Archive for Mai, 2019

Mai 30 2019

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Englischunterricht zwischen Selektion und Inklusion

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Da ich als ehemalige Waldorfschülerin nie den Bruch zwischen dem Grundschulunterricht und jenem an weiterführenden Schulen erlebt habe, fällt es mir etwas schwer, meinen anfänglichen Englischunterricht vom weiterführenden Englischunterricht zu unterscheiden, da der eine nahtlos in den anderen überging.

Meine Schulklasse hatte ab dem ersten Schuljahr Englischunterricht, der noch sehr spielerisch gestaltet wurde und somit die funktionalen Aspekte, also das erste „Antasten“ an die Sprache in den Vordergrund stellte. Es wurde vor allem mit gemeinsamem Gesang und Aufsagen von Reimen gearbeitet, um den Klang und das „Sprachgefühl“ des Englischen kennen zu lernen. Oft wurde dies mit spielerischen und rhythmischen Elementen verbunden.

Ich erinnere mich, dass wir mit dem Buch „Polar Bear, Polar Bear, what do you hear?“ die ersten Tiernamen kennen lernten und dies gleich mit dem dazugehörigen Geräusch verknüpfen konnten.

Wie schon erwähnt fand der Einstieg in die Grammatik des Englischen als langsam aufbauender Anschluss an die funktionalen Aspekte statt. Ich würde sagen, dies fing langsam ab dem fünften Schuljahr an und steigerte sich dann immer mehr.

In meiner Erfahrung zeichnen sich gute SprachlehrerInnen meist durch ihre hohe Fehlertoleranz aus. Wer seine SchülerInnen ermutigt, zu sprechen und Fehler zu machen, legt die beste Basis für einen möglichst freien und selbstsicheren Umgang mit der jeweiligen Sprache. Ich erinnere mich auch, dass mein Interesse für die Sprache immer stark durch persönliche Erfahrungen der Lehrkraft, welche mit der Sprache zusammenhingen, gesteigert wurde. Mein erster Englischlehrer kam aus Australien und die ganze Klasse lauschte stets gespannt, wenn er – auf Deutsch sowie auf Englisch – von all den besonderen Tieren, die es dort gab, berichtete.

Um auf das Thema von Inklusion und den Umgang mit Heterogenität zurückzukommen, möchte ich beispielhaft das Verhalten eines Schülers in einer 4. Klasse – nennen wir ihn Felix – beleuchten.

Felix wurde bereits kurz nach seinem fünften Geburtstag eingeschult, da die Eltern – welche gerade aus Großbritannien nach Deutschland gezogen waren – ihr Kind zu früh angemeldet hatten, ohne zu wissen, dass man diese Anmeldung nicht zurückziehen kann. Felix war mit dem Ganzen von Anfang an stark überfordert, wie mir seine Klassenlehrerin erzählte. Dies ist absolut verständlich, wenn man bedenkt, dass er zum Zeitpunkt seiner Einschulung erst ein paar Monate im fremden Deutschland war. Während der ersten zwei Schuljahre sprach er kaum ein Wort und verweigerte die Teilnahme am Unterricht gänzlich.

Als ich Felix in meinem Praktikum kennen lernte, hatte er sich zwar in die Klassengemeinschaft eingefunden und verstand sich gut mit vielen von seinen MitschülerInnen, aber im Unterricht konnte er sich nie lange Konzentrieren und auch Wortmeldungen kamen kaum vor – alles andere war spannender als das, was der Lehrer/die Lehrerin erzählte. Dabei war Felix ein unglaublich schlaues Kind, was ich bemerkte, als ich in Einzelarbeitszeiten mit ihm zusammenarbeitete. Nicht nur die gestellten Aufgaben konnte er schnell lösen, sondern oft dachte er noch weiter und kam so auf Unterrichtsinhalte, die noch gar nicht behandelt worden waren. Ich fragte mich mehr als einmal, wieso auf das Potenzial von Felix nicht eingegangen wurde, bis ich selbst eine Unterrichtseinheit vor der Klasse hielt/gestaltete. Sein unruhiges, unkonzentriertes Verhalten war so prägnant, dass man froh war, wenn er einfach einmal für einen kurzen Moment still saß. So versuchte auch ich, dass Felix möglich ruhig blieb und man so dem Rest der Klasse ein ruhiges und konzentriertes Arbeiten ermöglichen konnte, ohne dass Felix ständig für eine neue Unruhe sorgte.

In diesem Bezug wären meine Fragen, wie es mir gelingen kann, solche SchülerInnen wie Felix zu fördern, ohne dass die anderen SchülerInnen oder ein ruhiges Klassenklima zerstört werden, als auch, wie ich den Eltern nahebringen kann, dass ihr Kind außerhalb der Schule noch Einzelförderung benötigt bzw. wie ich erkenne, ab wann dies nötig ist.

