1. Benennen Sie die für Sie zentralsten theoretischen Erkenntnisse, die Sie aus den Vorträgen der Ringvorlesung für sich mitgenommen haben. Nehmen Sie dabei konkret Bezug auf a.) fachdidaktische Aspekte, indem Sie Erkenntnisse auf die Didaktiken ihrer eigenen beiden Fächer beziehen und b.) zwei generelle erziehungswissenschaftliche Erkenntnisse zu Schule und Unterricht mit Bezug zu den relevanten Quellen benennen.

Eines meiner Fächer, die ich später studiere, ist Deutsch, wo mir die Vorlesung „Erlesene Geschlechter“ von E. Hollerweger einige theoretische Erkenntnisse vermitteln konnte.
Die soziale Herkunft, der kultureller Hintergrund und das Geschlecht des Kindes spielen bei der Lesesozialisation eine große Rolle.
Die hier dargestellten Ansatzpunkte eines gendersensiblen (Literatur-) Unterrichts könnten zum Beispiel die Kompetenzziele und -messung (Literarische Kompetenz und Lesekompetenz), die Lerngegenstände oder Lesestoffe, der Vermittler oder die Vermittlerin und natürlich der Adressat oder die Adressatin sein.
Beim Ergründen der Genderdimensionen der Literaturvermittlung wurde deutlich, dass der Vermittler oder die Vermittlerin eine entscheidende Rolle spielt: Zum einen besitz er oder sie eine Vorbildwirkung: Eine weiblich geprägte Lesesozialisation kann zur Wahrnehmung von Lesen als einer weiblichen Kulturpraxis führen. (Schmitt-Rößer 2011).
Wird den Schülerinnen und Schülern also nur von Lehrerinnen vorgelesen, kann es passieren, dass sich männliche Schüler weniger für das Lesen interessieren oder begeistern können, weil sie damit etwas weibliches assoziiere, bewusst oder unbewusst.
Auch die Lektüreauswahl spielt eine große Rolle: Eine weiblich geprägte Lektüreauswahl kann sich auf die literarischen Identifikationsangebote für Jungen auswirken, da diese ein anderes Interessengebiet teilen.
Und Studien bewiesen: „Bücher sind ein fester Bestandteil des Medienalltags der Kinder beider Geschlechter. […] Mädchen zählen mit 58 Prozent deutlich häufiger zu den regelmäßigen Lesern als Jungen (43%).“ (KIM 2018, S. 82)
Dies kann gravierende Konsequenzen für die Praxis haben, um dem entgegenzuwirken sollte man männliche Kollegen, Väter, Autoren oder Lesepaten in die Klassen einbeziehen, um eine Vielfalt an Lesevorbildern zu ermöglichen.
Es besteht auch die Möglichkeit, Fortbildungen für pädagogische Fachkräfte und Lehrkräfte zu etablieren, um aktuelle gendersensible Lektüreauswahl zu gewährleisten.
Des weiteren ist es natürlich von Vorteil, Jungen und Mädchen an der Auswahl der Klassenlektüre zu beteiligen, um Interessen beider Geschlechter zu berücksichtigen.
Außerdem sollte die Lehrkraft übergeneralisierende Allgemeinplätze kritisch und mit Bezugnahme auf Studienergebnisse hinterfragen, um keine Klischees zu reproduzieren.
Im Allgemeinen sollte man versuchen, unterschiedliche Textsorten in den Unterricht einzubeziehen, um das informierende als auch das literarische Lesen gleichermaßen zu fördern und natürlich die thematische Präferenzen der Kinder bei der Lektüreauswahl  berücksichtigen, um an ihre Interessen anzuknüpfen UND ihren Erfahrungshorizont zu erweitern.
Zumindest konnte ich für das Fach Deutsch sehr viel davon für mich persönlich mitnehmen und da ich finde, die anderen Fächer lassen sich nicht besonders gut auf das Fach Kunst übertragen, bin ich der Meinung, dass, wenn Lesen eher weiblich konnotiert ist, auch Kunst in unserer Gesellschaft eher mit etwas weiblichem assoziiert wird.
Die Lebenswelt der Kinder wird auch hier vermutlich eher von bastelnden Mädchen oder Frauen geprägt sein.
Und das erweckt in den Kindern einen falschen Eindruck.
Nur, weil Mädchen in dem Alter sehr gerne malen, basteln, zeichnen und sich oft ruhig und intensiv konzentriert auseinandersetzen, bedeutet das nicht, dass Jungen dazu nicht auch in der Lage sind.
Bezogen auf die Vorlesung könnte man auch hier versuchen, mehr männliche Vorbilder miteinzubringen, Bastellabende mit Vätern in der Elternarbeit zu integrieren.

