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  • Abschlussreflexion

    Die erste wichtige Erkenntnis aus der Ringvorlesung war die Bedeutung von Differenzierung und Personalisierung im Unterricht für mich. Ich fand den Punkt von Ainscow und Booth (2017) sehr wichtig, dass eine qualitativ gute inklusive Schule immer an Bildungsgerechtigkeit und Demokratie ausgerichtet ist (vgl. Ainscow, 2020; Booth & Ainscow, 2017). Vielfalt wird nicht durch Separierung gestaltet, sondern durch gemeinsames Arbeiten und differenzierte Förderung, was auch Booth und Ainscow (2017) in Index für Inklusion beschreiben. Für Fächer Deutsch und Mathematik bedeutet es, Aufgaben zu erstellen, die jedes Kind auf seinem Niveau lernen kann, zum Beispiel Schreibaufgaben, die unterschiedlich in der Länge sind oder auf unterschiedlichem Niveau ein Lückentext. In Mathe könnte man Aufgaben geben, in denen man unterschiedliche Lösungswege nutzen kann. Bei manchen SchülerInnen können die Antworten gegeben sein, damit sie  nur die passende Aufgabe dazu finden, während bei einigen SchülerInnen keine Lösungen stehen.

    Die zweite Erkenntnis betrifft die Beziehungsarbeit. Beziehungen zwischen Lehrkräften und SchülerInnen sind sehr entscheidend für den Lernerfolg. Es ist kein Geheimnis, dass Mädchen in der Schule erfolgreicher sind, als Jungen. Christoph Fantini hatte in seinem Beitrag über Männlichkeitsentwürfe in der Grundschule thematisiert, dass Jungen schon früh das Gefühl haben, Mädchen seien „schlauer“, was auch mit der Dominanz weiblicher Lehrkräfte im Grundschulbereich zusammenhängt (vgl. Fantini, 2020: 8). Steele und Aronson (1995: 797) beschreiben dies auch als „Stereotype Threat: Wenn Kinder nach negativem zugeschrieben werden, beeinflusst das ihr Lernverhalten. Auch die Podiumsdiskussion im LIS von Herr Fantini hat mir diese Erkenntnis nochmal verstärkt. Während dort männliche Teilnehmende ihre Erfahrungen und Gefühle mitgeteilt haben, konnte ich die theoretischen Inhalte der Vorlesung vertiefen. 

    2.  In meinem Orientierungspraktikum habe ich gesehen, wie unterschiedlich Heterogenität in der Schule gelebt wird. Die Klassen waren jahrgangsgemischt, und die älteren Kinder sollten die Jüngeren bei der Eingewöhnung unterstützen. Eine Zeitlang funktionierte dieses Patensystem auch gut, doch nach einer Weile ließ die Motivation der Älteren nach. Leider habe ich auch miterlebt, wie ältere SchülerInnen die jüngeren ausgelacht oder gehänselt haben. In einer anderen Klasse habe ich es dagegen ganz anders empfunden. Dort herrschte ein angenehmes Klima, die Kinder halfen sich gegenseitig und lachten wenn dann, miteinander. Hier wurde die Heterogenität tatsächlich zu einer Bereicherung. Heterogenität gelingt nur dann, wenn Unterschiede nicht hierarchisch interpretiert werden (Prengel, 2007). In einer Klasse wurde das Alter zur Hierarchie und in der anderen Klasse zur Ressource. Mir wurde bewusst, dass ein gutes Konzept auch schnell kippen kann. Es hängt sehr stark von der Lehrkraft ab, ob Heterogenität gelingt oder nicht. Strukturen wie Jahrgangsmischung reichen alleine nicht aus. Entscheidend ist, ob die Lehrkraft Konflikte aufgreift, bewusst kooperiert und eine gute Beziehung miteinander aufbaut. Diese Erfahrung hat mir auch noch einmal gezeigt, wie wichtig Beziehungsarbeit ist.

