground in der „nature or nurture“- Debatte.

„Meint Inklusion wirklich alle?“

Zu Beginn hat Frau Dr. Schwarzenberg einige Theoretische Aspekte zu differenzierten Betrachtung eingeführt. Dabei ging es zunächst um die relativ große Bandbreite von diversen Beeinträchtigungen, welche einen sonderpädagogischen Förderungsbedarf im Kontext von Schule bedingen. Deutlich daran wurde, dass Inklusion vom Prinzip vielfältiger Heterogenitätsmerkmale gedacht werden muss. So gibt es unter anderem Förderungsbedarfe/schwerpunkte im Bereich Lernen, wie Hören oder auch sozialer Interaktion. Dies wurde besprochen unter der Idee der Erweiterung von einfachem Sonderbedarf zu einem erweiterten Heterogenitätsprofil aller einzelnen SuS.

Im Anschluss ließ sich daran gut die für die inklusive Pädagogik wesentliche Differenzierung in ‚Beeinträchtigung‘ und ‚Behinderung‘ ausweisen: Demnach liegt der spezifischen Beeinträchtigung eines Menschen, welche durchaus medizinisch verstanden wird, eine durch Menschen verursachte Behinderung über. So würden sich diese Behinderungen für Menschen erst aus den sozialen Normen und gessellschaftlichen stratifizierungen ergeben, welche ihren Heterigenitätsspezifika eigentlich nicht inhärent seien. Auf das Englische übertragen spricht man daher von ‚Impairment‘ und ‚disability‘.

In der iP wird deswegen der Ansatz verfolgt, Menschen in ihrem gesamtgesellschaftlichen Kontext (Intersektionalität) zu betrachten und dort mögliche Barrieren ausfindig zu machen. Dies erscheint für die pädagogische Arbeit in der Schule auch grundlegend.

In meinem eigenen Schulalltag an einer Schule in Niedersachsen hat sich das Thema bestimmter Barrieren selten vermittelt. Es gab in unserem Jahrgang in der Sek I meiner Erinnerung nach nur einen Schüler, welcher im Rollstuhl saß und eine dauerhafte Begleitung hatte. Ansonsten erschien mir das Schulumfeld in dieser Hinsicht relativ „Homogen“.

Es gab natürlich eine Leisungsstratifikation durch das dreigliedrige Schulsystem und dann jeweils die guten und schlechten SuS.

Ich selbst hatte massive (soziale und emotionale) Schwierigkeiten, die ganz eng mit den disfunktionalen Aspekten (Gewalterfahrungen, Bildungswüste) in meinem Elternhaus korrelierten. Daher hätte ich sicherlich unter den genannten Aspekten der iP einen sonderpädagogischen Förderbedarf gehabt. Meine Probleme ließen sich allerdings für die Schule am Besten in der Konsequenz schlechter Noten und des Sitzenbleibens verarbeiten. Ich kann heute daher wirklich behaupten, dass ich in der Schule (und zu Hause) überhaupt keinen Lernzugang hatte und entsprechend keine Erinnerung an irgendwelche Inhalte. (Man kann sich sicherlich vorstellen, dass ich bis heute nicht weiß, wie ich dann doch an die Uni gelangt bin)

Im Rahmen des universitären Lernens und da vor allem durch die Beratungsstellen wie die Kontakt- und Informationsstelle für Studierende mit Behinderung oder chronischer Erkrankung (KIS) bin ich das erste mal mit Themen der „Behinderung“ in Berührung gekommen.

Wenn man so will, habe ich als Student heute noch sonderpädagogischen Förderungsbedarf, den ich mir selber leisten muss. Gleichsam darf ich wohl behaupten, mich mit sehr spezifischen Fähigkeiten und Stärken kennengelernt zu haben. Diese Profil mit seinen Stärken und Schwächen muss/darf ich als Student nun irgendwie in das enorm regulierte System Uni einpflegen, was eine riesige Herausforderung ist, da Menschen bequem sind und Normativitätserwartungen haben.

SuS müssen das auch in der Schule leisten, haben aber die Lk als Unterstützung. Ich würde mich freuen, wenn es möglich wird, als Lk (oder als Praktikant) in der Zusammenarbeit mit SuS einen Beitrag zur Anerkennung und Pflege dieser individuellen Merkmale leisten zu können.

Es wird daher spannend sein, sich mit dem Anspruch der Bremer Schulen nach iP aus der Beobachtungsperspektive auseinanderzusetzen und im Praktikum den Schulalltag kennenzulernen.