Literatur: Giesler, Dr. Tim: Ringvorlesung „Umgang mit Heterogenität“ – Englischunterricht zwischen Selektion und Inklusion

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Mai 21 2019

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Mehrsprachigkeit als Ausgangspunkt und Ziel schulischer Bildung in der Primarstufe

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Aufgrund von Sprachfertigkeiten auf eine Gymnasialempfehlung zu verzichten, halte ich für sehr schwierig. Zudem liefert die Aussage „ein Schüler, der vor zwei Jahren nach Deutschland gekommen ist“ keinerlei Informationen über die tatsächlichen sprachlichen Defizite, die dieser Schüler möglicherweise in der deutschen Sprache aufweist. Sollte er vor allem Probleme mit der Bildungssprache Schwierigkeiten haben, wäre das meiner Meinung nach auch kein Grund, auf die Empfehlung zu verzichten, da die Aspekte der Bildungssprache ja vor allem im Feld der Schule erlernt werden und dies durch wenig sprachlichen Input im Alltag ersetzt werden kann. Hier werden also die Sprachfertigkeiten auf die Leistungsfähigkeiten des Schülers übertragen, was gerade im Hinblick auf Heterogenität bei Schülern ein Problem darstellt.

Mehrsprachigkeit im Kontext Schule hab ich in meinem Praktikum vor allem in Spielzeiten bzw. der Pause erlebt. Oft wurde hier zwischen Sprachanfängern und deutschsprachigen Mitschülern oder auch Betreuern durch ältere Schüler, welche die gleiche Sprache sprechen, vermittelt. Aber auch innerhalb des Unterrichts wurde in Ansätzen auf die Mehrsprachigkeit eingegangen, zum Beispiel, wenn ein Wort in der Muttersprache von einem Schüler/einer Schülerin mit Migrationshintergrund gesagt wurde, wurde oft versucht, ihn/sie zum Umschreiben eben jenes Wortes mit bekannten deutschen Worten zu ermutigen. Zudem gab es Förderstunden für Sprachanfänger.

Spannend wäre in diesem Zusammenhang zu beobachten, inwiefern es Lehrkräften möglich ist, Leistungen weitestgehend unabhängig von der Sprachfertigkeit zu beurteilen bzw. ob es überhaupt möglich ist. Hierzu müsste man die Ansätze kennen, um sie beobachten und beurteilen zu können.

Um innerhalb des Schulsystems unserer mehrsprachigen Gesellschaft gerecht zu werden, sollte der Fokus meiner Meinung nach noch stärker auf „Deutsch als Zweitsprache“ gelegt werden. Die Bildungssprache müsste stärker thematisiert werden und zwar so, dass nicht nur die Lehrkraft, sondern auch die SuS sie weitestgehend in dem entsprechenden Fach gebrauchen. Zudem ist ein Einbezug des Elternhauses extrem wichtig – auch wenn die Kommunikation hier eventuell Umwege gehen muss, da die Eltern des Kindes selbst kein gutes Deutsch sprechen. Zuletzt wäre ein Basiswissen über den syntaktischen Aufbau der in der Klasse vertretenen Sprachen sehr hilfreich, sodass man Probleme, die im deutschen Sprachgebrauch der Schülerin/des Schülers auftauchen, erst einmal verstehen und dann dementsprechend mit dem Kind zusammen angehen kann.

 

Literatur: Daase, Dr. Prof. Andrea – „Ringvorlesung Heterogenität“: Mehrsprachigkeit als Ausgangspunkt und Ziel schulischer Bildung in der Primarstufe

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Mai 19 2019

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Leistungen wahrnehmen, rückmelden und beurteilen

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Leistungen sind nie nur von einem Faktor abhängig. Immer sind mehrere Umstände beteiligt, die beeinflussen, wie gut unsere Voraussetzungen sind, in einem gewissen Bereich eine gute oder eben weniger gute Leistung zu erzielen.

Innerhalb der Schule sind hier die Lehrpersonen, aber ebenso das soziale Umfeld zuhause, die Lerngruppe und die Lernbereitschaft des Schülers/der Schülerin ausschlaggebend. Die Lehrkraft beeinflusst hierbei nur etwa 20-25% des Lernerfolges der eigenen SuS (Vgl. Helmke, Lipowsky et al., 2007). Dennoch ist die Haltung dieser Lehrperson von hoher Relevanz. Es ist wichtig, dass sie den SuS Möglichkeiten bietet, den Unterricht mitzugestalten, Erwartungen an die SuS transparent hält und außerdem Heterogenitäten wahrnimmt und den Unterricht dementsprechend zugänglich für jede Schülerin und jeden Schüler gestaltet.