Welche Faktoren zum schulischen Umgang mit Heterogenität (z.B. Unterrichtsformen, Schulformen, schulstrukturelle Fragen, schulkulturelle Aspekte), die Sie in der Vorlesung kennengelernt haben, prägen in Ihrer Wahrnehmung aus eigenen Praxiserfahrungen (eigene Schulzeit, Praktika, Berichte aus der Praxis) den Schulalltag besonders stark – und warum? An welcher Stelle könnten Sie einzelne der unter 1 genannten Erkenntnisse zur Erklärung heranziehen?

Besonders interessant dazu fand ich das Thema Mehrsprachigkeit als Ausgangspunkt und Ziel schulischer Bildung in der Primarstufe von Andrea Daase. Die Immigration nach Deutschland ist ein stabiles Phänomen und die Auswirkungen, die damit einhergehen, sind Aspekte, die wir auch nach unserer abgeschlossenen Berufsausbildung immer berücksichtigen müssen. Der Einfluss des Migrationshintergrundes auf den Bildungserfolg widerspricht dem
Ideal der Bildungsgerechtigkeit, was besonders an Bremen immer deutlicher wird. Der Sprachgebrauch der Schule unterscheidet sich vom alltagssprachlichen Gebrauch, was man nie vergessen sollte, denn hier kommen einige Schüler und Schülerinnen mit DaZ zum ersten Mal in der Schule mit in Verbindung. Die spezifischen Charakteristika des schulischen Sprachgebrauchs werden nicht unterrichtet, was es für bestimmte Schüler und Schülerinnen sehr schwierig macht. Die lebensweltliche Mehrsprachigkeit oder die sprachliche Heterogenität wirkt sich zwangsläufig auf die Unterrichtsgestaltung aus, was die Schulstruktur maßgeblich beeinflussen kann.
Die sprachlichen Leistungen von Schülerinnen und Schülern beeinflussen Lehrende in ihrer Beurteilung.

Die Vorlesung mit dem Thema Fokus: Soziokulturelle Heterogenität – Erziehungswissenschaftliche Perspektiven von Christoph Fantini fand ich ebenfalls sehr einleuchtend.
Der sozio-kulturelle Faktor prägt meiner Erfahrung nach sehr den schulischen Alltag.
Schon wenn wir Studierenden ein Praktikum an einer Schule machen, sagt der Stadtteil schon viel über die Schülerinnen und Schüler aus.
Ich finde es sehr schwer, die Heterogenität der Kinder in einer Klasse anzuerkennen und damit die Schwere zwischen arm und reich in Verbindung zu bringen, denn wir als Lehrer sollen die Heterogenität der Kinder zwar akzeptieren, arbeiten aber auf eine gewissen Heterogenität des Lernstandes hin jedes einzelnen Kindes hin, was es sehr problematisch macht, „die Herde zusammen zu halten“.
Die Herausforderung besteht darin, dass hier die Heterogenität produktiv genutzt wird und die Stärksten die Schwächsten unterstützen.