    3. Ich nehme folgende zwei Fragen mit:

    Ich habe verstanden, dass Differenzierung und sprachsensibler Unterricht im Mathematikunterricht in heterogenen Gruppen eine große Rolle spielen. Was mir jedoch fehlt, ist die richtige Herangehensweise. Ich frage mich, wie Aufgaben so gestaltet werden können, dass wirklich alle Kinder profitieren. Die SchülerInnen sollten nicht überfordert und nicht unterfordert werden. Ich wünsche mir, im Studium noch mehr praktische Beispiele und Methoden kennenzulernen, die sich direkt im Unterricht einsetzen lassen. Besonders hilfreich wären Unterrichtsbeispiele,Materialien oder auch Stundenentwürfe, damit man eine Vorstellung kriegt.

    Die zweite Frage betrifft die Elternarbeit in vielfältigen Klassen. Ich habe in meinem Praktikum erlebt, dass viele Eltern nicht zum Elternabend gekommen sind, weil ihre Deutschkenntnisse nicht ausreichten. Das hat mir gezeigt, dass es dringend andere Wege geben muss, um nicht-deutschsprachige Eltern einzubinden. Ich frage mich, welche Möglichkeiten und Konzepte es braucht, um Eltern, unabhängig von ihrer Sprache oder ihrem Hintergrund, wirklich teilhaben zu lassen. Mich interessiert, wie man Elternabende, Gespräche und Informationen für alle verständlich und zugänglich gestaltet. Darüber hinaus hätte ich mir in der Vorlesung gewünscht, die Perspektive des SchülerInnen  einzubeziehen. 

  • RV12

    Politische Bedeutung:

    Mir war schon früh bewusst, dass der Umgang mit Heterogenität auch politisch geprägt ist. Schule soll laut Gesetz eigentlich für alle sein – unabhängig von Herkunft oder Religion. Trotzdem gibt es immer noch Situationen, in denen das nicht eingehalten wird. Zum Beispiel beim Thema Kopftuch im Sportunterricht oder bei der Anerkennung religiöser Feste. Dass weltanschauliche Heterogenität als zentrale Herausforderung genannt wird, kann ich daher sehr gut nachvollziehen (vgl. Antidiskriminierungsstelle des Bundes, 2020).

    Als Muslima, die schon früh in der Schule ein Kopftuch getragen hat, habe ich erlebt, dass Religion oft ignoriert und kritisch gesehen wird.

    Für mich ist das von politischer Sicht – denn das Ablehnen von Religion oder Herkunft wird auch von politischen Debatten geprägt und in den Schulalltag übertragen. Das Kopftuch wird im Schulsystem häufig als politisches Symbol wahrgenommen, obwohl es für mich etwas persönliches ist.

    Ich möchte als Lehrerin ein Vorbild sein und zeigen, dass es auch auf Lehrkraftebene Vielfalt gibt – und dass diese Vielfalt nicht versteckt, sondern geteilt und geschätzt werden soll.

    2. Notwendigkeit der Selbstreflexion von Lehrkräften

    Einer der wichtigsten Punkte ist die Selbstreflexion von Lehrkräften.

    Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass man unbewusst mit vielen Vorurteilen durch den Tag geht. Quch als Lehrkraft hat man Erwartungen: wie sich ein Kind zu verhalten sollte, was es können müsste oder wie er zu sein hat. Dabei sollte man dieses Muster brechen und seine Denkweise hinterfragen (vgl. Faulstich-Wieland 1991; Budde 2021, Fantini 2000).

    Als Lehrkraft möchte ich mir immer Zeit nehmen, um mein Verhalten und mein Denken zu reflektieren. Dadurch schafft man eine Vertrautheit zwischen den Kindern und sich selbst und kann den SchülerInnen besser zuhören, ohne Vorurteile zu haben.

