Leistung wahrnehmen, rückmelden, beurteilen

 

U1.

Die 5. Sitzung der Ringvorlesung „Umgang mit Heterogenität“ behandelte das Thema: Leistung wahrnehmen, rückmelden und beurteilen. Der Einstieg der Vorlesung basierte auf der Annahme, dass Kinder erst einmal neugierig sind, entdecken wollen, dass Kinder handeln und dass Kinder sozusagen von Natur aus etwas „leisten“ wollen. Die notwendige Unterstützung erfahren sie dabei in idealer Weise durch Eltern, aber eben auch durch Lehrkräfte. Die Heterogenität der Lerngruppe äußert sich in dieser „natürlichen“ Form durch Unterschiede in der Intensität, durch die verschiedenen Wege, die der Einzelne beschreitet und durch die vielfältigen Richtungen (vgl. u.a. Speck-Hamdan 2004, S. 56-66), aus denen die Individuen einer Lerngruppe immer kommen.

So wird weiter der Begriff Leisten nach Weinert (1996) als eine „Überführung von Potenzialen in Kompetenzen durch Eigentätigkeit verstanden“. Oder nach Ofenbach (2003) als „die Förderung und die Entwicklung von Leistung, im Gegensatz zur Fokussierung auf das Korrekte in Vergleichsstudien, wie z.B. PISA und VERA“ (vgl. Ofenbach 2003S. 395) Desweiteren wurde in der Vorlesung leistungsbedingte Heterogenität  nach Wenning (2007), als Unterschied in der Geschwindigkeit, der Fähigkeit oder der Bereitschaft und im Abschluss ersichtlich durch abweichende  Ergebnisse ( Wenning 2007 S. 25) beschrieben.

Nach Berücksichtigung vieler Bedingungen, die auf die Entwicklung schulischer Leistungen wirken, wie der sozioökonomische Status der Familie also das Elternhaus/ die Eltern, das Geschlecht, die Sprache aber auch einfach die Motivation der einzelnen SuS, sind selbstverständlich auch die Bedingungen in der Schule auf struktureller wie personeller Ebene (Kompetenzen, Wissen, Haltung) entscheidend für den schulischen Bildungserfolg  jedes  SuS. Allerdings ist der Anteil des Einflusses der einzelnen Lehrperson geringer (20-25%) als erwartet und wirklich erfolgreich scheint somit nur eine Beteiligung aller am Unterrichtsprozess Beteiligter, also gleichermaßen Lernende, Lehrpersonen, Erzieherinnen und Erzieher und Eltern (vgl. Zierer 2015 S. 25)

U 2

Grundsätzlich scheint bei der Leistungswahrnehmung, rückmeldung und –beurteilung vor allem eine sensible, respektvolle Rückmeldung und Beurteilung in der Praxis die größte Herausforderung darzustellen. Grundsätzlich ist die Wahrnehmung von Leistung weder vermeidbar noch unangenehm. Bei der Rückmeldung/ Beurteilung gibt es aber vor allem das Problem, dass negative Rückmeldungen über mangelhafte Kompetenzen, eine Demotivation auf Seiten der SuS bewirken können. Wer vor allem im Vergleich mit anderen seinen eigene Leistung als minderwertig erfährt/ empfindet, möchte irgendwann vielleicht nicht mehr „leisten“ und schon gar nicht bewertet werden. Zusätzlich ergibt sich in der Praxis eine Gefahr der Zuschreibung bestimmter Erwartungen an bestimmte SuS. Somit droht die Identifizierung also eine bestimmte Leistungserwartung, die auf vorhergehende Leistungswahrnehmung folgt letztlich zur Festlegung, zur Etikettierung zu werden und kann in Diskriminierung umschlagen (vgl. Prengel 2003, S. 28)

U3 In welcher konkreten Form bekommen die SuS Leistungsrückmeldungen von der Lehrkraft? Inwiefern gibt die Leistungsrückmeldung (des KompoLei-Modells) den Kindern konkrete Informationen über ihre individuellen Entwicklungsmöglichkeiten?

U4

Es scheint einer der zentralen Widersprüche (Antinomie) der Schule bzw. des Lehrerseins und im besonderen vielleicht der inklusiven Didaktik zu sein, dass das Bildungssystem eine selektierende Funktion hat und Lehrkräfte somit aufgefordert sind, durch eine Leistungsbeurteilung, die durch die Regelstandards zusätzlich in besonderem Maße gefordert wird, die SuS zu selektieren. Durch die Beurteilung der Lehrkraft erfolgt eine  Richtungsweisung, die SuS den verschiedenen weiterführenden Schulen zu zuordnen. Dies stellt eine Spannung zwischen homogenisierter Gleichbehandlung und individualisierender Differenzierung (Differenzierungsantinomie) dar. (vgl. Helsper 2002). Gleichzeitig soll  im Sinne der Inklusion eine Heterogenität akzeptiert und gelebt werden, die eine Selektion  in dieser Form eigentlich ausschließt. Es scheint als läge in diesem Widerspruch vielleicht auch die zwangsläufig entstehende Problematik bei der Umsetzung von Inklusion, weil zwei schwer vereinbare Perspektiven aufeinandertreffen und die gesellschaftliche Sicht noch uneindeutig scheint.

 

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert