„Meint Inklusion wirklich alle?“

Zu Beginn hat Frau Dr. Schwarzenberg einige Theoretische Aspekte zu differenzierten Betrachtung eingeführt. Dabei ging es zunächst um die relativ große Bandbreite von diversen Beeinträchtigungen, welche einen sonderpädagogischen Förderungsbedarf im Kontext von Schule bedingen. Deutlich daran wurde, dass Inklusion vom Prinzip vielfältiger Heterogenitätsmerkmale gedacht werden muss. So gibt es unter anderem Förderungsbedarfe/schwerpunkte im Bereich Lernen, wie Hören oder auch sozialer Interaktion. Dies wurde besprochen unter der Idee der Erweiterung von einfachem Sonderbedarf zu einem erweiterten Heterogenitätsprofil aller einzelnen SuS.

Im Anschluss ließ sich daran gut die für die inklusive Pädagogik wesentliche Differenzierung in ‚Beeinträchtigung‘ und ‚Behinderung‘ ausweisen: Demnach liegt der spezifischen Beeinträchtigung eines Menschen, welche durchaus medizinisch verstanden wird, eine durch Menschen verursachte Behinderung über. So würden sich diese Behinderungen für Menschen erst aus den sozialen Normen und gessellschaftlichen stratifizierungen ergeben, welche ihren Heterigenitätsspezifika eigentlich nicht inhärent seien. Auf das Englische übertragen spricht man daher von ‚Impairment‘ und ‚disability‘.

In der iP wird deswegen der Ansatz verfolgt, Menschen in ihrem gesamtgesellschaftlichen Kontext (Intersektionalität) zu betrachten und dort mögliche Barrieren ausfindig zu machen. Dies erscheint für die pädagogische Arbeit in der Schule auch grundlegend.

In meinem eigenen Schulalltag an einer Schule in Niedersachsen hat sich das Thema bestimmter Barrieren selten vermittelt. Es gab in unserem Jahrgang in der Sek I meiner Erinnerung nach nur einen Schüler, welcher im Rollstuhl saß und eine dauerhafte Begleitung hatte. Ansonsten erschien mir das Schulumfeld in dieser Hinsicht relativ „Homogen“.

Es gab natürlich eine Leisungsstratifikation durch das dreigliedrige Schulsystem und dann jeweils die guten und schlechten SuS.

Ich selbst hatte massive (soziale und emotionale) Schwierigkeiten, die ganz eng mit den disfunktionalen Aspekten (Gewalterfahrungen, Bildungswüste) in meinem Elternhaus korrelierten. Daher hätte ich sicherlich unter den genannten Aspekten der iP einen sonderpädagogischen Förderbedarf gehabt. Meine Probleme ließen sich allerdings für die Schule am Besten in der Konsequenz schlechter Noten und des Sitzenbleibens verarbeiten. Ich kann heute daher wirklich behaupten, dass ich in der Schule (und zu Hause) überhaupt keinen Lernzugang hatte und entsprechend keine Erinnerung an irgendwelche Inhalte. (Man kann sich sicherlich vorstellen, dass ich bis heute nicht weiß, wie ich dann doch an die Uni gelangt bin)

Im Rahmen des universitären Lernens und da vor allem durch die Beratungsstellen wie die Kontakt- und Informationsstelle für Studierende mit Behinderung oder chronischer Erkrankung (KIS) bin ich das erste mal mit Themen der „Behinderung“ in Berührung gekommen.

Wenn man so will, habe ich als Student heute noch sonderpädagogischen Förderungsbedarf, den ich mir selber leisten muss. Gleichsam darf ich wohl behaupten, mich mit sehr spezifischen Fähigkeiten und Stärken kennengelernt zu haben. Diese Profil mit seinen Stärken und Schwächen muss/darf ich als Student nun irgendwie in das enorm regulierte System Uni einpflegen, was eine riesige Herausforderung ist, da Menschen bequem sind und Normativitätserwartungen haben.

SuS müssen das auch in der Schule leisten, haben aber die Lk als Unterstützung. Ich würde mich freuen, wenn es möglich wird, als Lk (oder als Praktikant) in der Zusammenarbeit mit SuS einen Beitrag zur Anerkennung und Pflege dieser individuellen Merkmale leisten zu können.

Es wird daher spannend sein, sich mit dem Anspruch der Bremer Schulen nach iP aus der Beobachtungsperspektive auseinanderzusetzen und im Praktikum den Schulalltag kennenzulernen.

