human behavior and experience in social context

Kategorie: Gruppendynamik und Teamprozesse

Wie entscheidet sich, wie du dich entscheidest?

▶︎ von Fynn Plugge, Raik Schilling und Tim Vorbrodt

Was verändert sich, wenn wir unter Druck Entscheidungen treffen? Was machen wir, wenn wir nicht alle wichtigen Abwägungen vorher treffen können und intuitiv unsere Entscheidungen treffen müssen? Und wie verändert sich unsere Erwartung an Andere je nachdem wie wir selber sind? Auf keine dieser Fragen hat die Wissenschaft bis heute eine eindeutige Antwort gefunden.

Manche Wissenschaftler:innen gehen dabei davon aus, dass Menschen soziale Wesen sind und sich unter Druck immer kooperativ verhalten. In der Praxis könnte das beispielsweise so genutzt werden, dass in Verhandlungen Druck auf den/ die Partner:in ausgeübt wird, um ein kooperatives Verhalten zu erzwingen. Andere Wissenschaftler:innen sind hier skeptischer. Sie gehen davon aus, dass Menschen sich unter Druck eher ihrer Persönlichkeit entsprechend verhalten. Dies würde in der Realität bedeuten, dass sozial-orientierte Menschen unter Druck noch häufiger sozial agieren und selbst-orientierte Menschen noch stärker auf ihren eigenen Vorteil achten. In einer Verhandlung würde ein selbst-orientierter Mensch sich also noch egoistischer verhalten und ein sozial-orientierter Mensch noch kooperativer sein. Doch welche Position entspricht eher der Wirklichkeit?

Mit dieser Frage haben sich auch Sun und Kolleg:innen (2023) in einer aktuellen Studie auseinandergesetzt. Hierfür griffen sie auf das sogenannte Gefangenendilemma zurück. Bei dem Gefangenendilemma handelt es sich um ein Spiel für zwei Spieler:innen. Es können beliebig viele Runden hintereinander gespielt werden. Das Dilemma kann der Spieltheorie zugeordnet werden. Die Spieltheorie ist eine bedeutende wissenschaftliche Theorie, die in zahlreichen Bereichen der Wissenschaft genutzt wird, um menschliches Entscheidungsverhalten zu untersuchen. Dafür werden in wissenschaftlichen Untersuchungen Spiele nach zuvor festgelegten Regeln gespielt und das Verhalten der Teilnehmenden beobachtet. Beim Gefangenendilemma spielen zwei Teilnehmer:innen gleichzeitig gegeneinander. Hierbei können sie sich meist nicht sehen und wissen nicht, wie ihr Gegenüber sich entscheidet. Die Teilnehmenden wissen also gar nichts übereinander. Beide Spieler:innen haben in jeder Runde zwei Entscheidungsmöglichkeiten. Sie können entweder eine kooperative Entscheidung treffen oder mit ihrem Gegenüber konkurrieren. Kooperieren beide Spieler:innen, erhalten beide einen mittleren Gewinn. Konkurrieren beide, verlieren sie einen höheren Teil ihres Geldes. Verhalten sie sich unterschiedlich, erhält der/die konkurrierende Spieler:in den größtmöglichen Gewinn, der/die kooperierende Spieler:in geht leer aus. Konkurrieren verspricht also den einzelnen Spieler:innen den höchstmöglichen Gewinn, kooperieren kann jedoch helfen für beide Spieler:innen gemeinsam Gewinne zu erzielen.

Neben dem Gefangenendilemma versuchten Sun und Kolleg:innen in ihrer Studie die Teilnehmenden durch laute Geräusche zu intuitiven Entscheidungen zu bewegen. Diese Methode hat sich auch in früheren Studien anderer Wissenschaftler:innen bereits als nützlich erwiesen, um intuitives Denken zu fördern. Dies lässt sich dadurch erklären, dass Lärm die Informationsverarbeitung erschwert. Folglich bekamen die Spieler:innen in einigen Runden Lärm zu hören. Ob ihre Teilnehmenden tendenziell sozial-orientiert oder selbst-orientiert waren, testeten sie vorab, indem sie ihren Teilnehmer:innen verschiedene Verteilungsaufgaben vorlegten. Dabei sollten die Teilnehmer:innen fiktive Geldbeträge in verschiedenen Situationen auf sich und andere aufteilen. Selbst-orientierte Menschen neigen bei solchen Aufgaben dazu sich selbst größere Beträge zu geben als sozial-orientierte Menschen. Überlegen Sie doch einmal an dieser Stelle, wo sie sich selbst einordnen würden. Sind sie eher ein selbst-orientierter oder sozial-orientierter Mensch und wie wirkt sich diese Eigenschaft auf ihr persönliches Entscheidungsverhalten aus?