Zu welchen zwei erziehungswissenschaftlichen Fragestellungen, die Sie in der Vorlesung kennengelernt haben, würden Sie gerne mehr erfahren im weiteren Studium im Bezug auf das Modulthema BAUMHET. Bitte begründen Sie Ihre Wahl?

Ich würde mich gern mit der Fragestellung befassen, wie mit sozio-kultureller Heterogenität in der Praxis umgegangen wird, beispielsweise an einer Grundschule in einem sozialen Brennpunkt. Ich bin neugierig zu erfahren, ob meine persönlichen Ansichten dort von den Lehrkräften ebenfalls vertreten werde oder ob es Unterschiede gibt. Außerdem interessiert mich brennend, wie die Lehrkräfte dort mit Problemen oder Unstimmigkeiten umgehen und wie sie Konflikte der Schülerinnen und Schüler lösen oder damit umgehen.

Ich glaube, dass genau das auch für mich eine große Herausforderung darstellen wir und ich freue mich in Zukunft von anderen lernen zu können, um mich damit näher zu befassen.

Meine zweite Fragestellung befasst sich mit Elternarbeit, wobei kulturelle, gesellschaftliche, politische, soziale Unterschiede eine große Rolle spielt.
Bereits im ersten Semester hatten wir ein Seminar zu Elternarbeit, aber im Hinblick auf die Heterogenität einer Schülerschaft ist dementsprechend auch die Elternschaft heterogen und dies muss man akzeptieren und als Stärke anerkennen. Schwierig wird es hier aber, wenn man mit Eltern zu arbeiten versucht, die sich systematisch von Klasse 1 an den Elternabenden entziehen, an schulischen Veranstaltungen nie teilnehmen und auch sonst jeglichen Kontakt vermeiden wollen. Elternarbeit hat einen großen Stellenwert und es ist immer sinnvoll, mit diesen in Kontakt zu stehen.

Welche in den Vorlesungseinheiten von BAUMHET thematisierten Problematiken/Aspekte sehen Sie für sich persönlich als besondere Herausforderung? Wie könnten Sie sich, im Uni-Kontext oder auch darüber hinaus, auf diese Herausforderungen vorbereiten?

