Regulierung von Hafenarbeit: ITF & ILO

 Ein Beitrag von Luca Döninghaus und Luisa Feher

Im folgenden Blogbeitrag werden wir zuerst auf die verschiedenen Vorgehensweisen der Regulation  im Hafen eingehen und die Organisationen ITF und ILO vorstellen. Im Anschluss hatten wir die Möglichkeit, einen Hafenlotsen zu befragen. Der daraus entspandene Bericht ist methodisch etwas improvisiert und befindet sich am Ende unseres Eintrags.

Anhand einer Einteilung in drei Modelle der Hafenstrukturierung beurteilen Turnbull und Wass (2007) die Korrelation zwischen Umstrukturierung von Welthäfen im Zuge der Globalisierung und dem Einfluss von Gewerkschaften, sowie die Auswirkungen auf Arbeitsbedingungen. So hatte das vergleichsweise weniger privatisierte Modell der „tool ports“ auf der ganzen Welt „Dock-Arbeitssysteme“, die oft staatlich verwaltet waren und unter anderem den Bedarf an Arbeitskräften regulierten und ihnen ein Mindest-einkommen garantierten, auch wenn keine Arbeit verfügbar war. Dementsprechend wurden in diesen Häfen Gewerkschaften anerkannt und Standartarbeitsbedingungen angewendet, welche oft auf Hafen-, Küsten- oder nationaler Ebene ausgehandelt wurden (Turnbull/Wass 2007: 588-589).Unter anderem wurden so Arbeitszeiten geregelt oder die Mindestgrößen von Besatzungen. Genau dies sind allerdings laut Turnbull und Wass die „restriktive[n] Arbeitspraktiken“, die gegenüber der Weltbank angesichts des globalen Wettbewerbs als nicht mehr akzeptabel vorgestellt wurden. Im Rahmen des „landlord“-Modells umfasst das Beschäftigungssystem insbesondere an den Containerterminals einen Kern an ständigen, hochqualifizierten und funktional flexiblen Arbeitskräften, „regelmäßige Gelegenheitsarbeitskräfte“, die mit den Betriefsabläufen des Unternehmens vertraut sind und in der Regel von einem gewerkschaftlich oder staatlich geführten Arbeitskräftepool bereitgestellt werden, sowie zeitliche Flexibilität der gesamten Belegschaft (Turnbull/Wass 2007: 589). Insgesamt sind die Auswirkungen der Umstrukturierungen hin in Richtung eines „landlord“-Modells in Bezug auf die Arbeitsbedingungen eindeutig negativ (Turnbull/Wass 2007: 595). Dabei haben Privatisierung und Deregulierung der Beschäftigung die größten Auswirkungen auf das Beschäftigungsniveau und die Beschäftigungssicherheit. Durch eine beträchtliche Anzahl an Gewerkschaften wurden jedoch beispielsweise Sozialleistungen und Renten für die Arbeitskräfte, welche nach den Umstrukturierungen ihren Arbeitsplatz behalten hatten, wenig beeinflusst (Turnbull/Wass 2007: 596). Die Studien von Turnbull und Wass haben ergeben, dass negative Auswirkungen in Bezug auf Arbeitsbedingungen eher in Häfen zu erwarten sind, in denen umfangreiche Umstrukturierungen stattgefunden haben (Turnbull/Wass 2007: 596). So hätten Hafengewerkschaften im Allgemeinen oft nur eine „mildernde“ Rolle gespielt. Trotz dessen gäbe es Anzeichen dafür, dass Gewerkschaften, wenn sie Einfluss haben, in der Lage sind, die negativen Auswirkungen der Hafenreformen zu begrenzen (Turnbull/Wass 2007: 597).