Heterogenitätsüberlegungen aus der Religionsdidaktik

  1. Das begegnungspädagogische Setting, wie es in dem in Bremen als überkonfessionell ausgerichteten Religionsunterricht angelegt ist, ist eine gleichsam zentrale wie auf Bundesebene einzigartige Position Bremischer Schulpolitik (Bremer Klausel des überkonfessionellen RU). Zugrunde liegt diesem Konzept heute vor allem eine Antwort auf die Tatsache einer sich immer stärker ausformenden religiös-konfessionellen Binnenheterogenität der SuS, welche in enger Verbindung mit religiöser Pluralität der Gesellschaft zu stellen ist. In diesem auch grundsätzlichen Bekenntnis zur Heterogenität diskutiert die Religionsdidaktik verschiedene programmatische Aspekte des Religionsunterrichtes, welcher in Deutschland durch das Grundgesetz sowohl auf negative, als auch positive Religionsausübung verpflichtet ist.

Ein zentraler Apekt ist hierfür der Umgang mit den gegebenen „religiösen Überschneidungssituationen“ (Kenngott), welche mit ihrem Konfliktpotenzial eine Grundlage zur religionsdidaktischen Bildung der SuS darstellt. Konflikte werden dabei nicht nur in ihrem destruktiven Potanzial, sondern ebenso in ihrer Möglichkeit der Förderung von „Denken, vertiefter Auseinandersetzung und Positionierung“ (Kenngott) anerkannt und gebraucht. Das „Begegnungslernen“ (Lühnemann) fördert im gleichnamigen Setting also idealerweise Verstehens- und Toleranzprozesse, welche im Sinne einer Gemeinbildung der Schüler über die Institution hinaus letztlich zum Besseren Umgang mit religiös motivierten (politischen) Fragestellungen führt.

Der erhöhte Differenzierungsgrad und die Erweiterung auf allgemeine Aspekte religiös-menschlicher Erfahrungen ist mitunter für fundamentale Auffassungen von SuS schwer nachzuvollziehen. Toleranzerziehung solle dem Credo „schiedlich-friedlich, aber nicht in relativierender Gleichgültigkeit“ (Kenngott) folgen. Wenn konkrete Inhalte verschiedener Religionen im Interreligiösen Diskurs zusammengelegt werden, ist es leicht möglich, dass die Profilierung verloren geht. Dazu muss man beachten, dass sich die Profile möglicherweise schärfer aus Kulturwissenschaftlicher Sicht beobachten und herausbringen lassen. Dies sei wohl zu beachten.

2. Ich habe soweit keine Erinnerungen an meinen Religionsunterricht. Muss wohl substanzlos und uninspirierend gewesen sein. Die einzige Erinnerung ist jene aus der 5. oder 6. Klasse, wo wir ein Bild aus dem Paradies mit Adam und Eva malen sollten und ich der einzige war, der beide Nackt gemalt hat. Darüber hat sich unsere Lehrerin (Pastorin) bei der Klassenbeschauung an der Wand furchbar empört, was alle anderen noch mehr zu lachen gebracht hat. Ich habe dann gesagt, dass Adam und Eva ja erst nach dem Sündenfall überhaupt erkannten, dass sie Nackt waren und sich daraufhin bedeckt haben. Da wurde die Lehrerin noch wütender und ich musste den rest der Stunde vor der Tür verbringen.

3. Ich würde gerne beobachten, welche Rolle Religion(-spraxis) im Schulleben der einzelnen SuS einnimmt. Es lassen sich bestimmt unterschiedliche Ebenen religiöser Ausübung/Identität bei den SuS feststellen, die von ganz banal alltagsorientierter Anpassung (z.B. Ramaden-Müdigkeit oder die Freude auf ein langes Wochenende an Pfingsten) bis zu tief-religiösen Überzeugungen und Konflikten reichen. Diese verschiedenen Grundlagen zu erkennen kann es folgend spannend machen, zu schauen, wie religiöse Verhaltensweisen/Argumentationen zu verstehen sind und was für Möglichkeiten sich für Lehrkräfte aufzeigen, im Hinblick auf die allgemeine Bildung/Erziehung der SuS, mit diesen umzugehen. Also: Wann und wie tritt religion in der Schule in Erscheinung und was ergibt sich daraus für die Perspektiven/Praxis der SuS.

 

 

Doppelte Heterogenität – Vom strukturierten Wissen zum unstrukturierten Denken

Professor Klee hat in seiner Vorlesung mit dem von ihm vorgefassten Modell der „doppelten Heterogenität“ wesentliche sozialwissenschaftliche Angebote für den schulischen Kontext aufbereitet und zusammengefasst.