In den Versuchen von Sun und Kolleg:innen zeigt sich, dass sozial-orientierte Menschen tatsächlich deutlich häufiger kooperieren als egoistische Menschen. In Runden, in denen die Spieler:innen Lärm ausgesetzt waren, änderte sich jedoch die Kooperationshäufigkeit nicht bei allen. Sun und Kolleg:innen fanden also keinen Hinweis darauf, dass intuitives Denken immer zu kooperativem Verhalten führt. Das intuitive Denken wirkt sich jedoch insofern aus, als das sozial-orientierte Menschen intuitiv noch deutlich häufiger zu kooperativen Entscheidungen greifen. Gleichzeitig entscheiden egoistische Menschen sich noch deutlich häufiger zu konkurrieren. Diese Ergebnisse der Untersuchung sind ein Hinweis darauf, dass intuitives Denken persönliche Einstellungen noch verstärkt. Außerdem erscheint das Verhalten entgegen den eigenen Einstellungen leichter möglich zu sein, wenn sich nicht spontan entschieden werden muss.

In einem zweiten Versuch untersuchten Sun und Kolleg:innen zusätzlich noch, ob Menschen basierend auf ihrer sozialen Orientierung unterschiedliche Erwartungen an ihre Mitspieler:innen stellen. Hierfür fragten sie die Teilnehmer:innen nach einigen gespielten Runden danach, wie häufig sie eine kooperative Entscheidung des Gegenübers in den kommenden Runden erwarten. Hier zeigte sich, dass intuitives Denken die Kooperationserwartung von selbst-orientierten Menschen verringert. Für sozial-orientierte Menschen zeigt sich dieser Effekt jedoch nicht. Eine Erklärung hierfür könnte sein, dass sozial-orientierte Menschen eine stabile Kooperationserwartung an ihre Gegenüber stellen. Andererseits könnte die Kooperationserwartung von selbst-orientierten Menschen scheinbar von ihren Möglichkeiten der Informationserwartung abhängen.

Unklar bleibt dabei jedoch inwiefern sich die Erkenntnisse aus den Experimenten auch vollständig auf das echte Leben übertragen lassen. Echte Dilemma-Situationen sind nämlich meist deutlich komplexer als das Gefangenendilemma. Außerdem haben wir Menschen häufig deutlich mehr Möglichkeiten Entscheidungen zu treffen als in dem Spiel. Auch werden Entscheidungen in der Realität häufig nicht unabhängig voneinander getroffen. Dies lässt sich am Verhandlungsbeispiel noch einmal verdeutlichen. Hier treffen die Personen ihre Entscheidungen nicht getrennt voneinander, sondern im gemeinsamen Gespräch. Sie haben eine Beziehung zueinander und wissen, was die andere Person will. Außerdem beeinflusst die Situation der Verhandlung das Verhalten der einzelnen Personen.

Sind Erkenntnisse zum Gefangenendilemma deshalb wertlos? Keineswegs. Sie können uns helfen, das Verhalten von Menschen unter Labor-Bedingungen in einfachen Situationen besser zu verstehen. Sie bilden damit eine wichtige Grundlage, um Verhalten auch in realistischen und komplexen Situationen verstehen zu können.

Überlege dir also in Zukunft genau, wenn du vor einer Entscheidung stehst, wie du in der Situation agieren möchtest. Denn die Folgen deiner Entscheidung hängen auch damit zusammen, ob dein Gegenüber eher selbst- oder sozialorientiert ist.

 

***

Literatur

Riechmann, T. (2014). Spieltheorie (Vahlens Kurzlehrbücher) (4., vollständig überarbeitete Auflage). Vahlen.

Sun, Q., Luo, S., Gao, Q., Fan, W. & Liu, Y. (2022). Intuitive thinking impedes cooperation by decreasing cooperative expectations for pro-self but not for pro-social individuals. The Journal of Social Psychology, 163(1), 62–78. https://doi.org/10.1080/00224545.2022.2122768

Tucker, A. W. (1983). The Mathematics of Tucker: A Sampler. The Two-Year College Mathematics Journal, 14(3), 228. https://doi.org/10.2307/3027092

Von Neumann, J. & Morgenstern, O. (1944): Theory of Games and Economic Behavior, Princeton University Press.

Bildquellen

Bild von Geralt via pixabay.com

Durch Teamrollen zum Teamerfolg – So wird auch Ihr Team zum Weltmeister!

▶︎ von Thu Thuy Nguyen, Vanessa Schröder und Thomas Serschantow

Wussten Sie, dass rund 50 Millionen Menschen in Deutschland Fußballfans sind? Woche für Woche feuern Fans ihre Lieblingsteams an und lieben vor allem schöne Tore, spannende Spiele und letztendlich die Siege. Fußball ist aber weit mehr als der Wettkampf um die meisten Tore: Fußball ist vor allem Teamsport! Die klare Verteilung von Rollen und Aufgaben, angepasst an die jeweiligen Stärken der Spieler:innen, führt erst zu den Erfolgen eines Teams. Hier trifft Sport auf Arbeitswelt: Anhand dieses Fußballbeispiels können Sie einiges über Rollenverteilung lernen.

Im Berufsalltag müssen die meisten von uns nämlich ebenfalls in Teams arbeiten. Aus gutem Grund, denn das Arbeiten im Team birgt viele Vorteile. Dennoch ist eine effektive Teamarbeit in den meisten Fällen kein Selbstläufer. Damit sich die gewünschten Ergebnisse einstellen, muss die Rollenverteilung im Team gezielt organisiert werden. Im Fußball sind die Rollen klar definiert, doch wie genau sollte die Zusammensetzung von Teams im Arbeitsleben aussehen und was gibt es dabei zu beachten? Antworten auf diese Fragen liefert eine Studie zum VIA-Teamrollen-Modell. Generell gilt: Je ausgewogener die Verteilung der Teamrollen ist, desto besser funktioniert im Endeffekt das Team.

