Welche Berührungspunkte hatten Sie bereits mit dem Thema Antisemitismus? Beschreiben Sie für Sie wichtig erscheinende Situationen und wie Sie diese vor dem Hintergrund dieser Vorlesung bewerten würden.
Ich persönlich hatte kaum Berührungspunkte mit dem Thema Antisemitismus. Die wenigen Bezüge zu diesem Thema habe ich durch Lehrfilme, Erzählungen oder das Museum in Berlin – Ort der Erinnerung gesammelt.
Die einzig erschreckende Situation hat mich in der Mittelstufe ereilt. Ich persönlich oder gar eine Person meines Umfeldes war jedoch nicht betroffen.
In meiner Schulzeit haben wir, im Rahmen des Kunstunterrichtes, nach der Stadtteiloper all die Kostüme, samt der Schuhe, in der schuleigenen Vitrine platziert. Der Hintergedanke war das Zehren der gelungenen Stadtteiloper auch noch im Nachherein. Nachdem wir alles mit viel Mühe fertiggestellt hatten, kamen einige LuL auf meinen Kunstlehrer zu und baten ihn, die Vitrine noch einmal umzugestalten. All die Schuhe und die Kleidung auf engem Raum würden sehr stark an den Holocaust erinnern. Über dieses Szenario hatte keiner von uns nachgedacht. Natürlich haben wir das gesamte Schaubild sofort geändert, um so weit wie möglich von dieser Verbindung wegzukommen.
Diese Situation hat mir gezeigt, wie sensibel das Thema auch heute noch ist und mit welcher bedrückten Gefühlslage der Antisemitismus beleuchtet wird. Meines Erachtens komplett zu Recht. Ich bin sehr dankbar, dass ich persönlich keine weiteren Verbindungen zu dem Thema habe und es mich oder mein Umfeld in meiner gesamten Schullaufbahn auf zwei Schulen nie berührt hat.
In Bezug auf die Problemfelder im schulinternen Umgang sehe ich hier nur den Bezug auf die Ablehnung von Antisemitismus als heute relevantes Problem.
Welche Fragen haben sich für Sie durch den Vortrag ergeben? In welchen Bereichen fühlen Sie sich noch unzureichend informiert oder vorbereitet, um sich mit Antisemitismus in der Schule als Lehrkraft zu befassen?
An dieser Stelle finde ich es wichtig, den emotionalen Hintergrund der SuS zu beleuchten. Wie gehen die SuS mit dem Thema um und wie sehr trifft es sie? Wie kann das Thema möglichst schonend an die SuS herangetragen werden?
Eine große Frage stellt sich mir auch in der Sache Tiefgründigkeit. Wie viel Raum sollte dem Thema gegeben werden? Einerseits ist es eine Zeit, die die Geschichte stark geprägt hat und über die Maßen grausam war. Andererseits gehört der Antisemitismus ganz klar der Vergangenheit an und hat in der heutigen Welt keinen Platz. Behandelt werden muss das Thema, aber in wie weit?
Beschäftigen Sie sich mit folgendem Szenario: Ein Elternteil spricht Sie persönlich als Lehrkraft darauf an, dass ein Schüler Ihrer Klasse von verbalen antisemitischen Übergriffen betroffen war. Überlegen Sie, wie ein konstruktiver Umgang mit dieser Situation aussehen könnte.
Im ersten Schritt würde ich das Gespräch mit dem betroffenen Schüler suchen und vorfühlen, wie es ihm mit der Situation geht. Auch die Eltern sollten eingeweiht werden. Im nächsten Schritt würde ich das Thema in der Klasse ansprechen und an den Verstand der SuS appellieren. Eventuell mit Hilfe von Filmen, Zeitzeugen etc. . Ebenso würde ich Kollegen und Kollegin zu Rate ziehen und sie bitten das Thema in ihren Klassen auch nochmal anzusprechen, sofern auch SuS außerhalb der eigenen Klasse in die Situation verwickelt waren. Abhaken würde ich das Thema nicht und die Situation noch über einen längeren Zeitraum beobachten, sowie weitere Gespräche mit dem betroffenen Schüler suchen, ob die Situation sich verbessert hat. Sollte klar sein, wer sich derart im Ton und Handlung vergriffen hat, würde ich auch hier ein Gespräch unter vier Augen ansetzen.
Eine Antwort auf „RV10“
Hallo Celine,
deinen Beitrag habe ich mit Interesse gelesen. Mir gefällt, wie du an das Thema herangehst.
Du sprichst die Tiefgründigkeit des Themas an. An dieser Stelle könnte man noch eine weitere Frage aufwerfen, nämlich die nach der Ebene der Auseinandersetzung. Das Thema gehört zum Bestandteil des Geschichtsunterrichts an Schulen. Für einige Schüler kann es darüber hinaus auch Berührungspunkte innerhalb der eigenen Familiengeschichte geben. An dieser Stelle fragst du dich auch, wie das Thema möglichst schonend an die Schüler herangetragen werden kann und betonst auch, dass es für dich eigentlich der Vergangenheit angehört, aber eben behandelt werden muss. Hier kann natürlich ein Konflikt entstehen. Spricht man es an kann dies schnell unangenehm sein, spricht man es nicht an, besteht schnell die Gefahr der Verdrängung und des Vergessens. Ein Dialog, ein Reden darüber im Klassenraum kann einen Rahmen bieten sich einem solch schwierigen Thema in einer Art und Weise zu nähern, in der jeder Schüler selbst bestimmen kann, inwiefern er sich aktiv einbringt oder lieber zunächst nur zuhört und Eindrücke seiner Mitschüler sammeln möchte. Vielleicht lassen sich auch auf diese Weise viele Missverständnisse und Vorurteile ausräumen. Einen ähnlichen Ansatz hast du auch im letzten Abschnitt deines Beitrages angesprochen.