Mein leben lang hatte ich Kontakt zu Menschen mit Alzheimer. Das kam einerseits dadurch, dass meine Mutter schon immer als Altenpflegerin gearbeitet hat und ich oft als Kind auf ihren Arbeitsstellen mitgeholfen habe. Ich habe mit Alzheimer Patient:innen gemalt, gesungen oder gegessen. Andererseits bekam mein eigener Opa im Jahr 2008 die Nachricht, dass er eine sehr schwere Form von Demenz hat. Dadurch wurde ich auch selbst in meinem eigenen Zuhause mit dem Thema konfrontiert.
Dadurch, dass seine Demenz sehr viel schneller fortgeschritten ist, als bei den meisten Menschen, habe ich den stetigen Verlauf, der normalerweise sehr langsam voran geht, sehr viel besser wahrnehmen können. Bei ihm und auch anderen Menschen mit Alzheimer ist mir immer wieder aufgefallen, dass sie zwar ihre kognitiven Fähigkeiten verlieren, eventuell ihre Familie nicht mehr erkennen und sämtliche Erinnerung verloren haben, aber trotzdem das Musikalische Langzeitgedächtnis verschont bleibt. Bis heute ist leider nicht ganz erforscht, woran es liegt, dass das Musikalische Langzeitgedächtnis so gut in Takt bleibt.
Sobald man anfing, im Altenheim alte Lieder zu spielen, veränderte sich die Stimmung drastisch ins positive und die Menschen fingen an, sich an die Stücke zu erinnern und mitzusingen. Auch meinen Opa konnten wir vor einem Klavier setzen und er fing an, Lieder zu spielen, die er schon seit Jahrzehnten nicht mehr gespielt hatte.
Oft gelingt es Alzheimerpatient:innen durch Musik, wieder an Emotionen und Erinnerungen anzuknüpfen. Das faszinierte mich als Kind sehr. Auch für mich und meine Familie war es sehr schön zu sehen, was Musik in Menschen auslösen kann und dass es nicht nur etwas ist, was schön anzuhören ist. In Musik stecken so viele Erinnerungen und Emotionen, die durch andere Dinge kaum hervorgebracht werden können. Dadurch hat für mich Musik bis heute für eine ganz besondere Bedeutung.