Immer dann, wenn mehrere Personen zusammen einen Weg gehen und ein gemeinsames berufliches Ziel verfolgen, werden sie zu einem Team. Je mehr Mitglieder in einem Team sind, desto sinnvoller erscheint die Rollenverteilung. Da die Zusammensetzung eines Teams einen erheblichen Einfluss auf die Leistung und das Wohlbefinden der Teammitglieder hat, gibt es jede Menge Forschung zum Thema „Teamrollen“. Vor allem der Erfolg von Projekten hängt häufig enorm von der Rollenverteilung und der Teamkonstellation ab.

Das VIA-Teamrollen-Modell – ein Erfolgsrezept?

Den größten Einfluss auf die Forschung über Teamrollen hat Belbin (1981, 2010, 2012) mit seiner Theorie der unterschiedlichen Teamrollen genommen. Ihm zufolge gibt es neun informelle Teamrollen, aufgeteilt in kommunikationsorientiert, wissensorientiert und handlungsorientiert. Die Theorie geht der Annahme nach, dass jede dieser Rollen mit spezifischen Stärken und Schwächen einhergeht. In einer aktuellen Studie bezüglich Teamrollen im Berufskontext wurde hingegen ein anderes Teamrollen-Modell genutzt: Die VIA-Teamrollen. Diese wurden aus der Sicht der positiven Psychologie entwickelt und konzentrieren sich daher ausschließlich auf Stärken. Im Gegensatz zu Belbins Ansatz stellt es ein einfacheres Modell dar. Das VIA-Modell unterscheidet zwischen sieben informellen Teamrollen, die sich auf positive Verhaltensweisen und Beiträge für das Team konzentrieren. Sie setzen sich aus folgenden Teamrollen zusammen:

Idea Creator  Sie betrachten die unkonventionellen Wege, um zu Lösungen und großartigen Ideen zu kommen. 
Information Gatherer  Sie suchen nach Informationen, z.B. über bewährte Verfahren, neue Trends, potenzielle Anbieter, Wettbewerb usw. 
Decision Maker  Sie verarbeiten und integrieren verfügbare Informationen, treffen Entscheidungen und stellen Ziele auf. 
Implementer  Sie kontrollieren den aktuellen Stand und ergreifen Maßnahmen, um auf das Ziel hinzuarbeiten. 
Influencer  Sie präsentieren das Produkt/die Dienstleistung zur internen und/oder externen Abnahme. 
Energizer  Sie bringen Ihre Energie in Ihrer und anderer Arbeit ein. 
Relationship Manager  Sie tragen zum reibungslosen Ablauf von Beziehungen und zur Lösung von Konflikten bei. 

Diese Teamrollen wurden basierend auf einer beispielhaften Abfolge eines erfolgreichen Projektes und den dafür benötigten Fähigkeiten abgeleitet. In einem Projekt sollten also beispielsweise zu Beginn der Idea Creator und Information Gatherer zum Einsatz kommen. Auch wenn sich das VIA-Teamrollen-Modell von Belbins Ansatz unterscheidet, werden einige seiner Annahmen ebenfalls erwartet. Zum Beispiel sollen ausgewogenere Teams einen positiven Einfluss auf Leistung und Wohlbefinden am Arbeitsplatz haben. Was das genau bedeutet, erfahren Sie jetzt.
In der oben genannten Studie bezüglich der VIA-Teamrollen wurde der Zusammenhang zwischen der Ausgewogenheit von Teamrollen sowie Charakterstärken im Team und den arbeitsbezogenen Ergebnissen untersucht. Zu den arbeitsbezogenen Ergebnissen zählen in diesem Fall die Einzel- und Teamleistung, Arbeitszufriedenheit und Qualität der Teamarbeit. An der Studie nahmen 284 Arbeitnehmende aus 42 Teams und die direkten Vorgesetzten der Teams teil. Die Teams bestanden aus 3-15 Mitgliedern und stammen dabei aus unterschiedlichen Berufen und Sektoren. Es wurde eine Online-Umfrage an die Teammitglieder und eine an die Vorgesetzten gesendet. Die Teammitglieder sollten verschiedene Fragen und Aussagen bezüglich der aktuellen und idealen Teamrolle, Charakterstärken und arbeitsbezogenen Ergebnissen bewerten. Die Vorgesetzen wiederum sollten nur die Einzel- und Teamleistung der Arbeitnehmenden beurteilen.

Mit diesen Tipps wird auch deine nächste Teamarbeit gelingen

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die genannten Teamrollen in der Praxis beachtet und gezielt genutzt werden sollten, um erfolgreiche Teamarbeit zu erreichen und bessere arbeitsbezogene Ergebnisse zu erzielen. Basierend auf den Studienergebnissen lassen sich auch einige Tipps für die Umsetzung in Ihrem Team oder für Sie als Recruiter ableiten. Außerdem können Ihnen die Ergebnisse bei Ihrer Selbstreflexion helfen.

