homogenität für heterogene Willkommen im Kopf eines Lehramtsstudenten

14. Mai 2019

Inklusion – für alle?

Filed under: Allgemein — Schlagwörter: — Thore @ 20:23

1.

Der für mich zentralste theoretische Aspekt, welcher in der Vorlesung angeschnitten wurde, ist, die Differenzierung zwischen dem individuellen und dem sozialen Modell von Behinderung. Darin wird behandelt, dass die Einstufung als „behindert“ oder „mit persönlichem Förderbedarf“ nicht nur als ein Problem der so eingeschätzten betrachtet werden darf, sondern dass ein Teil dessen auch sozialer Natur ist, also in Form von Zuschreibungen von außen an die jeweiligen Personen herangetragen wird. Nicht nur die körperliche oder geistige Behinderung schränkt im alltäglichen Leben ein, sondern auch die von der Gesellschaft produzierten Stereotype, Stigmata und die gewollt oder ungewollt exkludierenden Strukturen. Diesen Aspekt sehe ich als zentral an, weil deutlich wird, dass Inkompatibilität mit den bestehenden Strukturen des Bildungssystems und des Arbeitsmarktes nicht unbedingt in den Personen begründet ist, sondern auch in den Strukturen.

2a.

Ich muss ehrlich gesagt gestehen, dass ich innerhalb meiner Schulzeit keine Berührungspunkte mit inklusiver Pädagogik hatte. Ich habe von der 5. Klasse bis zum Abi reine Gymnasien besucht und in diesen war Inklusion kein Thema. Insofern könnte man das Stichwort der „inkludierenden Exklusion“ aufgreifen: vor allem von der organisatorischen Seite her waren alle Weichen so gelegt, dass es nicht zu inkludierendem inklusiven Unterricht kam.

2b.

Ein hier in Bremen sehr kontrovers diskutierte Position zum Thema der Inklusion in Gymnasien ist die der Direktorin des Gymnasium Horns. Diese ist sogar vor Gericht gegangen, um ihre Schule von der Verpflichtung zur Inklusion zu lösen. Die Argumentation dahinter basiert darauf, dass die gymnasiale Schulform den eher leistungsstarken Schülern vorbehalten ist, und auf der Annahme, dass unter einer Verwirklichung der Inklusion die Qualität des Unterrichts für die anderen Schüler leiden würde oder das die hinzukommenden SuS mit sonderpädagogischen Förderbedarf das Niveau nicht halten könnten.

Auch wenn ich diese Position durchaus verstehen kann, finde ich es falsch bestimmte Menschen aus Prinzip vom Unterricht auszuschließen. Das ist diskriminierend und entmündigend. Jede*r hat ein Recht auf Bildung und ein Recht darauf zumindest die Chance dazu zu bekommen individuelle Träume zu verwirklichen.

2c.

Die größte Chance von schulischer Inklusion ist meiner Meinung nach die Gleichberechtigung zuvor Benachteiligter. Nur das jemand körperlich oder geistig nicht den gesellschaftlichen Normen entspricht heißt nicht, dass er keine Grundrechte (wie zum Beispiel das Recht auf Bildung) besitzt!

Die größte Herausforderung würde ich darin sehen, einen gesellschaftlichen Wandel dahin gehend zu erreichen, den kollektiv-sozialen Teil einer Behinderung, welcher von außen an Benachteiligte herangetragen wird, zu minimieren. Wie es in der Vorlesung hieß: Es gibt einen Unterschied zwischen „Ich bin behindert.“  Und „Ich werde behindert.“. Gegen Letzteres können wir etwas tun.

3.

Als eine Beobachtungsaufgabe für die schulische Inklusion würde ich folgendes vorschlagen:

Inwiefern werden die SuS mit pädagogischem Förderbedarf in den Unterricht eingebunden?

Werden Sie gleichberechtigt und nicht nur „gleich“ in den Unterricht integriert?