Heterogenitätsüberlegungen aus der Religionsdidaktik

  1. Das begegnungspädagogische Setting, wie es in dem in Bremen als überkonfessionell ausgerichteten Religionsunterricht angelegt ist, ist eine gleichsam zentrale wie auf Bundesebene einzigartige Position Bremischer Schulpolitik (Bremer Klausel des überkonfessionellen RU). Zugrunde liegt diesem Konzept heute vor allem eine Antwort auf die Tatsache einer sich immer stärker ausformenden religiös-konfessionellen Binnenheterogenität der SuS, welche in enger Verbindung mit religiöser Pluralität der Gesellschaft zu stellen ist. In diesem auch grundsätzlichen Bekenntnis zur Heterogenität diskutiert die Religionsdidaktik verschiedene programmatische Aspekte des Religionsunterrichtes, welcher in Deutschland durch das Grundgesetz sowohl auf negative, als auch positive Religionsausübung verpflichtet ist.

Ein zentraler Apekt ist hierfür der Umgang mit den gegebenen „religiösen Überschneidungssituationen“ (Kenngott), welche mit ihrem Konfliktpotenzial eine Grundlage zur religionsdidaktischen Bildung der SuS darstellt. Konflikte werden dabei nicht nur in ihrem destruktiven Potanzial, sondern ebenso in ihrer Möglichkeit der Förderung von „Denken, vertiefter Auseinandersetzung und Positionierung“ (Kenngott) anerkannt und gebraucht. Das „Begegnungslernen“ (Lühnemann) fördert im gleichnamigen Setting also idealerweise Verstehens- und Toleranzprozesse, welche im Sinne einer Gemeinbildung der Schüler über die Institution hinaus letztlich zum Besseren Umgang mit religiös motivierten (politischen) Fragestellungen führt.

Der erhöhte Differenzierungsgrad und die Erweiterung auf allgemeine Aspekte religiös-menschlicher Erfahrungen ist mitunter für fundamentale Auffassungen von SuS schwer nachzuvollziehen. Toleranzerziehung solle dem Credo „schiedlich-friedlich, aber nicht in relativierender Gleichgültigkeit“ (Kenngott) folgen. Wenn konkrete Inhalte verschiedener Religionen im Interreligiösen Diskurs zusammengelegt werden, ist es leicht möglich, dass die Profilierung verloren geht. Dazu muss man beachten, dass sich die Profile möglicherweise schärfer aus Kulturwissenschaftlicher Sicht beobachten und herausbringen lassen. Dies sei wohl zu beachten.

2. Ich habe soweit keine Erinnerungen an meinen Religionsunterricht. Muss wohl substanzlos und uninspirierend gewesen sein. Die einzige Erinnerung ist jene aus der 5. oder 6. Klasse, wo wir ein Bild aus dem Paradies mit Adam und Eva malen sollten und ich der einzige war, der beide Nackt gemalt hat. Darüber hat sich unsere Lehrerin (Pastorin) bei der Klassenbeschauung an der Wand furchbar empört, was alle anderen noch mehr zu lachen gebracht hat. Ich habe dann gesagt, dass Adam und Eva ja erst nach dem Sündenfall überhaupt erkannten, dass sie Nackt waren und sich daraufhin bedeckt haben. Da wurde die Lehrerin noch wütender und ich musste den rest der Stunde vor der Tür verbringen.

3. Ich würde gerne beobachten, welche Rolle Religion(-spraxis) im Schulleben der einzelnen SuS einnimmt. Es lassen sich bestimmt unterschiedliche Ebenen religiöser Ausübung/Identität bei den SuS feststellen, die von ganz banal alltagsorientierter Anpassung (z.B. Ramaden-Müdigkeit oder die Freude auf ein langes Wochenende an Pfingsten) bis zu tief-religiösen Überzeugungen und Konflikten reichen. Diese verschiedenen Grundlagen zu erkennen kann es folgend spannend machen, zu schauen, wie religiöse Verhaltensweisen/Argumentationen zu verstehen sind und was für Möglichkeiten sich für Lehrkräfte aufzeigen, im Hinblick auf die allgemeine Bildung/Erziehung der SuS, mit diesen umzugehen. Also: Wann und wie tritt religion in der Schule in Erscheinung und was ergibt sich daraus für die Perspektiven/Praxis der SuS.