  1. Übereinstimmung zwischen aktueller und idealer Teamrolle
    Je höher die Übereinstimmung zwischen aktuellen und idealen Teamrollen ist, desto besser fallen auch die Arbeitszufriedenheit und Qualität der Teamarbeit sowie die Einzelleistung aus.
    → Diese Erkenntnis kann als Hilfestellung für deine Reflexion dienen: Welche Rolle nehme ich momentan ein? Passt diese Rolle zu meinem Ideal? Was sind meine Charakterstärken und welche Rolle(n) könnte ich problemlos ausfüllen? Die Antworten auf diese Fragen können als Ausgangspunkt für Interventionen zur Förderung der individuellen Arbeitszufriedenheit genutzt werden. 
  2. Identifikation der Charakterstärken 
    Vor allem die Charakterstärken Teamwork und Fairness haben einen positiven Einfluss auf die Teamleistung, Arbeitszufriedenheit und Qualität der Teamarbeit. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass negative Effekte folgen könnten, wenn zu viele Teammitglieder eine bestimmte Charakterstärke haben. 
    → Da Teammitglieder sich eher implizit in bestimmte Rollen begeben, sollten die Charakterstärken der einzelnen Personen bereits im Recruiting identifiziert werden, um die ideale Teamrolle zu finden. 
  3. Hohe Repräsentation der Teamrollen 
    Je mehr Teamrollen vertreten sind, desto besser sind auch die Teamleistung, die Arbeitszufriedenheit und die Qualität der Teamarbeit. Dabei ist die Größe der Teams nicht von Relevanz, da einzelne Personen auch mehrere Rollen einnehmen können. 
    → Diese Erkenntnisse sind hilfreich bei der Teamkonstellation: Es sollten Personen zusammengeführt werden, die sich hinsichtlich der Teamrollen ergänzen oder gezielt Personen eingestellt werden, die die fehlenden Teamrollen ausfüllen können. 
  4. Ausgefeilte Teamrollen-Balance 
    Teamrollen können mehrfach in einem Team vertreten sein. Wenn allerdings zu viele Teammitglieder die gleiche Teamrolle vertreten, kann die Teamleistung und die Qualität der Teamarbeit darunter leiden. Überbesetzungen in den Rollen Information Gatherer, Decision Maker und Influencer sind kontraproduktiv, da sie anfällig für Wettbewerb und Rivalität sind. Anders sieht es bei den Teamrollen Idea Creator und Implementer aus: Diese ergänzen sich gegenseitig gut, was die Zusammenarbeit erleichtern kann. 
    → Auch diese Erkenntnisse sollten bei der Zusammenstellung von Teams beachtet werden, um eine erfolgreiche Teamarbeit zu gewährleisten. 

Mit dem VIA-Teamrollen-Modell zum ausgewogenen und leistungsstarken Team

Die Kunst dabei ist, erstmal zu erkennen, was ein Team überhaupt braucht. Anschließend können dann die richtigen Leute zusammengebracht werden, sodass sich die Teammitglieder gegenseitig ergänzen und eine effektive Teamarbeit folgt. Im Fußball ist es ganz normal, Teams so aufzubauen, dass jede:r Spieler:in die ideale Rolle ausüben kann. Dadurch können Fußballteams extrem effektiv und erfolgsbringend zusammenarbeiten. Im Arbeitsalltag jedoch gibt es immer wieder Situationen, in denen Teammitglieder nicht ihre ideale Rolle einnehmen können und stattdessen die fehlende Rolle im Team übernehmen müssen. Dennoch sollte jedes Teammitglied das Ausführen der idealen Teamrolle aufgrund der positiven Auswirkungen für das Team anstreben. Abschließend lässt sich sagen, dass ausgewogene Teams zu einer Verbesserung der Leistung und des Wohlbefindens des gesamten Teams führen. Einen guten Ansatz für diese Zusammensetzung von Teams bietet dabei das VIA-Teamrollen-Modell.

 

***

Literatur

Belbin, R. M. (1981). Management Teams. Elsevier.

Belbin, R. M. (2010). Management Teams. Routledge.

Belbin, R. M. (2012). Team Roles at Work. Routledge.

Gander, F., Gaitzsch, I. & Ruch, W. (2020). The Relationships of Team Role- and Character Strengths-Balance With Individual and Team-Level Satisfaction and Performance. Frontiers in Psychology, 11, 1–15. https://doi.org/10.3389/fpsyg.2020.566222

VIA Institute on Character (2013). Team Report. https://www. viacharacter.org/reports/the-via-team-profile-report

Bildquelle

Schwartz, M. (o.D.). Teamarbeit fördern. Ilea Institut. https://ilea-institut.de/blog/teamarbeit-foerdern/

Leader-Member-Exchange-Theorie – Fluch oder Segen für die Gruppendynamik?

Wie die Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden sich auf die Leistungsfähigkeit des Teams auswirkt. 