Werden sie im Unterricht ausreichend unterstützt, ohne jedoch eine Explizite Sonderbehandlung zu erhalten?

Wird die Struktur des Unterrichts und die Stellung von Arbeitsaufgaben an Sie angepasst?

Wie wird der Förderbedarf von Lehrkräften und Mitschüler*innen und ihnen selbst in Unterrichtssituationen thematisiert? Implizit? Explizit?

12. Mai 2019

Spielerische Herangehensweisen an abstrakte mathematische Probleme – Eine „Lösung“ für Frustration und Leistungsheterogenität?

Filed under: Allgemein — Schlagwörter: — Thore @ 18:07

1.

Unterschiede in den mathematischen Leistungen von SuS sind per se kein Grund zur Sorge. Bereits ab der ersten Klasse zeigen sich diese Unterschiede sowohl in der Affinität zum Fach als auch in den konkreten Leistungen. Diese Unterschiede ziehen sich durch die ganze folgende Schullaufbahn und bleiben weitestgehend konstant. Anlass zur Sorge besteht nur, wenn a) die Schere zwischen den unterschiedlich mathematisch-erfolgreichen SuS innerhalb einer Klasse drastisch immer weiter auseinander geht, oder b) die basalen mathematischen Kernkompetenzen, die für das spätere Erwachsenenleben wichtig sind, nicht vermittelt werden können. Letztere werden von 1. Bis 10. (bzw. 9.Klasse) vermittelt.

 

2.

Meiner Meinung nach kann das Spielen im Mathematikunterricht durchaus eine gewinnbringende Option sein, um in einer leistungsheterogenen Klasse auch die schwächeren SuS in den Unterricht einzubinden. Vor allem bei abstrakteren mathematischen Aufgaben und dementsprechenden Lösungswegen besitzen viele in Mathematik schwache SuS eine geringe Frustrationsgrenze und koppeln sich deshalb vom Unterricht ab. Eine eher praktisch orientierte, spielerische Herangehensweise kann bei diesem Phänomen dazu beitragen, diese Schüler für die Beteiligung am Unterricht zu motivieren, ihnen einen konkreten Denkansatz bieten und eventuell eine Antwort auf eine von vielen Schülern in Mathematik oft gestellten Frage bieten: „Wofür brauche ich das eigentlich?“.

 

3.

Haben die SuS den Kern des Problems verstanden?

 

Versuchen die SuS dieses Problem durch eine logische (mathematische) Herangehensweise zu lösen oder durch zufälliges Ausprobieren / mechanisches Imitieren anderer, ohne den Hintergrund zu verstehen?

 

4.

Haben die Schüler eine geeignete Lösungsstrategie entwickelt, um die Aufgabe zu bewältigen, könnte man ihnen die Aufgabe geben, selbst ein Spiel zu entwickeln, bei dem die gleiche Strategie zu Einsatz kommen kann. Man könnte also Quasi die Perspektive der Schüler auf den Kopf stellen, um sie zum Nachdenken anzuregen.

 

Eine weitere Möglichkeit, die SuS weiterhin kognitiv anzuregen und darüber hinaus das Gelernte in den Unterricht einzubinden, wäre, den Schülern nun eine abstrakte mathematische Aufgabe zu stellen, die auf eben die gleiche Art und Weise zu lösen ist, wie die Anforderungen des Spiels und sie dann dazu reflektieren zu lassen, welche Parallelen ihnen aufgefallen sind.

3. Mai 2019

Zur Verwirklichung des Konzeptes der Individualisierung im Unterricht mit leistungsheterogenen SuS

Filed under: Allgemein — Schlagwörter: — Thore @ 11:15

1.