    3. Kooperation mit Elternhaus

    Schon im ersten Semester hatte ich ein Seminar bei Frau Ostermann zum Thema Kooperation zwischen Elternhaus und Schule. Seitdem weiß ich, wie wichtig diese Zusammenarbeit ist. Die Ringvorlesung hat das nochmal verstärkt: Die familiären Voraussetzungen prägen die Bildungschance von Kindern sehr stark – z.B ob Zuhause gelesen wird, welche Sprache Zuhause gesprochen wird oder wie Eltern Bildung einschätzen (vgl. Schüler 2021)

    Ich möchte als Lehrkraft offen auf Eltern zugehen. Positive Rückmeldungen über ihr Kind geben, persönliche Einladungen geben und Gespräche auf Augenhöhe führen. Das sind meiner Meinung nach Schritte für Vertrauen. Ich bin überzeugt, dass es positiv auf ein Kind wirkt, wenn die Eltern und die Schule eine gute Beziehung haben.

     

    Quellen:

    • Fantini, C. (2025): Präsentation „Ringvorlesung: Umgang mit Heterogenität in der Schule“
    • Faulstich-Wieland, H. (1991): Reflexive Koedukation
    • Budde, J. (2021): Intersektionale Benachteiligung von Jungen
    • Fantini, C. (2000): Pulverfass der Meinungen – Genderpädagogik
    • Schüler, C. (2021): Bedeutung der Schriftkultur für Bildungsteilhabe
    • Antidiskriminierungsstelle des Bundes (2020): Weltanschauliche Heterogenität
    • Paritätischer Armutsbericht (2020): Bildungsungleichheit in Deutschland
  • Politische Bedeutung:

    Mir war schon früh bewusst, dass der Umgang mit Heterogenität auch politisch geprägt ist. Schule soll laut Gesetz eigentlich für alle sein – unabhängig von Herkunft oder Religion. Trotzdem gibt es immer noch Situationen, in denen das nicht eingehalten wird. Zum Beispiel beim Thema Kopftuch im Sportunterricht oder bei der Anerkennung religiöser Feste. Dass weltanschauliche Heterogenität als zentrale Herausforderung genannt wird, kann ich daher sehr gut nachvollziehen (vgl. Antidiskriminierungsstelle des Bundes, 2020).

    Als Muslima, die schon früh in der Schule ein Kopftuch getragen hat, habe ich erlebt, dass Religion oft ignoriert und kritisch gesehen wird.

    Für mich ist das von politischer Sicht – denn das Ablehnen von Religion oder Herkunft wird auch von politischen Debatten geprägt und in den Schulalltag übertragen. Das Kopftuch wird im Schulsystem häufig als politisches Symbol wahrgenommen, obwohl es für mich etwas persönliches ist.

    Ich möchte als Lehrerin ein Vorbild sein und zeigen, dass es auch auf Lehrkraftebene Vielfalt gibt – und dass diese Vielfalt nicht versteckt, sondern geteilt und geschätzt werden soll.

    2. Notwendigkeit der Selbstreflexion von Lehrkräften

    Einer der wichtigsten Punkte ist die Selbstreflexion von Lehrkräften.

    Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass man unbewusst mit vielen Vorurteilen durch den Tag geht. Quch als Lehrkraft hat man Erwartungen: wie sich ein Kind zu verhalten sollte, was es können müsste oder wie er zu sein hat. Dabei sollte man dieses Muster brechen und seine Denkweise hinterfragen (vgl. Faulstich-Wieland 1991; Budde 2021, Fantini 2000).

    Als Lehrkraft möchte ich mir immer Zeit nehmen, um mein Verhalten und mein Denken zu reflektieren. Dadurch schafft man eine Vertrautheit zwischen den Kindern und sich selbst und kann den SchülerInnen besser zuhören, ohne Vorurteile zu haben.