Die Welthäfen werden anschließend in vier Kategorien von Fallbeispielen aufgeteilt. Die erste Box beschreibt Häfen, welche außerhalb der Ost-West Handelsroute liegen und nicht die Zentren der Weltbevölkerung darstellen. Als Beispiel wird Singapur genannt, wo es kleine Umstrukturierungen gab. Der Wettbewerbsdruck ist nicht sehr hoch (Turnbull/Wass 2007: 598-599). Die zweite Box beschreibt beispielsweise Häfen in Hongkong und Neuseeland. So bestehen für das Kernpersonal eine Politik der Beschäftigungssicherheit. So ist Hongkong ein stark liberalisierter Hafen, welcher als Musterbeispiel für private Unternehmen und freien Wettbewerb steht. Es bestehen keine formellen öffentlichen Hafenbehörden, denn im Gegensatz zu anderen Häfen ist hier der private Sektor u.a. zuständig für den Bau der Infrastruktur. So ist es hier wichtig zu sehen, dass der Arbeitsmarkt dezentralisiert und extrem flexibel ist (Turnbull/Wass 2007: 600-601). Die dritte Box betrifft die Hansehäfen in Nordeuropa und Australien. Korporatistische Arbeitsbeziehungssysteme sind gut etabliert und die europäischen Häfen sind die effizientesten und dynamischsten Häfen der Welt. Ihr Erfolg rührt daher, dass sie hoch qualifizierte Arbeitskräfte angestellt haben. Dazu kommt, dass dies kombiniert ist mit einem proaktiven Staat. So sind ihre Mitarbeiter*innen „multiskilled“ und fast alle können jederzeit alle Aufgaben übernehmen. Es gibt festgelegte Ruhezeiten und freie Tage. Außerdem überschneiden sich die Schichten jeweils um 30 Minuten. Diese Erfolge beruhen auch auf der guten Organisation und Vertretung durch Gewerkschaften (Turnbull/Wass 2007: 603-604). Die vierte Box beschreibt spanische und US-amerikanische Westküstenhäfen und weitere europäische Häfen. So wurden in diesen Fällen die Arbeiter*innengemeinschaften privatisiert. In Spanien wurde das private Unternehmen „Estatal de Estibal“ gegründet, welches allerdings weiterhin zu 51% in staatlichem Besitz liegt. Der Vorteil, den Arbeiternehmer*innen dadurch genießen ist, dass das Unternehmen Exklusivrechte besitzt und somit großen Einfluss auf die Hafenreform hat (Turnbull/Wass 2007: 607-608). 

Wie wird Hafenarbeit heute im globalen Kontext durch ITF und ILO reguliert? 

Die ‚International Transport Workers‘- Federation‘ (ITF) beschreibt sich als demokratischer Zusammenschluss und ist eine Vereinigung von Gewerkschaften aus über 150 Ländern weltweit. Sie setzten sich für Rechte, Gleichheit und Gerechtigkeit ein und beschreiben sich somit als Sprachrohr für 20 Millionen erwerbstätige Menschen. Ihre Grundsätze beziehen sich auf die Förderung von Gewerkschafts- und Menschenrechten und der Einsatz für Frieden in Bezug auf soziale Gerechtigkeit und wirtschaftlichen Fortschritt. Außerdem verteidigen sie angeschlossene Organisationen bei der Verteidigung der Mitglieder-Interessen (ITF 2020 a). Ihre Erfolge schreiben sie darin, dass das Programm zur „Entwicklung von Verkehrsgewerkschaften“ in „arabischen“ Ländern regionale Netzwerke der Hafen- und Luftverkehrsgewerkschaften aufgebaut hat und 14 unabhängige Gewerkschaften gegründet wurden (ITF 2020 b). Zudem haben sie eine Hafenarbeiter*innenklausel in Europa und Kanada durchgesetzt, welche sich für ein Verbot der Laschenarbeit durch Seeleute einsetzt. Sie gilt für alle Schiffsbesatzungen, welche den ITF-Kollektivverträgen unterstehen und sich der ITF angeschlossen haben. Dies sind weltweit fast 15.000 Stück. So fordert sie die Durchführung von Laschenarbeit durch ausgebildete Hafenbeschäftige (ITF 2020 c). 

Die Digitalisierung und Hafenautomatisierung erleben Hafenbeschäftigte direkt mit, denn vollautomatisierte Häfen brauchen weiterhin Menschen. So ist es nicht einfach, einen Hafen auf vollautomatisch zu stellen. Allerdings verlieren Hafenbeschäftigte durch die Maßnahmen der Technologisierung ihre Arbeitsplätze oder die bestehenden verändern sich dahin gehend, dass Maschinen nur noch überwacht werden. So verändert sich der Arbeitsplatz dahin gehend, dass Verantwortung wächst, gleichzeitig aber die Tätigkeiten geistig auch anspruchsvoller werden. So werden sie körperlich weniger anstrengend, dafür aber geistig anspruchsvoller. Weltweit gibt es mehrere Tausend Häfen. Jedoch befinden sich die Häfen, welche von entscheidender Bedeutung für die Weltwirtschaft sind in Westeuropa, den USA, sowie in Asien. Beobachtbar ist, dass die Technologisierung gerade in diesen Regionen voran getrieben werden. So sind Hafenarbeiter*innen nicht per se gegen neue Technologien in den Häfen. Jedoch stellen sie in Frage, inwieweit sich die Technologisierung gegenüber der Arbeitskraft von Menschen ökonomisch rechnet, da diese Umstrukturierung teuer ist und zum Teil unflexibler und weniger produktiv sein kann (ITF 2020 d). 

Die International Labour Organisation (ILO) wurde 1919 gegründet und ist damit eine der ältesten Sonderorganisationen der Vereinten Nationen. Sie hat ihren Hauptsitz in Genf und umfasst 187 Mitgliedsstaaten. Ihre Hauptziele sind die Förderung von menschenwürdiger Arbeit, sozialer Sicherung und die Stärkung des sozialen Dialogs. Ihre Struktur sticht im UN-System heraus, da es dreigliedrig ist: Mitgliedsstaaten sind durch Regierungen, Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen in den Organen der ILO vertreten. Diese setzen sich zusammen aus einer allgemeinen Konferenz von Vertreter*innen der Mitglieder, einem Verwaltungsrat und einem „Internationalen Arbeitsamt“, welches durch den Verwaltungsrat gelenkt wird. In Form von „einmaligen“ oder „zweimaligen“ Beratungen, was die Anzahl von Tagungen meint, werden durch die ILO Übereinkommen oder Empfehlungen abgestimmt werden, wobei erstere durch Ratifizierung von Mitgliedsstaaten rechtliche Verpflichtungen beinhalten (ILO 2012). Nach der Ratifizierung wird ihre Umsetzung auf nationaler Ebene, juristisch und faktisch, von der ILO regelmäßig überprüft (ILO 2020 a). In Bezug auf die Regulierung von Hafenarbeit wurde beispielsweise 2006 ein Seearbeitsübereinkommen (Maritime Labour Convention) beschlossen, welches in erster Linie Arbeitsbedingungen auf hoher See regelt, aber auch Arbeitstätigkeiten in Hafenbereichen einbezieht. Das Übereinkommen setzt zahlreiche seit 1920 entstehende Regelungen fort, trat 2013 in Kraft und wurde mittlerweise von 96 Mitgliedsstaaten ratifiziert (ILO 2020 b). Diese sind abgebildet in Abbildung 1. 

Abbildung 1: 96 ILO-Mitgliedsstaaten ratifizierten bisher die „Maritime Labour Convention“. (ILO 2020 a, b)

Das Übereinkommen gliedert sich in eine Reihe von Beschäftigungs- und Sozialrechte und folgende fünf Regelungen (Internationale Arbeitskonferenz 2019: 15-115). Erstens werden Mindestanforderungen für die Arbeit von Seeleuten auf Schiffen genannt, beispielsweise ein Mindestalter. Zweitens werden Beschäftigungsbedingungen ausgeführt, wie z.B. Arbeitszeiten und Ruhezeiten, Regelungen zum Heuern oder die Besatzungsstärke der Schiffe. Drittens wird auf Unterkünfte, Freizeiteinrichtungen und Verpflegung einschließlich Bedienung Bezug genommen. Viertens wird Gesundheitsschutz, medizinische Betreuung, soziale Betreuung und Gewährleistung der sozialen Sicherheit ausgeführt. Fünftens regelt die Erfüllung und Durchsetzung der besagten Anforderungen, welche sich gliedert in die Verantwortlichkeit des Flaggenstaats, die Verantwortlichkeit des Hafenstaates und die Verantwortlichkeiten im Bereich der Vermittlung von Arbeitskräften (Regel 5.3 Seearbeitsübereinkommen). Demzufolge hat der Hafenstaat beispielsweise die Überprüfung der Regelungen im Hafen und die Durchführung von Verfahren für die Behandlung von Beschwerden von Seeleuten an Land zu verantworten. Im Zuge der aktuellen „Corona-Krise“ äußerte sich der ILO-Generaldirektor Guy Ryder zu den über 150.000 Seeleuten, die aufgrund von Covid-19 an Bord von Schiffen eingeschlossen waren und teilweise noch immer eingeschlossen sind (Junge Welt 2020). Er forderte die Mitgliedsstaaten auf, Seeleute als „Schlüsselarbeiter“ anzuerkennen und dringend erforderliche Maßnahmen zu ergreifen, um diejenigen, die hart gearbeitet haben, mit Medikamenten, Lebensmitteln und anderen Notwendigkeiten zu versorgen, sie nach Hause gehen zu lassen und durch „frische“ Besatzungen zu ersetzen (ILO 2020 c). 

