Zuschreibung in der Schule
In der Schule entstehen Geschlechterrollen ständig neu durch ein Wechselspiel von Inszenierung und Zuschreibung. Kinder inszenieren ihr Geschlecht aktiv – zum Beispiel durch Kleidung, Verhalten oder Sprache – was West und Zimmerman (1987) als Doing Gender bezeichnen. Gleichzeitig erleben sie Zuschreibungen von außen, wenn Lehrkräfte oder Mitschüler:innen bestimmte Eigenschaften wie „brav“ oder „wild“ mit ihrem Geschlecht verknüpfen.
Die Vorlesungsfolien (26–30) zeigen deutlich, dass Mädchen oft für ihre Disziplin gelobt werden, während Jungen mit Aktivität oder Coolness auffallen. Fantini (2020) beschreibt, dass Jungen ihre Identität häufig durch Abgrenzung von „Weiblichem“ formen, was besonders dann sichtbar wird, wenn männliche Bezugspersonen fehlen. Dieses Spannungsfeld sorgt dafür, dass sich Geschlechterrollen immer wieder verfestigen, auch wenn die Schule eigentlich als neutraler Ort gelten soll.
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2. Reflexion eigener Erfahrungen
In meinem Orientierungspraktikum sowie auf meiner Arbeit habe ich ähnliche Muster erlebt: Jungs sind oft laut, Mädchen fleißig. Im Praktikum zeigte sich vor allem in Klassen mit DaZ-Schüler:innen, dass Mädchen mit Migrationshintergrund sprachlich stark auftraten, während Jungen eher durch Zurückhaltung oder betonte Lässigkeit auffielen. Fantini und Sudy weisen darauf hin, dass diese Jungen oft traditionelle Männlichkeitsbilder übernehmen und schulische Leistung abwerten.
Auffällig war auch, dass Lehrkräfte Lob unterschiedlich verteilten: Mädchen wurden für sprachliche Präzision gelobt, Jungs eher für Sportlichkeit oder Durchsetzungsvermögen. Das verdeutlicht, wie eng Sprache und Gender zusammenspielen und wie stark Zuschreibungen den schulischen Alltag prägen.
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3. Beobachtungsaufgabe fürs Praktikum
In einer beobachteten Unterrichtsstunde soll darauf geachtet werden, wie Lehrkräfte mit Mädchen und Jungen umgehen: Wer wird wie oft gelobt, wer wird wie eingebunden? Besonders spannend ist der Blick auf Kinder mit nicht-deutscher Erstsprache: Gibt es hier Unterschiede im Umgang mit Mädchen und Jungen? Auch die Körpersprache der Schüler:innen sollte beobachtet werden, um zu sehen, wie sie ihr Geschlecht inszenieren und ob diese Muster von der Lehrkraft unterstützt oder hinterfragt werden. Ziel ist es, zu erkennen, wie Gender und andere Heterogenitätsmerkmale – vor allem Sprache – zusammenspielen.
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Quellen:
Fantini, C. (2020): Männlichkeitsentwürfe in widersprüchlichen Verhältnissen.
Ringvorlesung: Gendersensible Pädagogik 2025 (Folien 26–30).
West, C. & Zimmerman, D. H. (1987): Doing Gender.
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