Posted on September 15, 2019
Am 13.9.2019 fand der 10. Experimentierworkshop zu Aufstellungen an der Universität Bremen statt. Zusammen mit 20 Teilnehmer/innen aus vielen verschiedenen Kontexten gestalten wir in diesen Experimentierworkshops gemeinsame Räume des Miteinander-Ausprobieren, des gemeinsamen Reflektierens und des Findes neuer Bilder durch Aufstellungen. In unseren #Erkundungsaufstellungen suchen wir das Andere, das Neue und reflektieren es gleich mit unseren Wissensbeständen und Erfahrungen aus den verschiedenen Kontexten, aus denen wir kommen. Dabei stellt sich immer wieder heraus, dass die Fähigkeit sehr unterschiedlich ist, die Aufstellungsbilder zu deuten und die sich darin zeigende Komplexität zu sehen. Aber der wertschätzende Raum, den wir gemeinsam zwischen Wissenschaft und Praxis aufmachen, führt fast alle immer wieder in die Bereitschaft, die #Komplexitätliebenlernen. Wie sieht das genau aus?
Lassen wir uns in unseren Glaubenssätzen über Glaubenssätze irritieren? Die meisten Berater/innen arbeiten mit dem Glaubenssatz, dass förderliche Glaubenssätze eine Eigenschaft haben, uns wachsen zu lassen – sonst würden sie auch nicht so heißen. Und ein weiterer Glaubenssatz lautet, dass auch Organisationen Glaubenssätze habe. Lässt sich das Konzept der Glaubenssätze einfach vom Menschen auf Organisationen übertragen? Wir haben dazu eine Aufstellung gemacht, in der wir auf dem Boden vier Felder markiert haben: das Feld der realen Glaubenssätze in ihrer Mischung aus fördernden und hemmenden Glaubenssätze, wie wir sie im Alltag mit uns herumtragen; das Feld der reinen fördernden Glaubenssätze; das Feld der reinen hemmenden Glaubenssätze; das Feld ohne jegliche Glaubenssätze. Die Aufstellung haben wir doppelt verdeckt durchgeführt, die beiden Stellvertreter/innen wussten nicht, um was es geht und wen sie repräsentierten.
Der eine Stellvertreter repräsentierte das Individuum, die andere Stellvertreterin repräsentierte die Institution. Beide haben wir gebeten, nacheinander die Felder zu besuchen und ihre Wahrnehmung zuschildern. Was haben sie uns berichtet? Das Inviduum konnte sehr schnell feststellen, dass das Feld der fördernden Glaubenssätze sehr angenehm war, das Feld der hemmenden Glaubenssätze sehr schwer auszuhalten war und das Feld ohne Glaubenssätze einen deutlichen Druck auf der Brust bewirkte – es war nicht so angenehm auszuhalten. Die Institution konnte sich frei über alle Felder bewegen, nahm keine signifikanten Unterschiede wahr und fand tatsächlich das Feld ohne Glaubenssätze als potenzialorientiert. Hier konnte sie sich entwickeln. Und wenn beide Stellvertreter/innen gemeinsam im Bild unterwegs waren, kamen sie nicht auf die Idee, sich gemeinsam in einem Feld aufzuhalten. Sie suchten eher polare Positionen: wenn das Individuum im Feld der fördernden Glaubenssätze stand, blieb die Institution im Feld der hemmenden Glaubensätze und umgekehrt. Es entstand der Eindruck, als wenn Menschen mit hemmenden Glaubensssätzen sich von Institutionen lenken lassen, Menschen mit fördernden Glaubenssätzen sich weniger von Institutionen lenken ließen. Das ist vielleicht keine neue Hypothese, aber eine plausible.
Irritationen führen dazu, dass ich Glaubenssätze ändern können. Und die Aufstellung zeigte das Bild, dass Institutionen nicht gut unterscheiden konnten zwischen hemmenden und fördernden Glaubenssätzen. Die Institution huschte über die Felder und fühlte sich energetisiert durch die Unterschiede, die sie aber nicht beschreiben konnten. Was erzeugt diese Energie? Vielleicht arbeitet die Institutionslogik, nämlich Zwecke durch koordinierendes Verhalten von Menschen zu erreichen, mit einer Polarität? Und in dem Moment, in dem sich die verschiedenen Kräfte neutralisieren und ein Raum ohne Glaubenssätze entsteht, ist Entwicklung möglich. Nachdem die Stellvertreterin für die Institution sich im Raum ohne Glaubenssätze entwickeln konnte, bekam sie einen größeren Blick auf das Ganze. Sie nannte es einen Zustand der intensiven Liebe. Und schon waren wir wieder von einer Situation umgeben, in der Komplexität und Liebe auf einer Bühne zusammen standen. Vielleicht es ja wirklich der richtige Weg: #Komplexitätliebenlernen