Literatur

  • ILO (2012): Charakter und verfassungsmäßige Grundlage von Übereinkommen und Empfehlungen. In: Handbuch der Verfahren betreffend internationale Arbeitsübereinkommen und –empfehlungen. Text abrufbar unter: https://www.ilo.org/wcmsp5/groups/public/—ed_norm/—normes/documents/publication/wcms_195190.pdf (letzter Zugriff am 25.06.2020). 
  • ILO a (2020): Normenkontrolle. Text abrufbar unter: https://www.ilo.org/berlin/arbeits-und-standards/normenkontrolle/lang–de/index.htm (letzter Zugriff am 25.06.2020) 
  • ILO b (2020): Maritim Centenary Challenge: reaching 100 ratifications oft he MLC. Text abrufbar unter: https://www.ilo.org/global/standards/maritime-labour-convention/WCMS_664151/lang–en/index.htm (Letzter Zugriff am 25.06.2020). 
  • ILO c (2020): ILO: Release more than 150,000 seafarers trapped on board ships due to COVID-19. Text abrufbar unter: https://www.ilo.org/global/about-the-ilo/newsroom/news/WCMS_747293/lang–en/index.htm (Letzter Zugriff am 25.06.2020). 
  • ITF a (2020): Wer wir sind. Text abrufbar unter: https://www.itfglobal.org/de/about-us/who-we-are (letzter Zugriff am 23.06.2020). 
  • ITF b (2020): Unsere Erfolge. Text abrufbar unter: https://www.itfglobal.org/de/about-us/our-achievements (letzter Zugriff am 23.06.2020). 
  • ITF c (2020): Laschen ist Hafenarbeit: ITF-Hafenarbeiterklausel tritt in Kraft. Text abrufbar unter: https://www.itfglobal.org/de/news/laschen-ist-hafenarbeit-itf-hafenarbeiterklausel-tritt-in-kraft (letzter Zugriff am 11.06.2020). 
  • ITF d (2020): Automatisierung und Digitalisierung. Neue Technologie in Häfen. Text abrufbar unter: https://www.itfglobal.org/de/focus/automation/automatisierung-und-digitalisierung-neue-technologie-in-häfen (letzter Zugriff am 11.06.2020). 
  • Junge Welt (25.06.2020): Seeleute sitzen weiter fest. Text abrufbar unter: https://www.jungewelt.de/artikel/380899.seeleute-sitzen-weiter-fest.html (letzter Zugriff am 25.06.2020) 
  • Internationale Arbeitskonferenz (2019): Seearbeitsübereinkommen, 2006, in geänderter Fassung. Abrufbar unter: https://www.ilo.org/wcmsp5/groups/public/—ed_norm/—normes/documents/normativeinstrument/wcms_560895.pdf (letzter Zugriff am 25.06.2020). 
  • Turnbull, Peter J./ Wass, Victoria J. (2020): Defending Dock Workers – Globalization and Labor Relations in the World’s Ports. In: Industrial Relations: A Journal of Economy and Society, 46 (3), 582-612. 

Bericht eines Hafenlotsen

Allgemeine Infos

Im folgenden Bericht bekamen wir die Möglichkeit, einen Hafenlotsen zu interviewen. Die Person möchte anonym bleiben, daher gehen wir nicht genau auf den Arbeitsort ein. Hafenlotsen sind in dem Hafen selbstständig tätig und haben sich zu einer „Brüderschaft“ zusammen geschlossen, welche Körperschaft eines öffentlichen Rechts ist und somit hoheitliche Aufgaben übernimmt. So ist die Grundaufgabe für die „Sicherheit und Leichtigkeit“ des Schiffsverkehrs im Hafen zu sorgen, in dem sie Kapitäne beraten. Über den Hafenlotsen steht eine Aufsichtsbehörde, welche Aufgaben kontrolliert und gleichzeitig Tarifpartner ist. In der „Brüderschaft“ sind aktuell 65 Lotsen zusammengeschlossen, welche alle gleichberechtig sind. So wird sich selbst verwaltet und der Einsatzplan selbst bestimmt. Durch den kollektiven Zusammenschluss verdient jede*r den gleichen Lohn, unabhängig davon, wie viel er*sie arbeitet. Wenn man Glück hat, sind nur leichte Manöver zu fahren. Allerdings kann es aber auch sein, dass Weihnachten und Sylvester gearbeitet werden muss. Tarife werden berechnet nach der Größe der Schiffe- unabhängig vom Liegeplatz, Zeitaufwand, Tageszeit, Jahreszeit und Wochentag.

