Deutsch als Zweitsprache

All die aus verschiedenen Ländern zugewanderten Schulkinder, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, werden Seiteneinsteiger genannt. Mittlerweile ist jeder Fünfte ein Schüler mir Migrationshintergrund. Um ihre schulische und sprachliche Integration zu ermöglichen, gibt es mehrere Lösungen. Bundesweit werden Alphabetisierungskurse angeboten. Die sind besonders für all die SuS gedacht, die weder lesen noch schreiben können. Dies bezieht sich auch auf die Herkunftssprache. Das Ziel solcher Kurse ist den Seiteneinsteiger ein grundlegendes Sprachwissen zur Erweiterung der allgemeinsprachigen Kompetenzen anzubieten.

Bremische Schulen bieten reguläre Vorklassen, die auf Alter, soziokulturellen Hintergrund oder Muttersprache bezogen, sehr binnendifferenziert sind. Die Vorklassen bestehen in Regel aus etwa 15 SuS und bieten 20 Unterrichtsstunden pro Woche an. Eines von mehreren Zielen solcher Kurse ist es, den SuS Sprach- und Lesekompetenz bis zu A2 Niveau aufzubauen. Je nach Fächer (z.B. Sport oder Musik) dürfen die Seiteneinsteiger schnell in die Regelklassen wechseln. Zu den Fächern, die höheres Sprach- und Verständnisniveau fordern, wird  erst nach einem Jahr gewechselt.

Während eines außerstudentlichen Praktikums in einem Gymnasium konnte ich sehr gut beobachten, wie die Sprachförderung der Seiteneinsteiger durchgeführt wird. Die DaZ Kurse wurden von jungen und unerfahrenen Bundesfreiwilligendienstlern geführt. Die für diesen Zweck gebildeten Gruppen waren sehr heterogen. Aus den 8 SuS war die Hälfte polnischer Herkunft, jeweils zwei Jungen aus Syrien und aus Rumänien. Die letzten vier SuS haben sehr schnell große Fortschritte mit der Sprache gemacht. Leider war keiner von den polnischen SuS dazu motiviert, die deutsche Sprache zu beherrschen. Die Kurskräfte fanden dazu keine Lösungen, daher bestand der DaZ Kurs aus nur gut sprechenden oder kaum sprechenden Seiteneinsteigern.

Die gleichen SuS nahmen zwar Teil an dem Regelunterricht, z.B. Erdkunde oder Englisch. Dennoch, zu meiner Überraschung, wurden sie ganz nach vorne zum Lehrer gesetzt und wurden gefordet Buchstabenaufgaben oder ähnliches aus dem zusätzlichen DaZ Kurs zu machen, anstatt gemeinsam mit den anderen SuS an dem Regelunterricht teilzunehmen. Es war wahrscheinlich gut von dem Lehrer gemeint, dennoch aus meiner Sicht musste es für schwache Seiteneinsteiger, die vorne sitzen müssen und nicht die gleichen Aufgaben wie der Rest der Klasse bekommen, sehr demotivierend und peinlich gewesen sein.

Ich stehe immer noch in Kontakt mit einer Deutschlehrerin aus diesem Gymnasium und habe sie gefragt, wie sie Lesekompetenzen der Seiteneinsteiger einschätzt. Ihrer Meinung nach sind die meisten Kinder, die erst nach der Zuwanderung nach Deutschland die Sprache erworben haben, noch sehr lange verunsichert, wenn sie ein Abschnitt oder Text vor der ganzen Klasse vorlesen sollten. Sie kennen zwar die allgemeinen Sprachregeln, brauchen aber mehr Zeit um die richtige Betonung des Satzes zu finden. Die Lehrerin konnte bestätigen, dass Seiteneinsteiger sehr gut Texte verstehen. In den meisten Fällen schneiden sie sogar besser als die SuS mit Deutsch als Erstsprache ab.

Ein Gedanke zu „Deutsch als Zweitsprache“

  1. Hallo Aleksandra Maria,

    vielen Dank für deinen Beitrag, den ich als sehr gelungen einschätze. Interessant finde ich, dass du das Hauptaugenmerk zunächst auf die Alphabetisierungskurse legst, die in unterschiedlichem Maße für die Bedürfnisse der Grundschule, mittlerer Stufe und oberer Stufe angepasst sind bzw. angepasst sein sollen und zunächst produktive, folgend dann rezeptive Kenntnisse vermitteln soll. Das br Schulgesetz besagt hier, dass Schüler und Schülerinnen einen mehrmonatigen Sprachkurs belegen müssen, jedoch bei überdurchschnittlichem Fortschritt der Kenntnisse früher in den Regelunterricht wechseln können. Wie von dir beschrieben, ist es oft sinnvoll, Schüler und Schülerinnen ohne oder mit wenigen Sprachkenntnissen die Möglichkeit der Teilnahme an Regelunterricht anzubieten, der nicht im besonderen Maße sprachlich fordernd ist, wie beispielsweise Kunst.

    Die von dir beschriebenen Zustände und Methoden in der Praxis zeigen die Mängel. Dass freiwillige Helfer, die oftmals in keinem oder keinem adäquaten Umfang geschult sind, diese Tätigkeit ausüben, zeigt den Fachkräftemangel deutlich an. Insbesondere, da hier der Grundbaustein, nicht nur für den weiteren Schulverlauf, sondern das gesamte Leben im deutschsprachigem Raum gelegt wird.

    Interessant ist auch, dass die Zugewanderten der Einschätzung deiner Lehrerin nach oftmals ein besseres Textverständnis erwerben, als Einheimische. Dies muss jedoch noch während der Lernzeit in der Schule auch auf das Hörverstehen und die Aussprache übertragen werden, um eine sprachliche Sicherheit im Alltag herzustellen.

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