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RV11 – Prof. Dr. Andre Daase: Mehrsprachigkeit als Ausgangspunkt und Ziel schulischer Bildung in der Gymnasialen Oberstufe

  1. An Ihrem Gymnasium gibt es eine – wie üblich sehr heterogen besetzte – Vorklasse, in welcher sogenannte Seiteneinsteiger*innen Deutsch lernen und auf die Teilnahme am Regelunterricht vorbereitet werden. Für einige wird nun der Übergang diskutiert. Ein Großteil der Lehrkräfte plädiert – mit Verweis auf die noch nicht vollständig ausreichenden (bildungssprachlichen) Deutschkenntnisse – sie an eine Oberschule zu überweisen, obwohl die Schüler*innen hinsichtlich ihrer Lernfähigkeit und ihrer Vorbildung eigentlich die Voraussetzungen für das Gymnasium mitbringen und gerne an der Schule bleiben würden. Nehmen Sie auf Basis der Vorlesung Stellung dazu.

Meiner Meinung nach wäre eine Überweisung an eine Oberschule nicht zielführend und aus Sicht der betroffenen SuS wahrscheinlich eine demotivierende Degradierung. Wenn ihre Leistungsfähigkeit und ihr Vorwissen den gymnasialen Standards entsprechen, stellen Sie eine Bereicherung für den Unterrichtsbetrieb da und sollten gefördert werden um ihre sprachlichen Defizite aufholen zu können. Ihre Lernfähigkeit würde in diesem Fall ja auch für ein erfolgreiches Erlernen der deutschen Sprache auf bildungssprachlichem Niveau sprechen. In einem Umfeld mit leistungsstarken Mitschüler*innen würden sie zudem mehr gefordert, was ihre Leistung auch im Erlernen der Sprache steigern kann.

  1. Welche Erfahrungen mit Mehrsprachigkeit – in der hier verstandenen breiten Sicht – in Schule und Unterricht (selbst als Schüler*in und/oder Praxiserfahrungen) haben Sie bislang gemacht? Diskutieren Sie die Erfahrungen vor dem Hintergrund dieser Vorlesung.

Während meines Orientierungspraktikums an einer Oberschule in Gröpelingen kam ich sehr viel mit Mehrsprachigkeit und auch den damit verbundenen Herausforderungen in Berührung. Ein großer Anteil der SuS dort spricht im Elternhaus andere Sprachen wie bspw. Arabisch, sodass dass Deutschniveau auch innerhalb der schon nach Leistung sortierten Kurse noch stark schwankt. Zudem gab es hier auch eine Vorklasse, für erst kürzlich in Deutschland angekommene SuS. Als besondere Schwierigkeit erlebte ich (eines meiner Fächer ist Englisch) hier die Vermittlung der Fremdsprache Englisch, wenn die Ausgangssprache nicht bei jedem (vergleichbar gutes) Deutsch ist.
Eine weitere Erfahrung mit Mehrsprachigkeit machte ich mit einem Nachhilfeschüler, der einen großen Teil seiner Kindheit in Spanien verbracht hat. Auch er hatte größere Probleme mit Englisch, da er oft automatisch zu spanischem Satzbau überging oder auch deutsche Begriffe, die man in der deutschen Schullaufbahn erlernt, nicht kannte. Gleichzeitig hatte er natürlich sehr gute Noten in seiner zweiten Fremdsprache.

  1. Was möchten Sie nach dem Besuch dieser Vorlesung bei Ihrer zukünftigen Unterrichtsgestaltung beachten? Welches Wissen und welche Fähigkeiten fehlen Ihnen dafür noch?

Ich möchte versuchen, auf individuelle sprachliche Hintergründe der SuS einer Lerngruppe einzugehen. Auch wenn das Deutschniveau innerhalb einer Lerngruppe unterschiedlich ist, bedarf es z.B. unterschiedlichen Aufgabestellungen oder vereinfachten Erklärungen. Außerdem möchte ich vermitteln, dass das Sprechen verschiedener Sprachen eine Bereicherung ist, auch wenn eine andere Muttersprache vielen SuS als etwas nachteiliges erscheinen mag, und Verständnis und Interesse dafür fördern. Mir fehlt die Fähigkeit, sprachliche Binnendifferenzierung vorzunehmen ohne dabei Inhalte zu vereinfachen  und wie man SuS mit einem niedrigeren Sprachniveau angemessen einbindet wenn es zum Beispiel um Diskussionen oder Gruppenarbeiten geht.

