Empirische Forschung zur Heterogenität im naturwissenschaftlichen Unterricht- was wissen wir eigentlich wirklich?

Empirische Forschung zur Heterogenität im naturwissenschaftlichen Unterricht- was wissen wir eigentlich wirklich?

  • In einer Konferenz in Ihrem Fachbereich in Ihrem Fach an Ihrer Schule diskutiert das Kollegium über Maßnahmen zum Umgang mit Heterogenität. Sie erinnern sich kurz an diese Vorlesung: nennen Sie zwei empirisch überprüfte Fakten zum Umgang mit Heterogenität, die der Diskussion dienen könnten!
Binnendifferenzierung hat nach Lüders und Rauin 2004 positive Effekte vor allem im nichtkognitiven Bereich. Musik- und Kunstunterricht ist damit prädestiniert für die Entwicklung von Klassengemeinschaft und für die Persönlichkeitsentwicklung von Schülerinnen und Schülern.
Saleh et al. haben 2015 den Effekt von Gruppeneinteilungen im Biologieunterricht der 4. Klasse untersucht. Sollte dies auf Musik- und Kunstunterricht und auch auf andere Klassenstufen übertragbar sein, so könnte man davon ausgehen, dass die Motivation der Leistungsschwachen stark ansteigt wenn man sie in heterogenen Gruppen arbeiten lässt. Da leistungsstärkere Kinder von homogenen Gruppen profitieren kann vielleicht ein Ausgleich über zusätzliche Angebote wie Chor, Orchester oder Bandprojekte geschaffen werden.
  • Erläutern Sie, welches Unterrichtsmuster Sie in Ihrer bisherigen Erfahrung selbst als das wirkungsvollste erlebt haben! Diskutieren Sie Ihre Beobachtung vor dem Hintergrund der Vorlesung!
Als leistungsstarke Schülerin im Fach Musik fand ich den praktischen Klassenmusikunterricht eher demotivierend. In den Musik-AGs meiner Schule habe ich mich deutlich besser aufgehoben gefühlt. Andererseits war ich meinem Französisch-Grundkurs froh als mittelbegabte Französisch-Schülerin einige Mitschüler mit sehr gutem Leistungsniveau zu haben, deren Beiträge den Unterricht so weitergebracht haben, dass es für uns mittlere und untere zwei Drittel interessant blieb.
  • Entwickeln Sie eine kurze Aufgabe mit drei gestuften Lernhilfen, die Sie in Ihrem Fach morgen im Unterricht einsetzen könnten! Erläutern Sie die gestuften Lernhilfen und beschreiben Sie, wie sie im Unterricht erkennen können, ob diese erfolgreich gewählt sind.
Im Musikunterricht haben Schüler nicht nur eine unterschiedlich starke Affinität zu Fach, sondern auch unterschiedliche und unterschiedlich große Vorbildung. Manche Kinder hören viel Musik, setzen sich aber nie mit ihr auseinander. Andere Kinder müssen ein Instrument lernen, haben aber überhaupt keinen emotionalen Zugang zur Musik, andere Kinder hören vielleicht sehr gern Musik, hatten aber nicht im privaten Umfeld die Möglichkeit ein Instrument zu lernen. Manche Jungen sind im Stimmbruch, einige Kinder haben Probleme mit englischer Aussprache- die Möglichkeiten zur Differenzierung sind endlos.
Ich kann mir vorstellen, dass die Erarbeitung eines von den Schülern aus einer vorgegebenen Menge an Musikstücken ausgewählten Liedes eine Aufgabe ist, in der ich mit einem gestuften Ansatz die besten Erfolge ziehen könnte. So könnten sich Kinder, die noch Schwierigkeiten haben Noten zu lesen sich mit einem Perkussionsinstrument im den Teilbereich ‚Rhythmische Notation‘ gut aufgehoben fühlen, das Orff-Instrumentarium bietet für Kinder mit wenig instrumentaler Vorbildung einen Fundus an Möglichkeiten musikalisch tätig zu werden. Für mich als Lehrkraft wäre es wichtig das Können (und das Potential) der Schüler gut einschätzen zu können um individuell den Schwierigkeitsgrad beispielsweise der Klavierbegleitung (nur Basstöne, Akkorde -welche Voicings?- oder Begleitung mit Melodie) so gestalten zu können, dass die Waage zwischen Forderung ohne Über- und Unterforderung gehalten werden kann. Der Erfolg sollte einerseits hörbar sein, sich andererseits vor allem in der Spielfreude der Kinder ausdrücken.
  • Eine Kollegin sagt: „Gesamtschulen sind ja immer mal wieder der letzte Trend, ob wir sie nun Oberschulen nennen oder Sekundarschulen, die Idee ist doch dieselbe. Alle werden gemeinsam unterrichtet, was für eine Ideologie. Dabei zeigt doch die empirische Forschung klar, dass das Gymnasium nur von den besten SuS besucht werden sollte. Die schlechten fühlen sich hier doch viel zu schnell überfordert und das frustriert sie so sehr, dass sie vollkommen abschalten.“ Was antworten Sie der Kollegin?
Nach Hoffet (1992), der die Leistungsentwicklung in Naturwissenschaften und Mathematik in den Klassen 7 bis 9 in den USA untersuchte, hat die Einteilung der Kurse nach Leistungsniveau insgesamt negative Effekte auf die Fachleistung. Während die leistungsstarken SuS nur geringfügig von der äußeren Differenzierung profitierten (darauf, dass sie profitierten zielt die Kollegin vielleicht ab), hatte die Differenzierung auf Leistungsschwache einen großen negativen Effekt. Wichtig ist vor allem: ist der Kurs insgesamt leistungsstark, profitieren nach (Ireson et al. 2005) alle Schüler tendenziell davon.
Es ist selbstverständlich möglich, dass die Kollegin die Erfahrung gemacht hat, das einzelne Schüler aus Überforderung abschalten. Es wäre wichtig herauszufinden was hierfür der Grund ist- ob dieser im Stoff, in der Aufbereitung, in der Aufgabenstellung, in der Gruppenzusammensetzung oder völlig anders gelagert (Übermüdung, private Probleme) zu finden ist. Ihre persönliche Erfahrung im Einzelfall zu negieren und sie mit einer Studie (in deren Natur es liegt sich nicht des Einzelfalls anzunehmen) widerlegen zu wollen, wäre aber wohl der falsche Weg sie von den Qualitäten leistungsheterogener Arbeitsgruppen zu überzeugen.

 

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