In meinen Praktika erfolgte eine erste Leistungsbeurteilung durch eine mündliche Rückmeldung. Oft wurde auch im Arbeitsheft ein kleiner Kommentar zum Geleisteten verfasst oder ein Stempel, der eine entsprechende Emotion (fröhlich = gut gemacht usw.) zur erbrachten Leistung darstellte, auf der Seite platziert. In einer anderen Klasse gab es das sogenannte „Smileyrennen“, bei dem Verhalten und Leistung jedes einzelnen der Klasse am Ende des Schultages einmal von der ganzen Klasse reflektiert wurden. Anschließend wurde von Klasse und Lehrkraft beschlossen, ob der jeweilige Schüler/die jeweilige Schülerin im „Rennen“ vor oder doch zurück rücken musste. Zudem habe ich in meinen Praktika aber oft festgestellt, dass die Leistungserfolge leistungsschwächerer Schüler und Schülerinnen oft kaum registriert werden und somit der Lernerfolg von diesen Kindern gar nicht mehr so positiv wahrgenommen wird, da kaum positive Rückmeldung stattfindet, weil die anderen Klassenkameraden/kameradinnen ja schon so viel weiter sind.

Mit Blick auf das KompoLei-Modell wäre es in kommenden Praktika interessant, das Augenmerk auf die Fragestellung zu legen inwiefern individuelle Erfolge im Lernprozess jedes einzelnen Kindes von der Lehrperson berücksichtigt werden können aber auch, inwiefern die Schüler und Schülerinnen im Stande sind, ihre eigene Leistung selbst zu beurteilen.

Auch heute ist die Leistungsbeurteilung ein Prinzip, das Ungleichheiten, Stärken und Schwächen der SuS stark hervorhebt, was schnell zu Frustration der Leistungsschwächeren führen kann.

An dieser Stelle erlaube ich mir, die Frage zu stellen, ob eine Beurteilung anhand festgelegter Standards bei einer solchen Vielfalt in den heterogenen Lerngruppen an heutigen Grundschulen überhaupt noch sinnvoll und zielführend ist.

 

Literatur: – Trostmann, Sven: Ringvorlesung „Umgang mit Heterogenität“ – Leistungen wahrnehmen, rückmelden und beurteilen! Ein pädagogischer Diskurs zur Leistungsheterogenität im Spannungsfeld von Standardisierung und Individualisierung, 2019

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Mai 10 2019

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Integrierte Förderung von Sprache im Rahmen des Unterrichts an der Grundschule

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Dieser Blogbeitrag beschäftigt sich mit dem Aspekt der Integrierten Frühförderung von Sprache und Mathematik im Rahmen des Kita-Projektes „Entdecken & Erzählen“ nach Enter, und inwiefern sich dies auch in der Grundschule mit einbringen lässt.

Auch in Bezug auf die Sprachförderung stellt die Zusammenarbeit mit den Eltern oder Bezugspersonen der Schüler eine bedeutend große Rolle. Die Eltern/Bezugspersonen sollten aus diesem Grund unbedingt in das Projekt miteinbezogen werden, sodass auch im familiären Umfeld auf die individuellen Förderbedürfnisse des Schulkindes eingegangen werden kann.

Gegebenenfalls müssen die Vorteile des Projekts – zum Beispiel bei der Projektvorstellung auf einem Elternabend – erläutert werden, da es gut möglich ist, dass die Eltern/Bezugspersonen den Sinn des „Spielens“ innerhalb des Unterrichts nicht mit dem Lernen in der Grundschule in Verbindung bringen.

Die Materialien müssten auf das Alter und Leistungsniveau der Klasse angepasst werden, sodass sich die SchülerInnen nicht unterfordert fühlen und das Projekt nicht den gewünschten Effekt hat.

Unter diesen Voraussetzungen ist das Projekt von Enter auch im Grundschulunterricht einsetzbar.

Im Mathematikunterricht kann die Durchführung dieses Projektes äußerst hilfreich sein, um Fremd- und Fachbegriffe in Textaufgaben verstehen zu können. Außerdem kann man spielerisch einen guten Einstieg in ein neues Thema schaffen. Die Kinder lernen das neue Themenfeld spielend kennen, während die Lehrkraft so erkennt, welches Kind in diesem Bereich schon einiges kann und wer noch Förderung braucht.

Im Fach Deutsch würde sich offener Unterricht mit Stationsarbeit durchaus anbieten, da auch hier individuell auf die Förderbedürfnisse der SchülerInnen eingegangen werden kann.

In meinem Praktikum wurde mehrfach die Methode angewendet, dass unbekannte Wörter in einem Text von jedem Kind markiert und dann anschließend im Plenum von anderen erklärt oder gemeinsam erarbeitet wurden. Auch hier könnte man – verbunden mit dem spielerischen Aspekt – die Sprache/den Umgang mit fremden Wörtern klären.

Ein spannender Forschungsaspekt im Hinblick auf die Integrierte Förderung von Sprache wäre, regelmäßig auftauchende Schwierigkeiten in der Sprache im Unterricht zu prüfen und untersuchen, aber auch, herauszufinden, welchen Einfluss die bilinguale Zweisprachigkeit auf das Lernen und den Förderbedarf der eigenen Sprachlichkeit nimmt.

Literatur:

    • Böning, Dagmar – Ringvorlesung „Umgang mit Heterogenität“ – Integrierte (Früh-)Förderung von Sprache und Mathematik, 2019

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