Ausbildung zum Hafenlotsen

Die Ausbildung vom Kapitän zum Lotsen dauert acht Monate und ist nicht entlohnt. Bis die Person jedoch Volllotse ist muss sie sieben Jahre arbeiten, um alle Schiffsgrößen fahren zu dürfen. Hafenlotsen werden nicht entlassen, wenn geringes Verkehrseinkommen ist, sondern dann haben alle weniger zu tun.

Arbeitsalltag als Hafenlotse

Durchschnittlich ist ein Lotse sieben Tage a 24 Stunden auf Rufbereitschaft. Üblicherweise fährt jede*r in seiner*ihrer Schicht drei Schiffe und kann dann nach Hause gehen. Dann ist die Person bei dem Bereitschaftsplan auf letzter Position. Bei hohem Aufkommen wird die Anzahl auf vier Schiffe hochgesetzt, sodass die Rotation verlangsam wird. Durch die Vergrößerung der Schiffe wird auch mehr Zeit benötig, sie in den Hafen zu fahren, da sie abhängig von der Tide sind und unabhängig davon das Manöver mehr Zeit beansprucht. Die Zeit des Wartens geht von der Freizeit ab und wird nicht bezahlt.

Jedoch kann auch alles anders kommen als geplant und somit ist ein striktes Alkoholverbot einzuhalten und auch das Smartphone ist immer in Reich- und Hörweite. Beschrieben wird auch, dass das unregelmäßige Schlafen in jungen Jahren unserem Interviewer nicht viel ausgemacht hat. Jetzt im „Alter“ und mit Kindern sei es zunehmend anstrengender.

Eine Verbesserung des Arbeitsplatzes würde laut dem Interviewer so aussehen, dass es eine bessere Bezahlung gäbe, sowie mehr Freizeit und nur tagsüber gearbeitet würde.

In Bezug zur Corona-Pandemie ist der Zulauf von Containerschiffen um 10% gesunken und Passagierschiffe wurden eingestellt. Dafür hat die Anzahl der Tanker- und Getreideschiffe zugenommen. Der Umgang mit den Hygienevorschriften sei von Reederei zu Reederei und von Schiffsführung zu Schiffsführung anders. So ist die Bandbreite von Maske und Handschuhe tragen bis hin zu Fieber messen. Gleichzeitig gibt es aber auch diejenigen, die mit Handschlag begrüßt werden möchten und Situationen, wo vier Personen dicht im Aufzug stehen.

Da der Beruf des Hafenlotsen zu den systemrelevanten Berufen zählt, gelten für sie kürzere Quarantänemaßnahmen und damit schnellere Testungen. Allerdings gab es bisher keine Vorfälle. Sie stehen in direktem täglichen Kontakt mit Wirtschaftsbehörde und dem hafenärztlichen Dienst. Jedoch reichen die bisher getroffenen Maßnahmen scheinbar bisher aus.

Gewerkschaften und Vertretung

Da unser Hafenlotse aktuell in der „Brüderschaft“ ist und diese selbstständig sind, werden sie nicht von Gewerkschaften vertreten. Jedoch hatte er als Matrose und Kapitän Kontakt mit Gewerkschaften. Als Matrose vor allem mit deutschen Gewerkschaften und als Kapitän dann mit der ITF, welche wir im anderen Blogeintrag auch vorgestellt haben. Er beschreibt, dass die deutschen Besatzungsmitglieder selten in Gewerkschaften organisiert waren. Die ITF war jedoch oft an Bord, um die Interessen philippinischer Seeleute zu vertreten. So haben sie Druck gemacht und teilweise Schiffe bestreikt, die internationale Standards nicht eingehalten haben. Die deutschen Arbeiter*innen waren weniger von Bedeutung, da ihr Einkommen weit über dem von der ITF geforderten Werten lag.

