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Aufgabe zum 11. Vorlesungstermin am 01.07.2014 – Prof. Dr. Knipping

Sind Unterschiede in den mathematischen Leistungen von Schülerinnen und Schülern ein Grund zur Sorge?

In jedem Unterrichtsfach bestehen Unterschiede hinsichtlich der Leistungen der SchülerInnen, so auch in Mathematik. Grundsätzlich stelle ich mir folgende Fragen: „Was ist der Grund dafür?“ und „Ist das schlimm?“.

Um ersterer Frage gerecht zu werden, reicht es meiner Meinung nach nicht, die Erklärung in dem Vorhandensein oder eben Nicht-Vorhandensein von Talent zu sehen. Sicherlich spielt das, was wir Talent nennen, eine Rolle, ebenso wie der Einfluss, den das Elternhaus und seine Veranlagungen haben. Jedoch können die mathematischen Kenntnisse, die in der Schule gelehrt und geprüft werden, mit etwas Fleiß auch dann verinnerlicht werden, wenn ein langsameres mathematisches Verständnis vorliegt. Deshalb klage ich als Hauptverantwortlichen unsere Mentalität an, die es uns erlaubt zu sagen „Manche können Mathe halt, andere – so wie ich – nicht“. Mit diesem Satz ist die Kapitualtion schon unterschrieben, der innere Schweinehund befriedigt und die Motivation über alle sieben Berge geflüchtet. Die Abschreibung und -lehnung des Faches Mathematik ist für mich schon der erste Grund zur Sorge, denn auf diese Art und Weise werden sich die Leistungen der entsprechenden SchülerInnen natürlich nicht mehr verbessern, sondern im Gegenteil wahrscheinlich sogar noch schlechter werden und damit die Leistungskluft in der Klasse noch weiter aufreißen.

Besonders die Schülerinnen scheinen Mathematik in den weiterführenden Schulen abzulehnen, während sie in der Grundschule an dem gleichen Fach oft noch viel Freude hatten. In Folge dessen haben wir in naturwissenschaftlichen und mathematischen Berufsfeldern nur einen sehr geringen Frauen- und entsprechend hohen Männeranteil. Und das obwohl eine entsprechende Begabung wohl kaum auf eine genetische Veranlagung zurückzuführen ist. Ich denke, dass es sich eher um ein gesellschaftlich bedingtes Problem handelt.

Nun aber zurück zu der eigentlichen Fragestellung: Ist beschriebene Situation ein Grund zur Sorge, ist das schlimm? Was kommt denn schon bei bescheidenen Leistungen im Fach Mathematik heraus? Eine schlechte Note vielleicht, so denken viele, aber das wird von diesen als nicht so schlimm erachtet, schließlich braucht man das entsprechende Wissen für den späteren Berufswunsch sowieso nicht. Was soll es einem auch bringen, wenn man berechnen kann, wie viel Prozent der Erde durch die neue Gitterstein-Pflasterung auf der Garageneinfahrt noch frei liegt? Sicherlich nicht viel. Realitätsferne Anwendungsaufgaben im Mathematikunterricht in der Schule vermitteln oft eben diesen Eindruck.

Lasst uns jedoch einmal annehmen, dass wir genau so über viel elementarere mathematische Kenntnisse sprechen, solche, von denen wir in unserem alltäglichen Leben, auf der Arbeit, im Studium oder sogar in der Freizeit Gebrauch machen. Erschreckend viele SchülerInnen weisen auch an dieser Stelle Defiziete auf, die es ihnen eigentlich unmöglich machen, einmal eine Ausbildung zu absolvieren und im Alltag zu bestehen, in etwa so, wie es einem Analphabeten ergehen würde. Das ist meiner Ansicht nach ein erheblicher Grund zur Sorge.

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