(Ich frage mich gerade, warum dies ein Blog-Eintrag genannt werden kann, wenn wir uns doch eigentlich auf widerkehrend drei (3) gut durchstrukturierten Fragekomplex-Bahnen durch eine mit schmalgängigen Antwortvorgaben (es geht ja um Praxis!) versehene Flusslandschaft zu bewegen haben? Bevor das ausufert über die hilflosen Versuche, durch mehr Vorgaben und Strukturen und (offenbar empfindliche) Systeme im Studienalltag endlich einen kreativen und differenzierten Umgang mit den Gegenständen zu erzwingen (Anweisungen und Vorgaben führen leider oft zum Gegenteil), widme ich mich lieber der Aufgabe. Ich erkenne hiermit an, dass bis an diese Stelle nur ein produktiver Satz von Zehn erfolgt ist (1/10) und speichere dieses Absatzkonstrukt lieber schnell unter „Agonie der Kreativität durch Raumverlust/unsachgemäße Zeugnisse des Denkhintergrundes/es lebe die Erfüllung (#Ruderbank)“ ab, bevor es zu spät ist und privates zu öffentlichem wird.)

Im Wesentlichen steht hinter dem inspirierenden Beitrag Prof. Klees die Anerkennung, dass es sich bei sozialwissenschaftlichen Gegenständen – im Vergleich etwa zu naturwissenschaftlichen Gegenständen – um weitestgehend unstrukturierte Begriffe und Konzepte handelt. Spezifisch für diese Gegenstände ist also das Fehlen der allgemein und/oder finit bestimmbarer Kriterien, weshalb diese selbst (sozial-)wissenschaftlich betrachtet nicht für sich definiert werden können. Als ein Beispiel wurde das Wort „Demokratie“ angesprochen. Im Umgang mit SuS im Rahmen schulischer Bildung muss diese Anerkennung des begrifflichen Konzeptioncharakters, also dessen „Heterogenität“, also Uneinheitlichkeit im wissenschaftlichen Diskurs zwingend beachtet werden.

Besonders für die Unterrichtspraxis und damit als „Doppelte Heterogenität“ bezeichnet ist nun der Umstand, dass die Vorstellungen einer Heterogenen Gruppe von SuS über die wissenschaftlich heterogenen Ansätze zum Umgang mit Begriffen/Konzepten natürlich selbst heterogener Vielfalt unterliegen. Prof. Klee konnte sehr deutlich werden lassen, dass die SuS hier äußerst diverse „Ansichten“ oder Präkonzepte in den Unterricht einbringen oder nicht einbringen. An dieser Stelle zeit sich, dass ein systematischer Umgang mit den Gegenständen sozialwissenschaftlicher Fächer z.B. im Politikunterricht vollkommen abwegig ist, weil dieser weder den Gegenstand selbst erreicht, noch die Sus.

(An dieser Stelle nochmal schnell den flow unterbrechen und zum abgleich in die Instruktionen schauen)

Als Germanist/Deutschlehrer wäre es sicherlich eine spannende Aufgabe, sich mit den SuS einigen Konzepten/Begriffen aus der mittelalterlichen Literatur zu widmen. Es ist allein im historisch-wissenschaftlichen Diskurs ein wesentlicher Verhandlungsgegenstand, sich mit dem Begriff der „êre“ zu beschäftigen, der ganz vielfältige Ausformungen der Kulturpraxis zeitgenössicher mittelalterlicher Menschen aufweist. Analog und im Sinne der doppelten Heterogenität ist sicher zu beobachten, dass die SuS selbst ganz heterogene Konzepte von Ehre in die Gruppe einbringen können. Ziel einer solchen Stunde könnte die Ausarbeitung einer möglichst großen Bandbreite dieser historischen und modernen, oder historisch-modernen Perspektive mit ganz unterschiedlichen Vorstellungen für unseren Umgang sein.

Ein Kernappell der Vorlesung bestand darin, das wir uns im Umgang mit SuS damit vertraut machen müssen, bzw. sensibilisiert werden, dass jede*r Einzelne ein ganz eigen geprägtes Wirklichkeitsprofil in die Gruppe einbringt und somit eine Gefahr besteht, dass diese heterogenen Konzepte (von Frieden, Demokratie oder Ehre) bzw. Lebenswirklichkeiten zu einem Verblassen von Gemeinsamkeiten führen. Somit decken sich schulische und gesellschaftliche „Aufgaben“ des sozialwissenschaftlich-fundierten Unterrichts.

Prof. Klee hat deshalb zu einem aktiven Engagement im Sinne einer Austauschkultur über diese Konzepte/Wirklichkeiten aufgerufen, welche möglichst allen SuS vermittelt werden sollte.