    3. Kooperation mit Elternhaus

    Schon im ersten Semester hatte ich ein Seminar bei Frau Ostermann zum Thema Kooperation zwischen Elternhaus und Schule. Seitdem weiß ich, wie wichtig diese Zusammenarbeit ist. Die Ringvorlesung hat das nochmal verstärkt: Die familiären Voraussetzungen prägen die Bildungschance von Kindern sehr stark – z.B ob Zuhause gelesen wird, welche Sprache Zuhause gesprochen wird oder wie Eltern Bildung einschätzen (vgl. Schüler 2021)

    Ich möchte als Lehrkraft offen auf Eltern zugehen. Positive Rückmeldungen über ihr Kind geben, persönliche Einladungen geben und Gespräche auf Augenhöhe führen. Das sind meiner Meinung nach Schritte für Vertrauen. Ich bin überzeugt, dass es positiv auf ein Kind wirkt, wenn die Eltern und die Schule eine gute Beziehung haben.

     

    Quellen:

    • Fantini, C. (2025): Präsentation „Ringvorlesung: Umgang mit Heterogenität in der Schule“
    • Faulstich-Wieland, H. (1991): Reflexive Koedukation
    • Budde, J. (2021): Intersektionale Benachteiligung von Jungen
    • Fantini, C. (2000): Pulverfass der Meinungen – Genderpädagogik
    • Schüler, C. (2021): Bedeutung der Schriftkultur für Bildungsteilhabe
    • Antidiskriminierungsstelle des Bundes (2020): Weltanschauliche Heterogenität
    • Paritätischer Armutsbericht (2020): Bildungsungleichheit in Deutschland
  • RV10

    Kinder bringen bereits vor dem Schuleintritt unterschiedliche Zugänge zur Schrift mit. Ein Beispiel dafür ist Saschas „Sonne“-Puzzle (Weinhold 2025, Folie 3). Die Kinder erkennen Buchstaben wie „O“, „N“ oder „S“ und ordnen sie schließlich zum Wort „Sonne“. Schrift wird hier als Spiel und Bedeutungsträger erlebt. Während Sandra das Wortbild erkennt und die Buchstaben in die richtige Reihenfolge bringt, erwartet Anwar ein Bild und versteht zunächst nicht, dass Buchstaben ein Wort meinen können. Auch Jan-Carlos zeigt einen persönlichen Zugang zur Schrift: Er liest Teile seiner diktierten Geschichte über seinen Hund Pascal selbst („Wo ist Pascal“) und erlebt Schrift als Möglichkeit, Persönliches festzuhalten (Weinhold 2025, Folie 4).

    Der Begriff der elementaren Schriftkultur beschreibt die ersten Begegnungen von Kindern mit Schrift, bei denen Schrift subjektiv bedeutsam, funktional und in soziale Kontexte eingebettet ist (Weinhold 2025, Folie 12). Kinder erfahren Schrift zum Beispiel durch das Erkennen von Straßenschildern oder das Beobachten von Einkaufszetteln im Alltag. Die elementare Schriftkultur unterscheidet sich von der Kulturtechnik, die auf den Erwerb von Fertigkeiten, Regeln und das systematische Durchschauen des Schriftsystems abzielt (Weinhold 2025, Folien 14–15). Zugänge zur elementaren Schriftkultur können durch diktierendes Schreiben (Kinder erzählen, Erwachsene schreiben auf), durch regelmäßiges Vorlesen und Erzählen oder durch das Verfassen eigener Texte zu Bilderbuch- oder Medienfiguren geschaffen werden (Weinhold 2025, Folien 19–20).

    Die IGLU-Studie 2022 zeigt eine zunehmende Leistungsheterogenität im Lesen. Ein Grund dafür ist, dass viele Kinder keinen persönlich bedeutsamen Zugang zur Schrift finden, weil ihnen dieser Zugang im Elternhaus oder sozialen Umfeld fehlt (Schüler 2021: 16; Weinhold 2025, Folie 18). Der schulische Unterricht schafft es bislang nicht ausreichend, diese Lücke zu schließen. Der Leseunterricht müsste daher stärker die Bedeutung und den Sinn von Schrift in den Mittelpunkt stellen, etwa durch mehr Vorlesen, eigene Geschichten der Kinder oder alltagsnahe, differenzierte Angebote, die an die Lebenswelt der Kinder anknüpfen (Weinhold 2025, Folie 27).