Die beiden zentralen Einsichten, die mir die Vorlesung am 30.05 eröffnet hat ist einerseits, dass Individualisierung im Unterricht auf diversen Wegen angestrebt werden kann, und dass andererseits ein Großteil dieser Maßnahmen ein hohes Maß an kognitiver Arbeit und Reflexion von der jeweils verantwortlichen Lehrkraft fordert. Der Unterricht muss, um eine individuell alle SuS zugeschnittene Lernerfahrung zu werden, sehr viel komplexer strukturiert werden. Des Weiteren verstrickt man (oder frau) sich als Lehrer unweigerlich in Widersprüchlichkeiten mit einander konkurrierender Ideale:  

 

Kategorisierung vs. De-kategorisierung

SuS sollen ohne Vorurteile betrachtet werden (egal welcher Hinsicht), jedoch ist ein gewisses Urteil über die Leistungsfähigkeit von SuS nötig, um ihnen eine individuelle Förderung zu kommen zu lassen.

           

Individuelle Talente vs. Individuelle Defizite

Worauf legt man den Fokus? Will man die individuellen Stärken der SuS fördern, oder will man die Schwächen ausgleichen, damit alle auf ein Level kommen?

 

Individualisierung (allgemein) vs. Standardisierung

Alle SuS sollen ihren Stärken und Schwächen entsprechend gefördert werden. Das bedeutet, sie starten auf verschiedenen Initial-Niveaus und erreichen mit individueller Förderung unterschiedliche Final-Niveaus. Gleichzeitig sollen aber alle SuS ein gewisses standardisiertes, interdisziplinäres Leistungsniveau erreichen.

 

Förderung vs. Selektion

Einer Lehrkraft stehen nur begrenzte Aufmerksamkeitskontingente zur Verfügung. Sie kann nicht überall gleichzeitig sein. Das bedeutet, sie muss sich temporär auf bestimmte SuS konzentrieren, und während dessen andere „vernachlässigen“.

 

Gleichheit vs. Individualität

Alle SuS sollen gleichbehandelt werden, jedoch sollen sie auch individuell, also ungleich gefördert werden.

 

2.

Ich selbst würde mich in eine semikritische Position zu der Individualisierung im Leistungsheterogenen Unterricht einordnen. Sie ist meiner Meinung nach definitiv nötig, jedoch unteranderem aufgrund der oben angeschnittenen Paradoxien und Professionalisierungsproblemen nicht von einer einzelnen Lehrkraft zu stemmen. Diese Perspektive „leistet“ den Beitrag der Erkenntnis, dass folgende Punkte nötig sind, um eine Individualisierung im Unterricht auf produktive Art und Weise möglich zu machen:

 

Die Individualisierung kann nicht nur auf der persönlichen Ebene der individuellen Lehrkraft und ihrem Unterricht basieren. Sie muss auch auf der gesamtschulischen Ebene und der darüberstehenden Ebene des Schulsystems strukturell etaliert werden.

 

Zusätzlich dazu habe ich bereits erwähnt, dass dies im praktischen Bereich nicht von einer einzelnen Lehrkraft zu bewerkstelligen ist. Es ist also mehr als eine Lehrkraft nötig, um Individualisierung im Unterricht zu gewährleisten: Es braucht zusätzliche Lehrkräfte, Sozialpädagogen, persönliche Assistenzen, und ähnliches.

3.

Welcher Strategie zu Individualisierung folgt die Lehrkraft im Unterricht?

Wie setzt sich diese in bestimmten Unterrichtskonzepten oder Maßnahmen nieder?

Welche Probleme treten in der realen Unterrichtssituation bei der Verwirklichung der theoretischen Konzepte auf?

Gibt es spezielle Strategien zur Bewältigung dieser Probleme?

Inwiefern werden alternative Strukturen auf der Ebene von Schule und Schulsystem geschaffen die einen auf Individualisierung ausgelegten Unterricht unterstützen?

Werden andere Lehrkräfte oder weitere Unterstützende Personen in den Unterricht eingebunden? Wenn ja, wie?

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