Die Entwicklung der Sprachverteilung in ESC-Beiträgen

Auf unserem Poster haben wir die Entwicklung der Sprachverteilung in ESC-Beiträgen in zehn Jahres-Etappen abgebildet. Dies dient der übersichtlichen Abbildung unserer Ergebnisse. Im Zuge unserer Datenerhebung haben wir uns diese Entwicklung auch noch einmal in Form von fünf Jahres-Etappen angeschaut, um detaillierte Analysen betreiben zu können. Die daraus resultierenden Graphen sind hier aufgeführt.

Deutschland

Abb. 1 zeigt, dass selbst vor der Jahrtausendwende die Liedtexte Deutschlands neben den vorwiegend deutschen Versen auch kleine Anteile in diversen Sprachen, wie z.B.  Niederländich, Türkisch und Spanisch vorhanden sind. Außerdem lässt sich zwischen 1976 und 1985 auch ein plötzlicher Anstieg von englischen Textstellen beobachten, welche in den folgenden Jahren wieder verschwindet. Seit 2001 dominiert Englisch die ESC-Beiträge und das Deutsche wird ab 2011 beinahe vollständig verdrängt.

 

 

Schweiz

In Abb. 2 kann beobachtet werden, dass die Beiträge der Schweiz für den ESC bis zur Jahrtausendwende mehrsprachig sind. Alle vier Landessprachen der Schweiz (Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch) werden mindestens einmal genutzt. Besonders Französisch und Deutsch sind in den Liedtexten vermehrt aufzufinden. Nach 2001 ändert sich dies jedoch schlagartig und die Landessprachen werden vom Englischen exponentiell verdrängt. Deutsch und Italienisch werden fast vollkommen aufgegeben, während das Französische in kleineren Maßen noch vertreten ist.

 

 

Frankreich

Abb. 3 zeigt, dass von Frankreichs Premiere im ESC bis zum Jahr 1985 die Liedtexte ausschließlich Französisch beinhalteten. Ab 1986 enthalten mehr Liedtexte innerhalb der aufgeführten Abschnitte auch vermehrt kürzere Textstellen in anderen Sprachen. Hierbei liegen unter anderem auch Textstellen auf Korsisch und Bretonisch vor, zwei Regionalsprachen Frankreichs. Somit findet, trotz der weiterhin zu großen Teilen französischer Liedtexte, eine gewisse Repräsentation der Sprachenvielfalt Frankreichs statt.

 

Spanien

Abb. 4 bildet die Dominanz der spanischen Sprache in den Beiträgen Spaniens im ESC eindrücklich ab. Erst seit dem zeitlichen Abschnitt zwischen 2006 und 2010 sind größere englische Anteile in den Liedtexten zu verzeichnen, welche dennoch nicht den Großteil der Liedtexte ausmachen. Dabei ist auffällig, dass trotz der Existenz mehrerer Regionalsprachen im spanischen Staatsgebiet (z.B. das Katalanische und das Baskische), dennoch in den ESC-Beiträgen ausschließlich Spanisch und Englisch genutzt werden. Die Sprachenvielfalt Spaniens wird in den ESC-Beiträgen somit nicht repräsentiert.

 

Die Sprachverteilung innerhalb der Liedtexte

In insgesamt 38 der 260 der Aufgeführten ESC-Beiträge enthält der Liedtext mehr als eine Sprache. Die Verteilung dieser “mehrsprachigen Lieder” sieht wie folgt aus (Abb. 5): 4 mehrsprachige Lieder von der Schweiz, 6 von Spanien, 14 von Frankreich und 14 von Deutschland.
Während unserer Arbeit ist uns aufgefallen, dass diese Anteile der verschiedenen Sprachen innerhalb der Liedtexte auf unterschiedliche Weise miteinander kombiniert werden. Nach näherer Betrachtung haben wir vier verschiedene Variationen identifiziert:
1. Der Refrain oder mindestens eine Strophe sind in voneinander abweichenden Sprachen verfasst worden.
2. Innerhalb des Refrains oder mindestens einer Strophe sind einzelne Zeilen in voneinander abweichenden Sprachen verfasst worden.
3. Innerhalb einer Zeile werden einzelne Wörter bzw. längere Ausdrücke in einer oder mehrer vom Rest der Zeile abweichenden Sprache(n) durch Code-Switching eingesetzt. („Code-switching“ beschreibt den Prozess des situationsbedingten Wechsels zwischen zwei oder mehr
Sprachen.)
4. Es wird ausschließlich der Titel des Liedes wird einem Liedtext wiederholt, der auf einer anderen Sprache als der Titel ist.

 

 

Abweichungen
Ca. 15% der von uns untersuchten ESC-Lieder enthalten mehrere Sprachen in ihren Liedtexten und integrieren diese, wie man sehen kann, auf verschiedene Weisen. Die von uns aufgeführten Variationen sind nicht immer so eindeutig auseinanderzuhalten. In einem Lied können zwei oder mehrere dieser Variationen gleichzeitig vorkommen. Dies ist im Schweizer ESC-Beitrag “Giorgio” aus dem Jahr 1958 zu beobachten.
Giorgio, ein Weekend mit dir in Ascona
In Ascona am Lago Maggiore
Mit Chianti, Chianti, Chianti, Chianti, Chianti
Ein Weekend mit dir
Und Risotto, Risotto, Risotto, Risotto, Risotto, Risotto, Risotto
Oh Giorgio, ein Weekend mit dir in Ascona
In Ascona am Lago Maggiore con amore, molto amore
Oh Giorgio, Giorgio
Die Strophen des Liedes sind vollständig auf italienisch, der Refrain hingegen ist auf Deutsch mit einzelnen eingesetzten italienischen Worten. Somit entspricht es sowohl der Variation 1 und 3.

Fazit
Allgemein kann gesagt werden, dass sowohl das Ausmaß als auch die Art und Weise, in welcher sich Mehrsprachigkeit in den Beiträgen des ESC äußert, ziemlich divers ist und von Land zu Land variiert. Es können zwar gewisse Muster erkannt und dokumentiert werden, allerdings fallen auch Sonderfälle und Ausreißer auf, welche in einem größeren Forschungsprojekt eventuell besser kategorisiert werden könnten. Dadurch, dass wir uns im Rahmen unseres Projektes nur auf vier Länder innerhalb des ESC fokussieren konnten, bleiben gewisse Fragen der möglichen Kausalitäten der Entwicklungen weitgehend unbekannt.