Die Allee

Posted in Die Feder on Mai 26th, 2011 by

Du gehst die Allee entlang. Es muss hier irgendwo sein, gleich hier in der Allee. Du siehst um dich herum die neu entstehenden Häuser, gewaltige Konstrukte aus Glas und Beton. Überall sind neue Bäume gepflanzt worden. Du gehst weiter die Allee entlang.

Du siehst jetzt links und rechts gewaltige Neubauten stehen, beeindruckende Bauwerke mit großen Glasfassaden. Neuwagen stehen vor den meisten Häusern. Weit kann es ja nicht mehr sein. Du gehst weiter die Allee entlang.

Der Asphalt weicht langsam einem Kopfsteinpflaster. Die Bäume hier sind groß und stark. Die Häuser hier sind große Bürgerhäuser, wie sie überall zur Zeit des Aufschwunges entstanden sind. Du gehst weiter die Allee entlang.

Du stolperst einmal kurz, die Straße ist hier etwas schlechter. Die gewaltigen Baumriesen spenden Schatten und tauchen die Straße ins Zwielicht. Links und rechts stehen gewaltige Anwesen aus einer anderen Zeit. Du gehst weiter die Allee entlang.

Die Straße wird zusehend schlechter, immer mehr Steine fehlen. Die Häuser weisen bereits die ersten Risse im Putz auf und die Statuen wirken uralt. Die meisten Bäume hier sind alt und tragen wenige Blätter. Du gehst weiter die Allee entlang.

Die Häuser sind vernagelt, kalt und unbewohnbar. Die Bäume sind tot und unter deinen Füßen findet sich fast nur noch Kies. Langsam scheinst du dich dem Ende der Straße zu nähern. Du gehst weiter die Allee entlang.

Überall nur noch Ruinen. Die Mauern zeugen von ehemals stattlichen Bauwerken. Die meiste Bäume sind umgestürzt und einige liegen auch auf dem Feldweg. In der Ferne siehst du nur noch Nebel und Mauerrest. Du gehst weiter die Allee entlang.

Es stehen nur noch die Grundmauern alter Gemäuer und der Weg ist kaum zu erkennen. Überall um dich nur noch Verfall und Tod. Warum bist du hier? Was suchst du hier? Wird das alles hier jemals enden? Der dichte Nebel umgibt dich und du gehst weiter die Allee entlang…

Das Krähenfest

Posted in Die Feder on Mai 26th, 2011 by

Schon hat die Heeresschau begonnen,

Seit an Seit stehen sie gegenüber.

Noch trennt ein Feld die Heereshaufen,

Sobald die Nacht vorüber ist,

Wird die Entscheidung fallen müssen.

Kaum einer kann wirklich ruhn,

All überall sieht man die Knechte

Fleißig ihre Arbeiten verrichten.

Die Herren betrachten die andere Seite.

Jeder will das Felde für sich.

Da graut auch schon der Morgen.

Die Knechte sammeln sich um ihre Herrn.

Die Hörner erklingen durch das Tal

Und schon beginnt das Hauen und Stechen.

So furchtbar wie kein Mensch erahnen könnt.

Am Ende nennt der Eine sich Sieger

und schimpft den anderen Verlierer.

Doch die wahren Sieger warten schon.

Zu Hunderten überall im Tal.

Den beim Kampf um Land und Leute,

Machen einzig die Krähen fette Beute.

Unwissenheit

Posted in Die Feder on Mai 13th, 2011 by

Du hattest einen langen Tag im Geschäft, einen wirklich langen Tag. Jetzt sitzt du gerade in der U-Bahnstation und wartest auf deine Bahn. Um dich herum ist der normale Trubel des Feierabendverkehrs, viele Menschen wollen nur noch so schnell es geht nach Hause, während andere sich jetzt erst zur Arbeit aufgemacht haben. Du sitzt erschöpft auf einer Bank und starrst auf die Anzeige, in wenigen Minuten ist die Bahn endlich da und dann nur noch die quälenden Minuten bis du endlich zu Hause bist. Die Bahn fährt ein, endlich kannst du dich mit den anderen Menschen in die Bahn setzen, so weit hast du es ja nicht mehr. Du setzt dich hin und malst dir in Gedanken schon aus, wie du in Ruhe den Tag ausklingen lassen willst. Verdienst hast du es dir heute auf jeden Fall. Ruckelnd setzt sich die U-Bahn in Bewegung, du wunderst dich kurz, wieso der Fahrer so merkwürdig losfährt, aber die die Züge sind ja auch nicht mehr die Neusten. Du starrst aus dem Fenster, die Lampen, die den Tunnel erhellen sollen rauschen an dir vorbei. Bahnhof um Bahnhof zieht an dir herüber, genauso wie so vieles im Großstadtdschungel einfach an einem vorbei zieht. Deine Gedanken machen sich kurz selbstständig, als der Zug plötzlich außerplanmäßig anhält.