In den Vorlesungseinheiten von BAUMHET wurden einige Problematiken thematisiert, mit denen sich jeder werdende Lehrer und jede werdende Lehrerin früher oder später auseinandersetzen muss.
Zum einen stellen wir uns der Herausforderung, sehr verschiedene Kinder mit unterschiedlichen Stärken und Schwächen zu unterrichten, die wir jedoch nach dem selben Prinzip fair bewerten sollen.
Hierbei stehen Lehrkräfte unter einem erhöhten Entscheidungsdruck und einer Begründungsverpflichtung. Dabei dürfen Lehrkräfte aber nicht ihre unterbewussten Vorurteile miteinfließen lassen, auch das ist leichter gesagt, als getan.
In Zeiten starker kultureller Transformation und starker Wandlungsprozesse wird diese Antinomie manifest.
Vorlesungseinheiten von BAUMHET haben mir klar gemacht, dass in der Theorie vieles einfacher klingt, als in der Praxis.
Besonders in Bezug auf Inklusion befinden wir uns in einer Entwicklungsphase, die schwer umsetzbar ist, weil oft Ressourcen fehlen oder einige Ansätze nicht immer umsetzbar sind.
Gerade auch, wenn man berücksichtigt, dass Kinder mit DaZ dem Unterricht nicht immer folgen können, dies aber für die Kinder dennoch die allerbeste Möglichkeit ist, Deutsch zu lernen.
Dadurch können Lehrkräfte gar nicht alle gleich behandeln, das ist unmöglich, denn die Leistung eines Kindes, dass fließend Deutsch spricht, weil deutsch die Muttersprache ist, kann nicht nach den gleichen Kriterien bewertet werden, wie ein Kind mit DaZ oder DaF, das es allein durch die sprachlichen Bedingungen sehr viel schwerer hat oder haben kann.
Tatsächlich kann man hier keine Schülerinnen und Schüler nach Kriterien sortieren oder in Schibladen stecken, nicht einmal das Bewerten der Kinder macht Sinn.
Wir können versuchen uns in der Theorie das rauszusuchen, was uns hilft und diesen Prozess positiv fördert, aber wenn jemand, der von der Praxis keine Ahnung hat, in der Theorie bestimmte Dinge auf die Praxis zu beziehen, muss das nicht immer von Erfolg gekrönt sein, auch wenn es ein Versuch war.
Wichtig ist, dass Theorie und Praxis hier miteinander verbunden bleiben und beides voneinander lernen kann, um das System so weiter entwickeln zu können.
Wir Lehrer und Lehrerinnen sind keine Maschinen, Lehrerhandeln ist nicht technologisierbar.
Natürlich spielen die neuen Medien eine große Rolle, doch ein Tablet wird nicht das Schreibenlernen per Hand ablösen können.
Gerade in Bezug auf den Umgang mit Kindern besteht immer die Gefahr, in unzulässiger Typisierung dem Einzelfall nicht gerecht zu werden.
Wir dürfen Kinder, die wir nicht als klug einschätzen, nicht unterfordern.
Kinder, die wir für begabt halten, dürfen wir auch nicht überfordern.
Gerade wenn man als Lehrkraft in eine Routine verfällt, die Sicherheit mit sich bringen kann, was zum professionellen handeln beiträgt, darf man seine Skepsis gegenüber dieser Routine nicht verlierenund muss das eigene Handeln hinterfragen.
Mit einer heterogenen Gruppe hat man natürlich eine gewisse Unsicherheit, eine Ungewissheit. Es gibt kein festes Lösungsrezept, keine Erfolgsgarantie für einen perfekten Unterricht, weil dies von den einzelnen Kindern aus immer unterschiedlich ist.
Die Vorlesung hat gezeigt, wie schwer es sein kann, sich auch auf die Fremde einzulassen, denn als Lehrperson kann man mit dem eigenen Denken nicht immer auf das kindliche Denken rückschließen.
Bestimmte kulturell geprägte Merkmale kennen wir möglicherweise nicht und darauf muss man vorbereitet sein.
Erschwerend kommt hinzu, dass man natürlich mit der Klasse ein Team bildet und sich respektvoll verhält, aber auch eine Vorbildfunktion hat und sich in vielen Situation dominant verhält und durchsetzen können muss.
Hier kann es schwierig werden, Kinder in der Schule für etwas bestrafen zu müssen, wenn sie sich dessen nicht wirklich bewusst sind oder sich nicht schuldig fühlen, diese Konditionierung, die hier in der Vorlesung angesprochen wurde, funktioniert nicht immer, wenn sich die Regeln in der Schule und die Regeln, die zu Hause bei den Kindern gelten, sehr stark unterscheiden, es kann zu einer kognitiven Dissonanz führen, bei der die Kinder sich vielleicht mit Glück an die Regeln halten, aber gar nicht verstehen oder verstehen können, warum es diese Regeln gibt und warum sie hier mal gelten, da mal nicht.
Auch für die Kinder ist das nicht leicht, da sich der Lehrkraft unterordnen müssen und wahrscheinlich nicht bewusst wissen, warum das der Fall ist.

Gerade in dieser Interaktionssituation ist die Herstellung von Vertrauen schwierig.
In vielen Kulturen ist außerdem das Verhältnis von Nähe und Distanz zu anderen Menschen, das ist in der Schule anders.
Besonders die Differenzierungsantinomie greift hier oft: die Spannung zwischen homogenisierter Gleichbehandlung aller und der Notwendigkeit, zwischen der Schülergruppe und einzelnen Schülern differenzieren zu müssen.
Nicht alle Schülerinnen und Schüler verfügen über gleiche Bildungschancen, was es für die Lehrperson schwer machen kann, alle Kinder auf die Weise zu fördern, wie sie es verdient haben.