Es gab Reedereien, auch deutsche, die den Besatzungen diese ITF-Verträge zugesagt haben, aber nicht danach bezahlten. Heißt am Monatsende wurde der Überstundennachweis mit den Zuschlägen ausgefüllt und von allen Seeleuten unterschrieben aber weniger ausgezahlt. Dies war damals gängige Praxis. Allerdings hatte er das Glück nicht in solche Geschäfte verwickelt gewesen zu sein. Diese Praxis war natürlich auch für die europäischen Seeleute fatal, da sie aus Kostengründen nicht mehr eingestellt wurden.

3 Gedanken zu „Regulierung von Hafenarbeit: ITF & ILO

  1. Vielen Dank für diesen interessanten Einblick! Ich hätte 2 Fragen:

    Wie würdet ihr die Regulierung der Hafenarbeit insgesamt bewerten? Überwiegen die Forschritte durch internationale Übereinkommen und beharrliche Gewerkschaftsarbeit oder die Rückschritte durch Privatisierung und Kostendruck?

    Könnt ihr ein bisschen über das Gespräch mit dem Hafenlotsen (als Forschungsmethode) reflektieren? Was hat gut geklappt und was weniger gut? Was ist euch bei oder nach dem Gespräch über diese Form der Datenerhebung aufgefallen?

  2. Danke für den Kommentar. Ich würde gern auf die Frage bezüglich des Hafenlotsenberichts eingehen. Gerne hätten wir uns mit der Person persönlich getroffen, doch da dies aufgrund der aktuellen Situation und Aufwand unseren Rahmen gesprengt hätte und wir aus zeitlichen Gründen auch kein digitales Treffen abhalten konnten, haben uns dafür entschieden der Person einen Fragebogen zu schicken. Diesen konzipierten wir anhand von inhaltlichen Gesichtspunkten, die sich im Zuge der Fragestellung anboten, sowie zusätzlich einer Frage zur aktuellen Situation, die uns persönlich interessant erschien. Diese wurden dann schriftlich und teilweise lediglich in Stichpunkten beantwortet, sodass wir sie für den Lesefluss teilweise leicht ausformulierten.
    Sicherlich ist diese Vorgehen nicht die idealste Form der Datenerhebung. Da es uns allerdings lediglich um einen groben Einblick ging und nicht um eine methodisch ideale qualitative Studie, war es für uns eine angemessene Alternative zum Gespräch. Sicherlich können die Aussagen dementsprechend nur im Rahmen dieses groben Einblicks interpretiert werden und sind lediglich die subjektive Sicht einer Person eines Arbeitsverhältnisses in einem Hafen. Trotzdessen war der Austausch für uns eine sehr interessante Ergänzung, da wir darüber hinaus keine Berührungspunkte zu direkt im Hafen arbeitenden Personen haben.

  3. Bezüglich der ersten Frage lässt sich aus dem Text von Turnbull und Wass, sowie aus den Veröffentlichungen von ITF und ILO und dem Bericht meiner Einschätzung nach Folgendes ableiten: Ich denke, dass insgesamt durch die Dynamiken des Weltmarkts negative Entwicklungen in Bezug auf Arbeitnehmer*innenrechte in der Hafenwirtschaft oft zu beobachten sind. Dies erfolgt beispielsweise durch die Anforderung gesteigerter zeitlicher Flexibilität oder mentale Belastung durch erhebliche Verantwortung bei der Bedienung hochtechnologisierter Infrastruktur. Trotzdem wird deutlich, dass beispielsweise in nordeuropäischen Häfen durch starke Gewerkschaften oder in zahlreichen Häfen weltweit durch internationale Übereinkommen und nationale Kontrollinstanzen negative Entwicklungen ein Stück weit „abgefedert“ werden können. Allerdings denke ich, dass es Unternehmen beispielsweise durch spezifische Beflaggung nach wie vor gelingt Übereinkommen zu umgehen und derartige Regulierungen inbesondere für Arbeitnehmer*innen den globalen Südens wenig Wirkung zeigen. Zusätzlich lässt die Situation der Seeleute, die im Zuge der Pandemie seit mehreren Monaten auf Containerschiffen festgehalten werden, meiner Meinung nach den begrenzten Einfluss von Arbeitnehmer*inneninteressen drastisch deutlich werden.

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