Fragestellung zum 12.06.
Sprache (sowohl der mündliche als auch der schriftliche Ausdruck) ist die Visitenkarte eines Menschen.
Was meinen Sie, was ist primär: Sprache oder Denken? Spricht man, wie man denkt oder denkt man, wie man spricht?
Die Frage, ob die Sprache das Denken oder das Denken die Sprache beeinflusst, ist in etwa vergleichbar mit der Frage, was zuerst dagewesen sei: Das Huhn oder doch das Ei?
Um sie dennoch einigermaßen adäquat beantworten zu können, habe ich mir Gedanken gemacht, wie ich selber spreche. Wie vermutlich jeder, bemühe ich mich im universitären Rahmen, mich einer möglichst hocheloquenten Sprache zu bedienen. Hier sei auch erwähnt, dass ich nicht auf die Idee käme, in der privaten Kommunikation das Wort „eloquent“ zu benutzen. Dies ist zumindest ein Indiz dafür, dass das Denken die Sprache beeinflusst – auch wenn sich „das Denken“ zunächst einmal nur auf das Erkennen des Rahmens bezieht – eben universitär oder privat.
Ich denke, einen guten Zugang zu der Frage bietet die Analyse von politischer Sprache.
Hier sei beispielsweise das Gendern als eher linkes Element von Sprache genannt, auch wenn es lediglich zur Veranschaulichung in der Schriftsprache dient. Bedient sich der oder die Eine des generischen Maskulinums, um eine Gruppe von Menschen zu bestimmen – bspw. „Studenten“ – kann der oder die Andere hier schon eine latente und strukturelle Diskriminierung an Frauen und Transgendern wittern, denn es müsse doch „die Student_innen“ oder allermindestens „die Studierenden“ lauten. In diesem Kontext wird also deutlich, dass tatsächlich das Denken die Sprache beeinflusst, denn die „genderneutrale Schreibweise“ ist explizit mit politischem Hintergrund konzipiert. Macht man sich allerdings das Ziel dessen bewusst, also letztendlich einerseits die Unterscheidung zwischen Sex und Gender, andererseits die Etablierung diskriminierungsfreier Sprache, so wird anscheinend auch davon ausgegangen, dass Sprache auch das Denken beeinflusst.
Letztendlich denke ich, dass sowohl das Denken die Sprache beeinflusst als auch die Sprache das Denken. Dennoch denke ich, dass es einen Unterschied gibt: Während der Einzelne spricht, wie er denkt, beeinflusst das Sprechen von vielen das Denken des Einzelnen. Was meint ihr?
rv08
Leave a Reply