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Heterogenität in der Schule RV03

  1. Bei der Veranstaltung zur Sprachenwahl für die 2. Fremdsprache sind Sie als Klassenlehrer einer 5. Klasse anwesend und stellen fest, dass die FS-Kolleg*innen in ihrer Präsentation für die Eltern auf Stereotypen zurückgegriffen haben. Äußern Sie sich den Kolleg*innen kritisch gegenüber und verweisen Sie dabei auf das Byram Modell.

Liebe FS-Kolle*innen,

ich finde Ihre Präsentation basiert auf vielen wissenswertenden Informationen. Mir ist jedoch aufgefallen, dass wir bei der Vorstellung von fremden Kulturen doch etwas vorsichtiger und reflektierter sein sollten. Wie Sie wissen, sind Kulturen seit den 1990er Jahren immer ein Lerngegenstand im Unterricht, wobei der bewusste Umgang mit diesen eine wichtige Rolle spielt. Ich würde Sie gerne darauf hinweisen, dass das Erlernen einer Sprache viel mehr mit sich bringt, als der bloße Umgang mit dieser. Ich möchte Ihnen meine Bedenken anhand des Byram Modells erläutern. Die hier wichtig zu berücksichtigende interkulturelle Kompetenz ist breit gefächert und thematisiert neben der linguistischen Kompetenz auch die soziolinguistische Kompetenz, also woher ich zum Beispiel weiß was die Jugendsprache ist oder auch die Diskurs Kompetenz, also das Erlernen übersprachlicher Kompetenzen. Die Präsentation könnte aufgrund der vorhandenen Stereotypen und Vorurteilen den Einheimischen, die auch durchaus in dieser 5. Klasse vertreten sein könnten, zu Nahe treten. Die vorgestellten Stereotypen, werden vom Unterricht möglicherweise auch weiter nach außen, beispielsweise zu den Eltern der Schüler*innen geleitet und könnten dazu führen, dass auch eine außenstehende Person sich persönlich angegriffen fühlt. Ich empfinde es insgesamt als nicht sinnvoll den Kindern in der 5. Klasse Stereotypen vorzusetzen, die in der Praxis meistens gar nicht mit dem übermittelten Bild übereinstimmen. Mein Lösungsvorschlag: Wie wäre es, wenn sich die Schüler*innen eigene Vorstellungen zu dem jeweiligen Land überlegen, ohne wie es hier in der Präsentation geschieht sie zu werten, beziehungsweise als richtig oder falsch zu betiteln? Vielleicht hat der einzelne Schüler*in ja auch schon innerhalb des außerschulischen Lernortes Berührungspunkte mit anderen Ländern und Sprachen sammeln dürfen. Meines Erachtens liegt der entscheidende Punkt bei der Betrachtung fremder Länder darin, sich zu hinterfragen, wie ich selbst zu dieser fremden Kultur und zu meiner selbst stehe? Möchte ich beispielsweise, dass über meine eigene Kultur Stereotype erschaffen werden?

Über Antworten und Problemlösungen Ihrerseits würde ich mich äußerst freuen!

Mit freundlichen Grüßen

Ihre Kollegin

  1. Erinnern Sie, welche kulturellen Inhalte Bestandteil ihres Fremdsprachenunterrichts in der Schule gewesen sind und mit welchem Ziel diese behandelt worden sind. Stellen Sie dabei den Konnex zu der heutigen Sitzung.

