Grundschule und Inklusion – ein Erfahrungsbericht

Inklusive Beschulung – etwas, was ich in meiner eigenen Schulzeit nicht miterlebt habe. Trotz fehlenden Erfahrungen habe ich die Idee der Inklusion als bedeutsam angesehen und war gespannt darauf, erste Eindrücke bezüglich einer inklusiven Beschulung kennenlernen zu können.

In einem kürzlich zurückliegenden Praktikum konnte ich eine Grundschule besuchen, die sich als inklusiv verstand. Den Großteil meines Praktikums habe ich in einer ersten Klasse verbracht, die sich aus insgesamt 24 Schüler*innen zusammensetzt.

Mein Praktikum begann am Tag der Einschulung, wo ich die einzelnen Schüler*innen kennenlernen konnte. Da ich zuvor wusste, dass die Grundschule inklusiv arbeitet, habe ich hierauf ein besonderes Augenmerk gelegt. Dadurch ist mir zu Beginn eine Schülerin aufgefallen, die von einer Assistenz begleitet worden ist. In einem Gespräch mit der zuständigen Assistenz der Schülerin habe ich erfahren, dass bei der Schülerin vor allem durch Aufregung und schnell wechselnde Abläufe krampfartige Bewegungen ausgelöst werden.

Da der Schuleintritt mit vielen neuen Eindrücken, neuen Mitschüler*innen, Lehrkräften, Unterbrechungen, wie den Pausen und einigen weiteren Neuheiten verbunden gewesen ist, hatte dies sichtbare Auswirkungen auf die Schülerin.

Zu diesem Sachverhalt möchte ich zweierlei Erfahrungen anbringen. Angefangen damit, dass ich unglaublich begeistert gewesen bin, wie verständnisvoll und hilfsbereit die Schüler*innen dieser Klasse untereinander gewesen sind. Gleich zu Beginn wurde durch die Lehrkraft und die Schülerin erklärt, weshalb die Schülerin in einigen Situationen ,wackelt‘ und dass sie hierbei Unterstützung braucht – daher war auch die Anwesenheit der Assistenz geklärt. Die Mitschüler*innen haben die Schülerin nach wie vor eingebunden, Hilfe angeboten und ein herzlicher Umgang war zu spüren. Die Kinder machten keine Unterschiede untereinander oder urteilten in irgendeiner Weise, was so schön mit anzusehen war.

Nun möchte ich jedoch noch eine andere Seite dieses Sachverhalts thematisieren. Nach den ersten zwei Schulwochen kam es seitens der Schülerin zu einer strikten Schulverweigerung und sie verpasste in den nächsten Wochen viel Lernstoff und der Kontakt zu den Mitschüler*innen wurde immer geringer. Die Überforderung der Schülerin war innerhalb des Unterrichts zu sehen, die vielen neuen Eindrücke sind ihr zu viel geworden.

Ich habe mich gefragt, ob eine Klasse mit weniger Schüler*innen, eine an ihre Bedürfnisse angepasste Umgebung und mehr Förderung den Schuleintritt der Schülerin erleichtert hätten? Eine sichtbare Überforderung und eine anschließende Schulverweigerung sollten schließlich nicht den Eintritt in die Grundschule prägen und ausmachen.

Zusammenfassend möchte ich sagen, dass ich den miterlebten Umgang unter den Schüler*innen bereichernd fand und hoffe, dass diese Akzeptanz und Gleichberechtigung in allerlei Hinsicht weiter ausgebaut und gefördert wird. Ich denke, dass eine inklusive Beschulung viel Positives bewirken kann und möglicherweise auch Sichtweisen verändert werden können. Auf der anderen Seite gibt es meinerseits offene Fragen die mich beschäftigen, wie beispielsweise:  Wie wird mit solchen Situationen umgegangen und gibt es Grenzen bezüglich der Umsetzung einer inklusiven Beschulung?

Fragen, auf die ich hoffentlich eine Antwort finden werde.

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1 Kommentar

  1. Liebe Natalie,

    mir hat dein Blogeintrag sehr gut gefallen. Besonders interessant und wichtig finde ich, dass du nicht nur eine positive Erfahrung geteilt hast, sondern auch eine eher schwierige Situation mit der interessanten Fragestellung: Gibt es Grenzen bei der inklusiven Beschulung?
    Die Tatsache, dass das Kind zunächst scheinbar gut in der Gemeinschaft angekommen ist, dann allerdings mit dem „Druck“ nicht zurechtgekommen ist, macht deutlich, dass Inklusion in der Schule nicht nur ausschließlich mit den Schüler*innen und Lehrkräften steht und fällt, sondern dass das Schulsystem noch nicht so inklusive ist, dass es individuell jedem Kind gerecht werden kann. Mich deine konkrete Erfahrung damit sehr zum Nachdenken angeregt.

    Ich bin, genauso wie du, unheimlich gespannt, ob wir während unseres Studiums Antworten auf diese Fragen finden werden.

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