    Quellen:
    Weinhold, S. (2025): Ringvorlesung Umgang mit Heterogenität in der Schule. Elementare Schriftkultur.
    Schüler, L. (2021): Elementare Schriftkultur in heterogenen Lernkontexten. Zugänge zu Schrift und Schriftlichkeit. Seelze: Klett/Kallmeyer.
    Dehn, M. / Hüttis-Graff, P. (2000): Zeit für die Schrift II. Beobachtung und Diagnose. Berlin.

  • rv09

    1. Aus dem Förderkonzept „Entdecken und Erzählen“ (Böning & Thöne, 2017: 29) für die Kita finde ich die Stuhlkreisarbeit mit Erzählkarten  gut zu schulischen Kontext übertragbar. Diese Erzählhilfe hilft den Kindern, über Bücher oder Spiele zu berichten, was das Sprachvermögen, als auch das mathematische Denken stärkt. Auch die Ausleihe von Materialien mit hohem Aufforderungscharakter, wie mathematikbezogene Spiele oder Bilderbücher wären sehr gut (Böning & Thöne, 2017: 30). Eltern werden somit stärker einbezogen und Kinder erhalten auch zu Hause sprachlich und fachlich anregende Impulse. Damit es auch wirklich umgesetzt wird, sollten die Kinder einen Schein bekommen, wo die Eltern es nach dem Spielen etc. unterschreiben müssen.  Die Verknüpfung von Erzählen, Spielen und mathematischen Themen fördern Sprache und Mathematik gleichzeitig. Sowie auch die Eltern-Kind-Interaktion.

     

    2. Funktionen der Sprache jeweils an einem konkreten Beispiel in einem ihrer Unterrichtsfächer Sprache hat im Unterricht verschiedene Funktionen, die sich in meinen Fächern unterschiedlich zeigen. Im Kunstunterricht wird Sprache oft unterschätzt, spielt aber eine wichtige Rolle. Zum Beispiel in der Reflexion: Wenn Kinder ihr eigenes Werk oder das eines anderen beschreiben, bewerten oder über die Entstehung sprechen sollen.  Dabei übernehmen sie eine symbolische und reflektierende Funktion der Sprache. Diese Gespräche fördern nicht nur das ästhetische Empfinden, sondern auch den Wortschatz und das Ausdrucksvermögen.

    3. Wie geht die Lehrerin mit sprachlichen Schwierigkeiten im Mathematikunterricht um? :Mit dieser Beobachtungsfrage würde ich drauf achten, ob die Lehrkraft sprachlich gezielt unterstützt bzw welche Methoden sie nutz,  um die sprachlichen Schwierigkeiten zu schaffen

    Wie nutzen SchülerInnen Sprache, um mathematische Zusammenhänge zu erklären oder Aufgaben zu lösen? : Mit Blick auf, ob die Kinder die  Begriffe wie „mehr“, „weniger“, „halb“, „gleich viel“ oder „ein Drittel“ korrekt verwenden. Außerdem sollte darauf geachtet werden., ob sie ihre Rechenwege in vollständigen Sätzen beschreiben können.