Ich durfte in der Schule die Fremdsprache Französisch erlernen. Neben unseren jährlichen Schüleraustausch mit der Partnerstadt Coulaine, wurde jedes Jahr ein Drei-Nationen-Camp organisiert. Hier trafen die drei Nationen Lettland, Frankreich und Deutschland aufeinander. Der Standort des Camps wechselte jährlich, sodass man jedes Jahr einen neuen Einblick in die Kulturen von Lettland, Frankreich und Deutschland erhielt. Das Camp hatte einen Abschlussabend zum Ziel, bei dem wir alle in multikulturelle Gruppen eingeteilt wurden. Jede Gruppe sollte etwas zum Abschlussabend beitragen, sei es ein Lied oder ein Tanz. Als das Camp in Frankreich oder Lettland war, habe ich es als sehr hilfreich empfunden, dass einem durch Ausflüge zum Beispiel die jeweilige Kultur näher gebracht wurde. Man war dazu gezwungen sich mitzuteilen und die jeweilige Sprache anzuwenden. Als das Camp in Deutschland stattgefunden hat, konnte man im Gegenzug den Letten*innen und Franzosen*innen seine Kultur durch Ausflüge oder das gemeinsame erledigen von Aufgaben für den Abschlussabend, näher bringen. Ich habe das Drei-Nationen-Camp sehr positiv in Erinnerung, da man dazu angeleitet wurde alle drei Kompetenzen anzuwenden. Ich habe verstanden, weshalb es zum Beispiel wichtig ist, soziolinguistische Kompetenzen zu haben. Ich konnte aufgrund der soziolinguistischen Kompetenzen die Jugendsprache der Letten*innen und Franzosen*innen verstehen und vertiefen. Zudem hat man in der Praxis erfahren, weshalb ich die Fähigkeit zum Lernen, den Willen zum Lernen, zum Verstehen und Nachzuvollziehen und das Wissen an sich überhaupt gebrauche und erlerne.

  1. Formulieren Sie eine kurze Aufgabenstellung in einem Ihrer Fächer, die zu einer fachübergreifenden Projektarbeit zum „Coronavirus“ als kulturelles Phänomen passen würde.

Im Religionsunterricht würde ich folgende Fragestellung formulieren:

Teilt euch in zwei Gruppen und diskutiert ob Covid-19 auch in zukünftigen Gottesdiensten/ Predigen ein Thema sein sollte? und wie man dieses Thema trotz Ausgangssperren und Kontaktverboten innerhalb der Kirchen /Moscheen realisieren könnte?

Die eine Gruppe zeigt bitte Pro-, die andere Kontra-Argumente auf, sodass die Aufgabe an eine Diskussion anknüpft. Zum Schluss soll die letztere Frage im Plenum gemeinsam diskutiert werden.

  1. Gerade in der Behandlung von Kultur(en) und Gesellschaft(en) im Fremdsprachenunterricht kann die im Klassenraum vorhandene Heterogenität einbezogen werden. Wie bewegen Sie diese Schülerinnen und Schüler dazu, ihr Vorwissen und ihre Kompetenz einfließen zu lassen?

Ich würde als Lehrkraft die Klasse durch ein Zufallsprinzip in Gruppen einteilen. Jede Gruppe erhält eine zufällig ausgewählte Abbildung, die jeweils eine andere Flagge eines Landes aufzeigt. Auf den jeweiligen Gruppentisch würde ich Karteikarten auslegen, die dann von dem/der jeweiligen Schüler*in beschrieben werden kann. Das Beschreiben der Karteikarten ist kein muss, sondern ist freiwillig. Bei der Entscheidung einer Ausführung, soll anonym die erste Assoziation mit dem Land auf die Karteikarte geschrieben werden. Danach geht man im Uhrzeigersinn zum nächsten Tisch und wiederholt den Vorgang mit dem neu zugeteilten Land. Wenn alle Schüler*innen einmal rotiert sind, würde ich alle Schüler*innen dazu einladen sich die Ergebnisse der Klasse anzuschauen. Damit hier keine Spannungen auftreten, würde ich vorher als Lehrkraft darauf hinweisen, dass es bei dieser Aufgabenstellung kein richtig oder falsch gibt und es für eine genauere Betrachtung einer Kultur noch viel mehr brauche, als das bloße Aufzeigen von ersten Assoziationen. Die Aufgabe soll lediglich erste Einblicke in die Kultur geben und wird zukünftig im Unterricht konkretisiert und erweitert. Durch das anonyme Antasten an Kulturen und Gesellschaften, kann man gezielt das Vorwissen und die Kompetenzen der Schüler*innen einfließen lassen, ohne das Aufkommen von Heterogenität und die damit verbundene Gruppen- oder Individuen-Bildung zu thematisieren und in die Stereotypenfalle zu tappen.