Du wirst aus deinen Gedanken gerissen und schaust dich erst einmal um. Die Menschen sitzen ganz ruhig da, schließlich kann so etwas ja durchaus mal vorkommen und auch für dich ist es nicht das erste mal. – Wieso bist du plötzlich so nervös? – Du schaust wieder aus dem Fenster, draußen flackern die Lampen. Du schaust wie zufällig in einen der anderen Tunnel hinein. – Was siehst du da? – Der Tunnel sieht uralt aus, die Träger sind vom Rost verzehrt und auch das Licht wirkt irgendwie anders. In den zahlreichen flackernden Schatten scheinst du Bewegungen wahr zu nehmen.Du schaust dich nochmal nervös in der Bahn um, aber die anderen Menschen sitzen immer noch ruhig da und lesen oder dösen vor sich hin. Da ist etwas, du bist dir ganz sicher, als du genauer hinschaust siehst du im Tunnel tatsächlich einen gewaltigen Schatten lang schlurfen. Er sieht aus wie eine groteske Sammlung aus allem, was in den Tunneln unter der Stadt herumliegt, diverse metallene Gegenstände von Rädern, über Stahlrohre bis zu den Resten eines Kinderwagens. Jetzt siehst du es genauer, es sieht wirklich so aus, als wenn dieses Sammelsurium durch Fleisch zusammengewachsen wäre und nun an einen extrem verzehrten, drei Schritt großen Humanoiden erinnern würde. Du bist entsetzt und gefesselt zugleich. Das Wesen schlurft durch den Tunnel und da siehst du, dass überall die Kadaver von diversen Lebewesen mit dem Wesen verwachsen sind. Auf seinem Rücken siehst du sogar den halb verwachsenen Körper einer Frau. Plötzlich wirst du dir bewusst, dass die leeren Augenhöhlen der Frau dich anzustarren scheinen und dann geschieht das wohl grauenvollste, sie bewegt ihren verzehrten Arm nach oben und zeigt auf dich. – Das Licht flackert, eine Sekunde bist du in völliger Dunkelheit, dein Puls rast, so eine Angst hast du in deinem Leben noch nicht gespürt. Kalter Schweiß steht dir auf der Stirn. Dann wie aus heiterem Himmel hörst du ein hysterischen Lachen das dir in den Ohren widerhallt. Dann ist das Licht wieder da und du siehst weder das Wesen noch den rostigen Tunnel vor dir.

Die U-Bahn setzt sich in Bewegung und aus dem knackenden Lautsprecher ertönt eine Ansage, dass sich die U-Bahngesellschaft für die kurze Verspätung entschuldigt. Dein Puls rast immer noch und schaust dich in der Bahn um, niemand verhält sich merkwürdig, niemand scheint das gesehen zu haben, was du gesehen hast. Du erreichst nach kurzer Fahrt deine Station, steigst aus und rennst förmlich nach draußen. Da wirst du ein wenig ruhiger, jeder Schritt der dich von der U-Bahn weg bringt scheint wie ein Stein zu sein, der dir vom Herzen fällt. Als du endlich daheim bist, nimmst du dir ein Glas Wein und setzt dich auf die Couch. Es war bestimmt alles nur ein böser Traum. Erst als du im Bett liegt und wieder das furchtbare Lachen in deinen Ohren hörst wird dir eins bewusst, das alles war kein Traum, nein was du gesehen hast war die Wahrheit, die ganze nackte Wahrheit. Du bekommst Schweißausbrüche und eine panische Angst packt dich, du wünscht dir nichts weiter, als deine glückliche Unwissenheit zurück!

– Hier wieder eine kleine Kursgeschichte, die ich schon länger im Kopf hatte, sie aber nun endlich auch zu Papier (oder in den Rechner) gebracht habe. Ich freue mich über Anregungen und Kritik

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