(Eine ganz tolle Vorlesung! Wie wäre es denn, wenn man nächstes Mal schriebe: Denken Sie sich doch selbst ein paar Fragen aus oder sind Sie am Ende des Satzes schon woanders? Leidet dann der Output? Das mit den Zehn Sätzen kann man ja immer noch beibehalten.)

 

So war das erste mal BAUMHET

Die Einführungsveranstaltung der Ringvorlesung hat neben dem festen Ritus der zu klärenden Prüfungsrelevanten Strukturen und Vorgehensweisen (äußerst wichtig!) erste Einblicke auf ihre innovative Organisation und den Gegenstand gewährt.

Am Beispiel der anwesenden Großgruppe ließen sich zunächst durch den Dozenten Fantini einige Grundannahmen über Heterogenität und Homogenität im Rahmen mehrerer Fragen frei assoziieren, was eine starke Unschärfe der Begriffe innerhalb der bisher nicht sensibilisierten Studierendenschaft aufzeigte. Als Grund dafür wurde die subjektive Vermengung unterschiedlicher Wissensarten und Bereiche, bzw. Kenntnisstände offenbar. In diesem Sinne wurde auch der Terminus des Präkonzeptes angesprochen, welcher frei mit „subjektiven Theorien“ erläutert wurde. Es ist geboten, sich im Rahmen der Vorlesung mit diesen auseinanderzusetzen und sie ggf. zu korrigieren.

Für den weiteren Vorlesungsverlauf wurde daher eine allgemeine Manifestation vorgenomen, die für den theoretischen wie praktischen Umgang mit Heterogenität/Homogenität gelte: Es wird vorausgesetzt, dass Heterogenität (insbesondere im Rahmen von Schule) einem gegebenen Zustand entspricht und daher als solcher nicht zu regulieren, sondern zu achten, also in reflektierte Überlegungen einbezogen werden muss. Dafür soll die Vorlesungsreihe Einblicke gewähren.

Die gesellschaftliche Realität unterliegt offensichtlich starken Normalitätserwartungen, welche die Basis für strukturelle und individuelle Diskriminierung sind. Eine fragende Grundhaltung, welche durch die Vorlesung evoziert werden soll, erkennt Vielfalt als anspruchsvolle Realität an und setzt sich gleichsam mit den menschlichen Ordnungswünschen auseinander.

Es wurden im Anschluss einige Beispiele zu kritischen Stellen individueller und struktureller Diskriminierung im Schulalltag gegeben, welche jeweils bestimmte Heterogenitätsfaktoren nicht beachteten.

Besonders prägnant erschien mir der Umgang mit sog. „Bildungsinstitutionsdeutsch“, welcher einen angemessenen Umgang mit Sprache, sowie damit drohende Exklusionserfahrungen aufzeigte. Aus der Praxiserfahrung wurde eine Schulklasse benannt, welche vorangig aus SuS mit Migrationshintergrund bestand und bestimmte Wörter (man könnte fieserweise auch ‚Lexeme‘ schreiben) nicht auffassen konnte. Als Beispiele für dieses Bildungsinstitutionsdeutsch wurden „Option“ sowie „Aktuell“ verwandt.

Mich hat das insofern sehr irritiert, als das ich diese Wörter zumindest im allgemeinen, gesellschaftlichen Umgang voraussetze. Initiativen wie die der ‚Leichten Sprache‘ auf den Internetseiten der Stadt Bremen sprechen wohl (bedingt) gegen eine solche (selbstgerechte?) Auffassung. Mich würde in diesem Zusammenhang interessieren, woher die SuS denn sonst eigentlich mit Bildungsinstitutionsdeutsch (und damit einer möglichen Sprachvielfalt, oder handelt es sich eben doch nur um ein Distinktionsmerkmal?) konfrontiert werden sollen, wenn nicht an der Schule? Sollen Lehrer sich in diesem Zusammenhang ausschließlich „unbildungsinstititionssprachlich“ artikulieren (oder besser: Ausdrücken?)? Geht das überhaupt noch, wenn einem die vorgebrachten Wörter als ‚leichte Sprache‘ erscheinen? Müssen Lehrkräfte nicht auch in gewisser Hinsicht Vorbildhaft und mit einem besonderen Habitus versehen sein, damit sie Bildungswachstum bei den SuS motivieren können?

Ich kann mich nicht mehr an meinen Wortschatz in der Schule erinnern. Sicher dabei waren: Hund, Katze, Maus. Unsicher dabei waren ‚Option‘ und ‚Aktuell‘. Ganz sicher nicht dabei waren ‚Lexem‘ und ‚Bildungsinstitutionsdeutsch‘.

Viele Fragen also, die aus der Vorlesung entstanden sind und hoffentlich dort, als auch im Rahmen ereignisreicher und turbulenter Praktika beantwortet werden!

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