Die neunte Vorlesung ist eine erfrischend undogmatische Einführung in Genderaspkte und Schule gewesen. Bemerkenswert souverän und sachlich.
- Das Dr. Fantini eigentlich kaum über ‚Geschlecht‘ gesprochen hat, sondern über ‚gender‘ betrifft einen wesentlichen Punkt der folgenden didaktischen Erläuterungen. So weist ‚gender‘, anders als ’sex‘ weit über biopathologische Befunde hinaus, indem in dessen Zentrum die Hauptkategorien der Zuschreibungen (aussen) und Inszenierungen (selbst) und somit wandelnde Kulturpraxen unterliegt. Das unbewusste Inszenieren von Menschen steht somit im Spannungsfeld mit den von außen formunlieren Zuschreibungen. Daraus ergeben sich didaktische Fragen, welche die SuS als besonders ‚betroffene‘ Akteure in diesem Spannungsfeld zugrunde legen.
- „Genderplay“ beschreibt einen Punkt der Inszenierungspraxis, welcher von Dr. Fantini als außerordentlich relevant für die Lebenswelt der SuS, gerade in den höheren Klassenstufen beschrieben hat. SuS orientieren sich mit eigenem Verhalten in dem Spannungsfeld und agieren so teilweise sehr different, bzw. machen dabei jeweils individuelle (Selbst-)Erfahrungen, welche großen Einfluss auf ihren weiteren Werdegang nehmen können. Ich selbst hatte in meiner Schullaufbahn den Eindruck, als würden Mädchen diesbezüglich in einem stärkeren und normierteren Spannungsfeld agieren müssen. Hier waren es nicht zuletzt vor allem sexuelle Zuschreibungen, welche ab der 7. Klasse deutlichen Druck auf die Mädchen ausgeübt haben. So gab es Einzelne, welche das sehr stark auch den Jungs gegenüber betonten und so einen Druck auf alle anderen Mädchen ausgeübt haben. In diesem Sinne schien mit Pubertät bei Mädchen viel stärker kollektiv entwickelt, wogegen die Jungs (mich eingenommen) eher dazu tendierten, die Veränderungen und Konflikte (später) mit sich selbst auszumachen. Da ich auch den Eindruck hatte, dass unsere Klassen nicht besonders viele Heterogenitätsmerkmale aufwiesen, bleiben Heterogenitätsspezifische Überlegungen zum Genderplay eher in einer Sackgasse verloren.
- Man kann daraus eine Beobachtungsaufgabe ableiten, mit welcher man versucht, im Praktikum diese Aspekte heterogener Verhältnisse in Bezug auf das Verhalten Kinder in der Pubertät „im Sturm“ des Genderplays bzw der Zuschreibungen und Inszenierungen zu erfassen. Wie wirken diese auf die Geschlechter und lässt sich ein Unterschied wie in den beschriebenen Erinnerungen bestätigen? Ergänzend dazu kann man sich das Verhalten der Lk anschauen und ihre Position in diesem Spannungsfeld destillieren. Ich könnte mir Vorstellen, dass eine Vermittelnde Haltung von den SuS eingefordert wird. Die angesprochenen Ideen, welche im Sinne der reflexiven Koedukation (Faulstich-Wieland) besprochen wurden, bilden für diese Beobachtungen sicherlich eine gute Basis. Auch die Integrale Position der menschlichen Hormonellen (Grund-)Ausstattung (u.a. Boenisch 2015) bietet hier einen plausiblen Argumentationsbackground in der „nature or nurture“- Debatte.