▶︎ von Leonard Pfeuffer und Daniel Schmidt 

Haben Sie schonmal das Gefühl gehabt, dass Ihre Führungskraft zu Ihren Kolleg:innen eine andere Beziehung hat als zu Ihnen? Kein Wunder. Zwischenmenschliche Beziehungen sind komplex und beinhalten ein Zusammenspiel aus verschiedenen Einflüssen und Dynamiken. Doch so unterschiedlich zwischenmenschliche Beziehungen auch sind, so haben sie stets eine Gemeinsamkeit. Sie sind von Person zu Person immer individuell und einzigartig. Doch wie wirken sich diese Beziehungen auf unser Arbeitsleben aus? Und welchen Einfluss haben die individuellen Beziehungen zwischen Mitarbeitenden und Führungskraft auf die Gruppendynamik? In unserem Blog wollen wir hierzu die Antworten liefern! 

Was ist Ihnen bei ihrer Arbeit wichtig? Für manche ist es das Gehalt oder die Karrierechancen. Für viele gehört aber auch eine gute Beziehung zu den Kolleg:innen und der Führungskraft dazu. Und tatsächlich ist die Ausgestaltung der Beziehungen am Arbeitsplatz ein wichtiger Faktor, welcher sich auf die berufliche Leistung und den Erfolg einer Gruppe auswirkt. Dabei ist die direkte Beziehung zur Führungskraft besonders wichtig. Doch wie erfasst man die Komplexität und Qualität der Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden? Hierzu wurde bereits 1970 die sogenannte Leader-Member-Exchange Theorie (LMX-Theorie) von den US-amerikanischen Wissenschaftlern George B. Graen und Mary Uhl-Bien entwickelt.

Was ist die LMX-Theorie?

Die LMX-Theorie beschreibt die wechselseitige Austauschbeziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden. Im Gegensatz zu klassischen Ansätzen der Führungsforschung, bei denen die eigenschaftsorientierte, verhaltensorientierte oder situative Perspektive betrachtet wird, steht bei der LMX-Theorie die Qualität der Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden im Fokus. Dabei geht es  um die einmaligen, individuellen Beziehungen, die sich von Mitarbeitenden zu Mitarbeitenden unterscheidet. Nach den Autoren Graen und Uhl-Bien beruht die Austauschbeziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden dabei auf Reziprozität, also dem Prinzip von Leistung vs. Gegenleistung. Teil dieser Austauschbeziehungen können auf Seiten der Führungskraft Ressourcen, Informationen, Unterstützung und Verantwortungsübertragung und auf Seiten der Mitarbeitenden Loyalität, Arbeitseinsatz und Commitment sein. Die wahrgenommene Gerechtigkeit der Qualität der LMX-Beziehung ist hierbei relevant. Wird die Beziehung als positiv empfunden, so kann sich dies positiv auf die Leistung auswirken, während ein negatives Erleben das Mitarbeitendenverhalten auch negativ beeinflussen kann. Jedoch muss berücksichtigt werden, dass die individuellen Beziehungen stets in einer (Arbeits-)Gruppe eingebettet sind und demnach nicht unabhängig voneinander betrachtet werden können. Bestimmt haben auch Sie schon darauf geachtet, wie sich die Beziehungen von Ihnen und Ihren Kolleg:innen zur Führungskraft unterscheiden. So kann die Gruppendynamik auch davon beeinflusst werden, ob es eine hohe oder niedrige Variabilität in der LMX-Differenzierung (LMXD) gibt.

Wo befinde ich mich?

Die Qualität der Austauschbeziehung lassen sich dabei in die drei Kategorien Out-Group, Middle-Group und In-Group unterteilen. Die Out-Group ist gekennzeichnet von einer niedrigen Qualität der Beziehung, der Beschränkung auf formale Vereinbarungen (wie beispielsweise dem Arbeitsvertrag) und dem Übertragen von wenig Verantwortung an die Mitarbeitenden. Die Kategorie der Middle-Group zeichnet sich durch eine über die formalen Vereinbarungen hinausgehende Beziehung mit der Führungskraft aus.  Bei der letzten Kategorie der In-Group hat die Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden eine hohe Qualität der Beziehung. Führungskraft und Mitarbeitende schätzen sich auf emotionaler Ebene und haben ein enges Vertrauensverhältnis zueinander. Die Mitarbeitenden, welche sich in der Kategorie der In-Group befinden, sind mit wichtigen Aufgaben betraut und haben einen hohen Status bei der Führungskraft.

Sollten Sie sich tendenziell in der Out-Group oder Middle-Group einordnen, gibt es eine gute Nachricht. Die Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden ist nicht statisch, sondern entwickelt sich dynamisch.  

Wie entwickeln sich eigentlich die unterschiedlichen Beziehungen?

Die Differenzierung der LMXD kann aufgrund der Leistungsebene und aufgrund der persönlichen Sympathie stattfinden. Im Rahmen der Leistungsebene werden vor allem Fähigkeiten/Kompetenzen, Motivation und der Beitrag, den der Mitarbeitende für das Unternehmen leistet, betrachtet. Neben der Leistungsebene spielen jedoch auch persönliche Faktoren eine Rolle, da es sich bei der LMXD um eine soziale Beziehung handelt, die nicht nur auf kognitiven Prozessen beruht, sondern auch auf zwischenmenschlichen Bewertungen und Wahrnehmungen. Demnach kann die LMXD auch auf persönlichen Gefühlen, Ähnlichkeiten oder weiteren zwischenmenschlichen Einflüssen beruhen. Die persönliche Sympathie und die Leistungsebene können allerdings auch miteinander korrelieren, da aufgrund guter Leistung möglicherweise auch die Sympathie für den Mitarbeitenden steigt.

