Der Rabe

Es ist ein sonniger Sonntag morgen, na ja fast Mittag, aber so genau willst du heute mal nicht sein. Immerhin warst du gestern noch ziemlich lange weg und hast die Nacht zum Tage gemacht, was du dir nach der vergangenen Woche auch mehr als verdient hast. Als erstes setzt du mal einen Kaffee auf und schaltest das Radio ein. Jetzt nur ganz entspannt in den Tag starten, durch die Fenster deiner Wohnung siehst du die Sonne auf die bereits grünen Bäume vor dem Haus scheinen, ja so sollten die meisten Tage beginnen. Als nächstes mal schnell unter die Dusche, auch wenn du noch etwas schlapp bist, an so einem schönen Tag hast du noch so einiges vor.

Nach einer erholsamen Dusche sitzt du mit einer Tasse Kaffee und einem Aufbackbrötchen am Fenster und beginnst deinen Tag zu planen. Auf jeden Fall wolltest du noch raus gehen und die Sonne genießen, wer kann schon sagen, wann wieder so ein schöner Tag ist und schließlich beginnt morgen wieder der alltägliche Trott, da musst du jede Minute auskosten so gut es geht. Aber was ist das? Ein riesiger schwarzer Vogel setzt sich direkt vor dein Fenster auf dem Baum. Merkwürdig, er sieht aus wie eine Krähe, wie sie überall in der Stadt herumfliegen und Abfalleimer plündern, aber dieser ist viel größer. Wieso schaut dich der Vogel jetzt an? Na ja erst holst du dir noch einmal eine Tasse Kaffee auf den Schreck. Du stehst in der Küche und merkst, wie der Vogel dich weiter beobachtet.

Bei deinem Gang aus der Küche scheint dich der Vogel nicht eine Sekunde aus den Augen zu lassen. Dir ist schon etwas mulmig von diesem riesigen Vogel mit seinen schwarzen Knopfaugen angestarrt zu werden. Langsam wirst du neugierig und willst wissen, was das für ein merkwürdiger Vogel ist. So etwas hast du schließlich noch nicht gesehen und Goggle wird es schon wissen. Also machst du schnell den Rechner an und schaust mal, was das Internet zu dem Thema zu sagen hat. Jetzt weißt du es, es handelt sich um einen Raben, genauer gesagt um einen Klokraben, der wohl wegen seiner typischen Laute seinen Namen hat. Da steht aber noch viel mehr, Raben sind wohl an Unglücksbringer, Schicksalsboten und ähnlichem bekannt. Du schaust zu dem Baum vor dem Fenster und da sitzt der Rabe immer noch. Du suchst weiter und verirrst dich immer weiter in die Recherche nach den mysteriösen Rabenvögeln. Immer wenn du vom Bildschirm aufschaust, siehst du ihn dich beobachten und du kannst es dir nicht erklären, aber du bekommst langsam immer mehr Angst vor diesen merkwürdigen Blicken. Irgendwann reicht es dir und du öffnest das Fenster. Der Rabe scheint ganz gelassen auf seinem Baum zu sitzen. Du versuchst ihn zu verscheuchen, ja du schreist ihn regelrecht an, aber er lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Jetzt reicht es dir, du willst dir nichts von so einem blöden Vogel gefallen lassen, du nimmst eine Glasflasche, die in der Nähe steht und wirfst sie nach dem Raben. Dieser stößt sich ab und landet wenige Äste über seiner alten Position, während die Flasche gegen den Stamm fliegt und zu Boden stürzt und dort zersplittert. Immer noch wütend knallst du das Fenster zu und stapfst durch die Wohnung. Was sollst du jetzt nur machen. Der Tag ist schon einige Stunden alt und du hast nichts von dem geschafft, was du dir vorgenommen hast und das nur wegen diesem blöden Vogel da draußen.

Am Ende beschließt du dich doch nicht unterkriegen zu lassen. Es ist nur ein Vogel. Du schnappst dir deine Sachen und gehst hinunter. Nachdem du die Haustür schwungvoll geöffnet hast, rennst du fast nach draußen. Vom Baum ertönt noch ein „kraa, kraa, kraa“, aber das ist dir gleichgültig, du willst nur noch weg hier. Du bist so im Schwund, dass du auf den Glasscherben vor der Tür kurz ein wenig aus dem Tritt kommst und vorwärts stolperst. Plötzlich ist ein Radfahrer, den du wohl übersehen hast, heran und das nächste was du spürst ist ein kräftiger Stoß. Dir wird kurz schwarz vor Augen, aber dann wird dir bewusst, du liegst ausgestreckt mit dem Blick himmelwärts auf dem Radweg vor dem Haus. Du spürst diene Gliedmaßen nicht mehr wirklich und deine Brust ist ein einziger Schmerz. Du starrst unbewusst auf den gewaltigen Raben, der genau über dir im Baum sitzt und du fühlst plötzlich nur noch Angst. Panik übermannt dich, aber du bist unfähig dich zu rühren. Etwas flüssiges läuft dir über dein linkes Auge und du beginnst langsam weg zu driften. Was ist hier bloß geschehen?

Der Rabe schaut sich vom Baum genau an, wie der Mensch aus der Tür rennt und über die Glasscherben stolpert. Sofort ist ein Radfahrer heran und es gibt einen schweren Zusammenprall. Sein Ruf kommt schon zu spät. Es musste ja so kommen, denkt der Rabe nur für sich, aber es muss weiter versucht werden. Das Schicksal darf nicht alleine das Leben aller bestimmen. Er klagt seinen Brüdern und Schwestern sein Leid, stößt sich vom Baum ab und macht sich mit gewaltigen Flügelschlägen auf, dass Schicksal ein weiteres mal heraus zu fordern.

Dies ist nur ein erster Entwurf einer kleinen Kurzgeschichte, die mir im Kopf rumgeisterte und die ich da hinaus bekommen wollte, um  mich wieder auf meine Arbeit konzentrieren zu können :). Kritik ist  gern gesehen und erwünscht.

3 Responses to “Der Rabe”

  1. Anja Says:

    Hallo Manuel,
    bitter-düstere Prokrastination – einfach schön und inspirierend – mach weiter so – ich will mehr lesen!
    Ach ja, weils meine Aufgabe ist: Hast du schon ein Lernprojekt?
    Schöne Ferien,
    Anja

  2. manuel Says:

    Hallo Anja,

    Für interessierte Leser gibt es gerne mehr 🙂

    Mein Lernprojekt soll im weitesten Sinne meine Diplomarbeit sein oder zumindest ein Teilbereich davon. Ich muss gestehen, ich war zwischendurch sehr eingebunden, daher bin ich mit meinen Aufgaben für das Seminar im Rückstand, aber das wird am WE nachgeholt.

    Gruss,

    Manuel

  3. Anja Says:

    Hallo Manuel,
    danke für deine Antwort – IN DEN FERIEN! – Es gibt verscheidene Abschlussarbeitsprojekte – vielleicht ergeben sich da ja interessante Verknüpfungen –
    Rückstand ist ok, schreib noch kurz bitte, wie du im web2.0 bzgl. deiner Diplomarbeit aktiv sein willst … einfach nur Fortschritt dokumentieren per Blog oder noch was Spezielleres?
    Bis dann,
    A nja

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