     

    Quellenverzeichnis:

    Bönig, D. & Thöne, B. (2017): Integrierte Förderung von Mathematik und Sprache in Kita und Familie. In: Schuler, S., Streit, C. & Wipmann, G. (Hrsg.), Perspektiven mathematischer Bildung im Übergang vom Kindergarten zur Grundschule (S. 27-40). Wiesbaden: Springer

  • RV07

    1. Vorwissen ist extrem wichtig fürs Lernen – sogar noch wichtiger als Intelligenz (vgl. Ausubel, 1968, S. 127). Es fällt SchülerInnen viel leichter, neue Inhalte zu verstehen, wenn sie über ein Thema schon etwas wissen. Die Intelligenz hilft zwar beim Denken und Problemlösen, aber ohne Vorwissen bringt das oft nicht viel. Die Studie von Schneider, Körkel & Weinert (1989, S. 177–178) zeigt: Kinder mit viel Fußballwissen verstanden eine Geschichte besser – unabhängig von der Intelligenz. Zusammen wirken sie sehr gut, aber Vorwissen scheint im schulischen Kontext wichtiger zu sein. Aber auch umgekehrt ist es so: Wissen alleine genügt nicht ohne intelligente Verarbeitung. Interessant fand ich auch, dass schon ein paar Monate mehr Unterricht den IQ steigern kann (vgl. Rost & Wild, 1995, S. 42 f.; Langfeldt, 2006, S. 73). Das zeigt, wie sehr Umwelt, in dem Fall Schule, Intelligenz beeinflusst. Das gibt mir Hoffnung, dass jeder belehrbar ist und „richtig Lernen” nicht angeboren und eine Begabung ist.
    2. In meinem bisherigen Praktikum in einer jahrgangsgemischten Grundschulklasse habe ich vieles beobachten können. Besonders bei den ZweitklässlerInnen fiel mir auf, dass ich fälschlicherweise annahm, alle könnten schon lesen oder einigermaßen die Buchstaben kennen. Manche Kinder mit älteren Geschwistern konnten tatsächlich schon flüßig lesen – das war aber nicht bei allen so. Ein Zweitklässler konnte zum Beispiel noch nicht alle Buchstaben erkennen. Ich war zunächst überfordert, wie ich ihn unterstützen könnte. Die Lehrerin gab mir dann den Tipp, mit einer Alphabetstabelle zu arbeiten, auf der zu jedem Buchstaben ein Tier oder Objekt abgebildet war. Dazu gab es bestimmte Bewegungen, die die Kinder auswendig gelernt hatten. Der Schüler konnte durch die Bewegung den Buchstaben erkennen – sein motorisches Vorwissen half ihm dabei. Diese Erfahrung hat mir deutlich gezeigt, wie wichtig Vorwissen beim Lernen ist – und wie man es auch auf unterschiedlichen Wegen aktivieren kann (vgl. Langfeldt, 2006, S. 71).
    3. Ich finde, dass Vorwissen zu wenig beachtet wird, als Intelligenz. Helmke (2009, S. 236 f.) kritisiert ebenfalls, dass der Unterricht selten an die Voraussetzungen der SchülerInnen angepasst wird. Dabei finde ich, dass leistungsschwächere Kinder aus dem Blick verloren gehen, wobei diese Kinder auch ihre Intelligenz weiterführen könnten, wenn es ihnen beigebracht wird, statt davon auszugehen, dass sie bestimmte Dinge bereits können Blick „Das können sie bestimmt” oder „Das müssen die schon können”. Für mein nächstes Praktikum würde ich die Forschungsfrage „Wie erfassen Lehrkräfte das Vorwissen – und wie setzen sie es im Unterricht um?“ Ich könnte dazu Gespräche mit Lehrkräften führen oder beobachten, wie neue Themen eingeführt werden. Vielleicht findet man dabei auch gute Beispiele für adaptiven Unterricht, der wirklich alle mitnimmt (vgl. Langfeldt, 2006, S. 73).