Wie wirkt die LMX-Theorie?

Es hat sich gezeigt, dass die LMXD positive, aber auch negative Auswirkungen auf Gruppenleistung und Gruppendynamik haben kann. Ein positiver Einfluss kann die selektive Verteilung von Ressourcen und Verantwortung je nach Kompetenz, Leistung oder Beitrag des Mitarbeitenden sein. Ein negativer Aspekt kann jedoch sein, wenn sich je nach Qualität der LMX-Beziehungen Untergruppen bilden. Dies kann beispielsweise zu Feindseligkeit und Konkurrenz zwischen Personen mit hoher und niedriger LMX-Beziehung führen. Die Wirkung von LMXD kann also unterschiedlich ausfallen. Aber wie kann eine möglichst positive Wirkung erreicht werden? 

In der Studie von Han et al. (2021) wurden verschiedene Faktoren der LMXD betrachtet und deren Einfluss auf die Gruppendynamik und die Gruppenleistung. Zunächst wurde die Art der LMXD in die bereits zuvor erwähnten Aspekte Leistungsebene und persönliche Sympathie unterteilt. Die Annahme der Studie war, dass sich die Art der LMXD auf die Zusammenarbeit oder die soziale Untergrabung der Gruppe auswirkt. Soziale Untergrabung kann in diesem Fall Konflikte zwischen den Mitarbeitenden, Feindseligkeit, gegenseitiges schlechtmachen oder sogar ein gegeneinander arbeiten beinhalten. Der Effekt, den die Art der LMXD auf die Zusammenarbeit oder die soziale Untergrabung hat, soll von der Belohnungsabhängigkeit verstärkt werden. Mit der Belohnungsabhängigkeit ist gemeint, inwieweit erhaltene Belohnungen von der gesamten Gruppenleistung abhängig sind. 

So viel zur Theorie – aber welcher Einfluss der LMX-Theorie lässt sich auch nachweisen?

Tatsächlich hat sich gezeigt, dass eine signifikant positive Beziehung zwischen LMXD und Zusammenarbeit der Gruppe besteht, wenn zu einem hohen Maß die Leistungsebene als Grundlage der LMXD dient. Weiterhin konnte bestätigt werden, dass dieser Einfluss durch eine hohe Belohnungsabhängigkeit verstärkt wird. Es konnte ebenfalls gezeigt werden, dass sich die LMXD aufgrund eines hohen Maßes an persönlicher Sympathie negativ auf die Zusammenarbeit der Gruppe und positiv auf die soziale Untergrabung auswirkt. Der letztere Effekt wird ebenfalls durch die Belohnungsabhängigkeit verstärkt. 

Es zeigt sich also, dass die LMXD durchaus einen Effekt auf die Gruppendynamik in Form von Zusammenarbeit oder sozialer Untergrabung hat. Ein positiver Einfluss auf die tatsächliche Gruppenleistung konnte jedoch nur durch die verbesserte Zusammenarbeit der Gruppe herbeigeführt werden, wenn die LMXD aufgrund einer hohen Berücksichtigung der Leistungsebene vorgenommen wurde und gleichzeitig eine hohe Belohnungsabhängigkeit vorlag. 

Was bedeutet das für das Berufsleben?

Die Ausgestaltung von verschiedenen Qualitäten der LMX-Beziehungen kann sich positiv auf die Gruppendynamik auswirken, wenn die LMXD aufgrund legitimer Faktoren durchgeführt wird. Das bedeutet, dass die Leistungsebene und nicht die persönliche Sympathie Grundlage der LMXD sein soll. Auf diese Weise kann die Zusammenarbeit in der Gruppe gefördert und die soziale Untergrabung vermindert werden. Außerdem wird bei einer LMXD aufgrund legitimer Faktoren das wahrgenommene Gerechtigkeitsempfinden und die Akzeptanz der verschiedenen Qualitäten der LMX-Beziehungen erhöht. Dies ist wichtig, da die LMXD auch zu einer sozialen Hierarchie führen kann, sodass Mitarbeitende mit einer hohen LMX-Qualität über mehr Macht und Status verfügen. Wenn die LMXD allerdings als ungerecht empfunden wird, kann dies wiederum zu Macht ohne Status und im Weiteren zu sozialer Untergrabung führen.

 

***

Literatur

Bauer, T. N. & Erdogan, B. (Hrsg.). (2016). Oxford handbooks online. The Oxford handbook of leader-member exchange. Oxford University Press. https://doi.org/10.1093/oxfordhb/9780199326174.001.0001 

Graen, G. B. & Uhl-Bien, M. (1995). Relationship-based approach to leadership: Development of leader-member exchange (LMX) theory of leadership over 25 years: Applying a multi-level multi-domain perspective. The Leadership Quarterly, 6(2), 219–247. https://doi.org/10.1016/1048-9843(95)90036-5 

Han, J. H., Liao, H., Han, J. & Li, A. N. (2021). When leader–member exchange differentiation improves work group functioning: The combined roles of differentiation bases and reward interdependence. Personnel Psychology, 74(1), 109–141. https://doi.org/10.1111/peps.12415 

Nerdinger, F. W. (2019). Führung von Mitarbeitern. In: F. W. Nerdinger, G. Blickle & N. Schaper (Hrsg.). Arbeits- und Organisationspsychologie (4. Aufl., S. 95-118). Springer. 