  1. Wie muss Schule unserer mehrsprachigen Gesellschaft gestaltet sein? Welche Rahmenbedingungen müssen gegeben sein, damit Sie die Mehrsprachigkeit ihrer Schüler*innen einbeziehen und einen registersensiblen Fachunterricht gestalten können?

SuS unterschiedlicher sprachlicher und kultureller Herkunft müssen sich repräsentiert und gleichberechtigt fühlen. Schulbücher müssen Multikulturalität ohne Klischees darstellen. Zudem sollten verschiedene Herkünfte und Muttersprachen als etwas bereicherndes und erstrebenswertes vermittelt werden. Zu oft wird mangelnde Deutschkenntnis als Stigma gesehen und dabei außer Acht gelassen, dass diese Person wahrscheinlich mehr Sprachen spricht als jemand der nur Deutsch und Schulenglisch kann. Lehrkräfte sollten zudem aus- und weitergebildet werden, um mit Mehrsprachigkeit produktiv umgehen zu können, möglichst auch fachbezogen. Außerdem wäre es wünschenswert, mehr Lehrkräfte mit eigenem mehrsprachigem Hintergrund zu haben.

Eine Antwort auf „RV11 – Prof. Dr. Andre Daase: Mehrsprachigkeit als Ausgangspunkt und Ziel schulischer Bildung in der Gymnasialen Oberstufe“

Hallo Jannes,

zunächst einmal möchte Ich anmerken das ich es suer Finde wie detailliert und mit vielen Beispielen aus deiner eigenen Erfahrung du an diesen Blogeintrag rangegangen bist.
Anschliessend möchte ich näher auf deine Antworten zu den gestellten Fragen eingehen.
In deiner ersten Antwort gibst du uns deine eigene Meinung. Du schreibst, dass es von Nachteil für die SchülerInnen wäre auf die Oberschule wechseln zu müssen, obwohl sie den Stoff eigentlich könnten. Ich stimme dir zu 100% zu! Auch ich finde das die SchülerInnen gefördert werden müssen. Es darf nicht sein, dass manche SchülerInnen nur aufgrund der Tatsache, dass sie kein oder wenig Deutsch sprechen, die Chance auf höhere Bildung verweigert bekommen, obwohl sie eigentlich zu den leistungsstarken SchülerInnen gehören würden.
Bei der zweiten Aufgabe erzählst du von deinen Erfahrungen im Orientierungspraktikum und mit einem Nachhilfeschüler. Ich fand deine Antwort sehr spannend da ich selber Englisch studiere und kurz vor dem Orientierungspraktikum stehe. Ich stelle es mir auch schwierig vor für SchülerInnen die Zuhause Arabisch oder etwa Spanisch sprechen, Englisch zu lernen. Für deutschsprachige SchülerInnen ist Englisch etwas vertrauter, da beide germanische Sprachen sind.
Auch ich bin in Spanien aufgewachsen und bin nach der sechsten Klasse nach Deutschland gekommen. Ich hatte im Lateinunterricht jedoch einen Vorteil, da ich viele Wörter vom spanischen und katalanischen ableiten konnte. Ich fände es sehr spannend zu erforschen, inwiefern man Mehrsprachigkeit im Unterricht zum Vorteil nutzen kann.
Darum geht es ja auch in deiner nächsten Antwort. Du hast geschrieben, dass die Muttersprache mancher SchülerInnen oft als Nachteil empfunden wird und du dies ändern möchtest. Meine Frage an dich wäre, hast du schon eine gewisse Vorstellung, wie du das machen möchtest?
Ich finde diesen Ansatz sehr Interessant und denke auch so. Mir fehlen leider noch ein paar Denkanstöße um ein paar Methoden zu erarbeiten.
Zu deiner letzten Antwort ist eigentlich nicht mehr viel hinzuzufügen. Du triffst den Nagel auf den Kopf. indem du das Problem nicht nur ansprichst, sondern gleich die Lösungsansätze darstellst. Ich stimme dir wiedermal zu und bin mir sicher, dass wenn nicht nur SchülerInnen sondern auch Lehrpersonal ihre Arbeitsmethoden ändern und offener für Mehrsprachigkeit im Unterricht werden, dann steigt nicht nur die Produktivität sondern auch die Begeisterung der Beteiligten.
Zum Schluss mochte ich einmal sagen, dass du deine Antworten auf den Punkt gebracht hast und deine Meinung und Erfahrungen, erfolgreich rüber gebracht hast. Ich bin mir sicher, deine anderen Blogeinträge sehen ähnlich aus.
Vielen Dank fürs schreiben und liebe Grüße

Andre Ranft
4595598

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