     

     

    Literaturverzeichnis:
    • Ausubel, D. P. (1968). Educational psychology: A cognitive view. New York: Holt, Rinehart & Winston.
    • Helmke, A. (2009). Unterrichtsqualität und Lehrerprofessionalität: Diagnose, Evaluation und Verbesserung des Unterrichts (3. Aufl.). Seelze: Kallmeyer.
    • Langfeldt, H.-P. (2006). Psychologie für die Schule (Kap. 3: Voraussetzungen schulischen Lernens, S. 69–82). Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
    • Rost, D. H., & Wild, K.-P. (1995). Intelligenz und Schulleistung: Ergebnisse aus Längsschnittuntersuchungen. In D. H. Rost (Hrsg.), Entwicklungspsychologie des Schulalters (S. 29–47). Weinheim: Beltz.
    • Schneider, W., Körkel, J., & Weinert, F. E. (1989). Domain-specific knowledge and memory performance: A comparison of high- and low-aptitude children. Journal of Educational Psychology, 81(3), 306–312.

  • rv03

     

     

     

     

     

     

     

     

    Zuschreibung in der Schule

    In der Schule entstehen Geschlechterrollen ständig neu durch ein Wechselspiel von Inszenierung und Zuschreibung. Kinder inszenieren ihr Geschlecht aktiv – zum Beispiel durch Kleidung, Verhalten oder Sprache – was West und Zimmerman (1987) als Doing Gender bezeichnen. Gleichzeitig erleben sie Zuschreibungen von außen, wenn Lehrkräfte oder Mitschüler:innen bestimmte Eigenschaften wie „brav“ oder „wild“ mit ihrem Geschlecht verknüpfen.

    Die Vorlesungsfolien (26–30) zeigen deutlich, dass Mädchen oft für ihre Disziplin gelobt werden, während Jungen mit Aktivität oder Coolness auffallen. Fantini (2020) beschreibt, dass Jungen ihre Identität häufig durch Abgrenzung von „Weiblichem“ formen, was besonders dann sichtbar wird, wenn männliche Bezugspersonen fehlen. Dieses Spannungsfeld sorgt dafür, dass sich Geschlechterrollen immer wieder verfestigen, auch wenn die Schule eigentlich als neutraler Ort gelten soll.

    2. Reflexion eigener Erfahrungen

    In meinem Orientierungspraktikum sowie auf meiner Arbeit habe ich ähnliche Muster erlebt: Jungs sind oft laut, Mädchen fleißig. Im Praktikum zeigte sich vor allem in Klassen mit DaZ-Schüler:innen, dass Mädchen mit Migrationshintergrund sprachlich stark auftraten, während Jungen eher durch Zurückhaltung oder betonte Lässigkeit auffielen. Fantini und Sudy weisen darauf hin, dass diese Jungen oft traditionelle Männlichkeitsbilder übernehmen und schulische Leistung abwerten.

    Auffällig war auch, dass Lehrkräfte Lob unterschiedlich verteilten: Mädchen wurden für sprachliche Präzision gelobt, Jungs eher für Sportlichkeit oder Durchsetzungsvermögen. Das verdeutlicht, wie eng Sprache und Gender zusammenspielen und wie stark Zuschreibungen den schulischen Alltag prägen.

    3. Beobachtungsaufgabe fürs Praktikum

    In einer beobachteten Unterrichtsstunde soll darauf geachtet werden, wie Lehrkräfte mit Mädchen und Jungen umgehen: Wer wird wie oft gelobt, wer wird wie eingebunden? Besonders spannend ist der Blick auf Kinder mit nicht-deutscher Erstsprache: Gibt es hier Unterschiede im Umgang mit Mädchen und Jungen? Auch die Körpersprache der Schüler:innen sollte beobachtet werden, um zu sehen, wie sie ihr Geschlecht inszenieren und ob diese Muster von der Lehrkraft unterstützt oder hinterfragt werden. Ziel ist es, zu erkennen, wie Gender und andere Heterogenitätsmerkmale – vor allem Sprache – zusammenspielen.

    Quellen:

    Fantini, C. (2020): Männlichkeitsentwürfe in widersprüchlichen Verhältnissen.
    Ringvorlesung: Gendersensible Pädagogik 2025 (Folien 26–30).
    West, C. & Zimmerman, D. H. (1987): Doing Gender.