Schyns, B. & Knoll, M. (2015). LMX – Leader-Member Exchange. In: J. Felfe (Hrsg.). Trends der psychologischen Führungsforschung. Neue Konzepte, Methoden und Erkenntnisse (S. 55.66). Hogrefe. 

Wehrlin, U. (2016). Leader-Member Exchange (LMX) (1. Aufl.). Internationale Hochschulschriften Wirtschaft IHW: Bd. 3. EHV Academicpress. 

Bildquelle

https://leanbase.de/digital-conference/latc2021-recording/talks/wie-man-fuhrt-ohne-zu-dominieren

Viele Hände, fernes Ende – das Problem mit dem sozialen Faulenzen

▶︎ von Jill Barske, Lara Ehlting und Sascha Heitmann

Sinkende Motivation und Leistung sind ein häufig auftretendes Problem in Teams, vor allem wenn der Beitrag des:r Einzelnen nicht erkennbar ist. Sollten Gruppenarbeiten daher schon bald der Vergangenheit angehören? Nein. In der Sozialpsychologie wird dieses Phänomen schon seit langer Zeit erforscht und wir können Sie beruhigen: Es gibt Möglichkeiten, Motivation und Leistung im Team positiv zu beeinflussen.

Wir alle arbeiten häufig in Gruppen, sei es privat oder im Arbeits- und Studienkontext. Dabei gehen wir davon aus, dass mit steigender Anzahl der Beteiligten auch die Leistung steigt. Doch ist das wirklich so?

Schauen wir uns die folgende Situation an: Emma arbeitet in einer Marketingagentur und soll zusammen mit einer Projektgruppe eine Marketingkampagne für einen wichtigen Kunden entwickeln. Emma ist sehr positiv gestimmt und sich sicher, dass die Zusammenarbeit bereichernd sein wird. Grund dafür ist, dass die anderen vier Kollegen aus unterschiedlichen Bereichen kommen und alle, wie sie hörte, ziemlich erfolgreich in ihrem Job sind. Auch macht sie sich keine weiteren Gedanken darüber, dass am Ende nicht ersichtlich sein wird, welchen Beitrag jedes einzelne Mitglied geleistet hat. Nach ein paar Wochen ist Emma jedoch frustriert. Die Deadline rückt immer näher und noch immer ist wenig passiert. Schon beim ersten Brainstorming, einer eigentlich einfachen Aufgabe, hatte sie das Gefühl, dass alles an ihr hängenbleibt. Einige der Gruppenmitglieder scheinen sich kaum zu beteiligen. Sie wundert sich, warum die Gruppe nicht effizient arbeitet: Sind die anderen vielleicht doch nicht so gut in ihrem Job, wie sie dachte? Oder gibt es einen anderen Grund?

Wenn Teams nicht funktionieren wollen

Mit dem Vorsatz der Sache auf den Grund zu gehen, fängt Emma an, nach Gründen für die fehlende Beteiligung ihrer Gruppenmitglieder zu recherchieren. Dabei stößt sie auf die Erkenntnis, dass das Verhältnis von Gruppenleistungen und individuellen Leistungen stark von der Art der Aufgabe abhängig ist. Tatsächlich stellt dies eine grundlegende Frage der Sozialpsychologie dar. Kommt es zu Abweichungen zwischen dem Gruppenpotenzial und der Gruppenleistung, ist dies auf Motivationsgewinne und -verluste zurückzuführen. Dabei gehen Motivationsverluste mit einer verringerten Anstrengung und Leistungserbringung der Gruppenmitglieder einher. Im weiteren Verlauf ihrer Recherche stößt sie auf die Theorie des Ringelmann-Effektes. Hierbei handelt es sich um eine unveröffentlichte Studie aus dem Jahr 1913, in der Ringelmann erste Hinweise auf einen Produktivitätsverlust in Gruppen fand. In seiner Studie ließ er acht Männer an einem Seil ziehen und erkannte, dass diese lediglich 50% der erwarteten Zugkraft erreichten. So konnte er feststellen, dass die durchschnittliche Leistung der einzelnen Gruppenmitglieder mit zunehmender Gruppengröße abnahm. Jedoch konnte nachträglich nicht bewiesen werden, ob es sich bei seinen Ergebnissen wirklich um Motivationsverluste der Gruppenmitglieder oder um eine fehlerhafte Koordinierung der Gruppe handelte. Mit dem Ergebnis noch nicht ganz zufrieden recherchiert Emma weiter und stößt schließlich auf den Begriff des Sozialen Faulenzens. Dieser entstand im Rahmen einer Studie von Latané et al. (1979), in der die Forschenden die Ergebnisse Ringelmanns nachstellen und mögliche Koordinierungsverluste ausschließen wollten. Im Zuge dessen führten Latané und seine Kolleg:innen zwei Experimente durch, in denen die Teilnehmenden alleine und in Gruppen jubeln und klatschen sollten. Mittels dessen konnten sie beweisen, dass der von der Gruppe erzeugte Lärm proportional zur Gruppengröße abnahm. Durch den Einsatz von Pseudogruppen konnte ergänzend zum Ringelmanneffekt ebenfalls bewiesen werden, dass der Prozessverlust nicht allein durch Koordinationsverluste hervorgerufen wird. Die Theorie des sozialen Faulenzens besagt also, dass Gruppenmitglieder dazu neigen sich weniger anzustrengen, wenn der individuelle Beitrag zur Gruppenleistung nicht identifizierbar ist. Dies ist vor allem bei additiven Aufgaben, wie dem Brainstorming in Emmas Projektgruppe, der Fall. Dabei handelt es sich um Aufgaben, in denen die Gruppenleistung aus der Summe der individuellen Leistungen hervorgeht.

Der Umgang mit sozialen Faulenzer:innen

Damit Emma in zukünftigen Projekten besser mit der Problematik des Sozialen Faulenzens umgehen kann, orientiert sie sich an den Ergebnissen einer Studie von Gabelica et. al. (2022). Obwohl die Stichprobe aus 200 Studierenden besteht, ist sich Emma sicher, dass die Ergebnisse auch auf ihr Team übertragbar sind. Nach der Sichtung der Studie berichtet Emma ihren Kolleg:innen von einer Auswahl der darin vorgestellten Handlungsempfehlungen, die das Aufkommen von Sozialem Faulenzen reduzieren oder sogar verhindern können. So könne Soziales Faulenzen eingedämmt werden, indem die Teamgröße dahingehend reguliert wird, dass jedes Mitglied des Teams so direkt wie nur möglich seiner erbrachten Leistung zugeordnet werden kann. Umso kleiner ein Team ist, desto leichter kann eine solche Zuordnung erfolgen. Die gemeinsamen Ziele sollten außerdem stets genau definiert sein und jedem Teammitglied bewusst gemacht werden, was sein Beitrag zur Gruppenleistung ist. So, denkt sich Emma, kann Motivation auf einem möglichst hohen Niveau gefördert werden.
In der Studie wird für Emma erkennbar, dass Soziales Faulenzen in keinem Team gleichmäßig erfolgt. Auch die sozialen Beziehungen sowie weitere Faktoren haben einen schwer messbaren Einfluss auf diese Art von Motivationsverlust. Eine der zentralen Studienerkenntnisse ist, dass Soziales Faulenzen nicht, wie lange in der Literatur angenommen, ein statisches Konstrukt ist. Vielmehr entwickelt es sich dynamisch in Gruppen und Teams und kann während Projekt- und Gruppenarbeiten verschiedenste Ausprägungen annehmen. Die Gruppenmitglieder können dadurch in unterschiedlichen Phasen ungleichmäßig stark (negativ) beeinflusst werden. Beispielsweise kann zu Beginn einer Aufgabe oder eines Projektes Soziales Faulenzen noch nicht vorkommen, bei der weiteren Bearbeitung aber unterschiedlich stark und lang bei einzelnen Teammitgliedern auftreten. Besonders aufschlussreich ist für Emma, dass Soziales Faulenzen in Teams, die ein hohes Maß an Teamlernen aufweisen, niedriger ausgeprägt auftritt als in Teams, in denen die Fähigkeit und Bereitschaft dazu weniger besteht. Teamlernen wird in der Studie definiert als die gemeinsame Weiterentwicklung der Funktionsweise des Teams und die Art, wie neues Wissen erlangt und Aufgaben bewältigt werden. Teams, die eine hohe Identifikation mit der zu bearbeitenden Aufgabe sowie dem Sinn des Teams besitzen, weisen daher eine niedrigere Tendenz zum sozialen Faulenzen auf.
Emma lässt ihre Recherche zum Sozialen Faulenzen noch einmal Revue passieren. Ihr wird deutlich, dass Gruppenarbeiten keine Selbstläufer sind, für die es ein allgemeines Erfolgsrezept gibt. Es reicht eben nicht aus, mehrere Personen mit einer gemeinsamen Aufgabe zu beauftragen und auf ein gutes Gruppenergebnis zu hoffen. Vielmehr sind Aspekte wie Teamrollen, eine konkrete Aufgabenstellung, die Teamgröße sowie eine gemeinsame Zieldefinition notwendig, um eine motivierte Zusammenarbeit zu gewährleisten.

 

***

Literatur 

Schulz-Hardt, S. & Brodbeck, F. C. (2007). Gruppenleistung und Führung. In K. Jonas, W. Stroebe & M. Hewstone (Hrsg.), Sozialpsychologie (5. Aufl. S. 443–486). Springer. 

Gabelica, C., De Maeyer, S., & Schippers, M. C. (2022). Taking a free ride: How team learning affects social loafing. Journal of Educational Psychology, 114(4), 716–733.  

Latané, B., Williams, K. & Harkins, S. (1979). Many hands make light the work: The causes and consequences of social loafing. Journal of Personality and Social Psychology, 37, 822–832. 

Bildquelle

Bild von Thirdman via pexels.com