Diagnostik

Wie sieht die Diagnostik aus?

Die Erforschung der Numeralität, also der Fähigkeit, mathematische Informationen und Ideen zugänglich zu machen, anzuwenden, zu interpretieren und zu kommunizieren, ist    ein zentraler Aspekt moderner Bildungsforschung und -praxis. In der

 

Kompetenzforschung ist anerkannt, dass Numeralität wesentliche Teilhabechancen in zahlreichen Lebensbereichen beeinflusst. Sie ist insbesondere für die Partizipation am Arbeitsmarkt bedeutsam und spielt eine große Rolle in kaufmännischen, gewerblichen, technischen oder mathematisch-naturwissenschaftlichen Berufsfeldern. Darüber hinaus erhöht eine geringe Numeralität das Risiko von Arbeitslosigkeit und geringem Einkommen und verstärkt die Gefahr der Verschuldung und kostenintensiverer Kreditaufnahmen (vgl. Krejcik et al., 2020, 293).

 

Die Relevanz von Numeralität wurde in Deutschland spätestens mit der Ausrufung der „Nationalen Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung“ im Jahr 2015 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Kultusministerkonferenz anerkannt (vgl. ebd., 293). Im Zuge dessen wurde die Bedeutung von Numeralität als sozialer Praxis hervorgehoben, wobei die soziokulturellen, historischen und politischen Kontexte, in denen numerale Praktiken stattfinden, in den Fokus rückten (vgl. Krejcik et al., 2020, 294).

 

Die Forschung zu Numeralität und Alltagsmathematik Erwachsener im deutschsprachigen Raum ist jedoch bisher nur peripher in der wissenschaftlichen sowie in der Praxisdiskussion der Erwachsenenbildung berücksichtigt worden (vgl. Pabst et al., 2019, 380). Dieser Umstand spiegelt sich auch in der quantitativen und qualitativen Forschungslandschaft wider. Während die quantitative Forschung den Vorzug höherer Kompetenzen aufzeigen kann, legen qualitative Studien den Fokus auf individuelle Anwendungen und Bedeutungszuschreibungen sowie auf gesellschaftliche Anforderungs- und Machtstrukturen (vgl. ebd., 379f.).

 

Im Rahmen der Forschung zu Numeralität als sozialer Praxis (NSP) wird der Blick auf individuelle numerale Praktiken und die damit verbundenen Bedeutungszuschreibungen gelenkt. Dieser Ansatz ermöglicht es, zu erkennen, wie Menschen Numeralität subjektiv praktizieren und nutzen, und welche gesellschaftlichen und kulturellen Vorstellungen von Numeralität das Leben und Handeln der Menschen prägen (vgl. ebd., 380). Damit verlagert sich der Fokus von einer reinen Kompetenzmessung hin zur Betrachtung der sozialen Einbettung und Anwendung numeraler Fähigkeiten im Alltag der Menschen.

 

Die Diagnosik von Numeralität muss daher sowohl quantitative als auch qualitative Aspekte berücksichtigen, um ein umfassendes Bild der numeralen Praktiken und Kompetenzen von Individuen zu erhalten. Hierbei spielen auch die sozialen und kulturellen Kontexte, in denen Numeralität praktiziert wird, eine wesentliche Rolle. Die Forschung zeigt, dass Numeralität weit mehr ist als das bloße Beherrschen mathematischer Formeln und Prozeduren; sie ist eine soziale Praxis, die das tägliche Leben und die Teilhabemöglichkeiten der Menschen in vielfältiger Weise beeinflusst (vgl. Krejcik et al., 2020, 294).

 

Wie diagnostiziere ich fehlende Numeralität?

 

Die Diagnose fehlender Numeralität ist ein komplexer Prozess, der sowohl quantitative als auch qualitative Methoden erfordert, um ein umfassendes Verständnis der numeralen Kompetenzen einer Person zu erlangen. Die Bedeutung von Numeralität für die Partizipation in vielen Lebensbereichen ist anerkannt und ihre Relevanz für den Arbeitsmarkt, insbesondere in kaufmännischen, gewerblichen, technischen oder mathematisch-naturwissenschaftlichen Berufsfeldern, ist unbestritten. Die Forschung hat gezeigt, dass geringe Numeralität das Risiko von Arbeitslosigkeit und geringem Einkommen erhöht (vgl. Krejcik et al., 2020, 293), was ihre Diagnose umso wichtiger macht.

 

Eine zentrale Herausforderung bei der Diagnose fehlender Numeralität ist die Tatsache, dass Numeralität als eine soziale Praxis verstanden wird, die in soziokulturellen, historischen und politischen Kontexten verankert ist (vgl. ebd., 294). Dies bedeutet, dass die Diagnose über die Messung von mathematischen Fähigkeiten hinausgehen und die sozialen Praktiken, in denen numerale Kompetenzen angewendet werden, berücksichtigen muss. Die Forschung hat Methoden entwickelt, die numerale Praktiken in den Mittelpunkt stellen, wie die Beobachtung von Teilnehmenden und Interviews, die subjektive Beschreibungen und Bedeutungszuschreibungen erheben (vgl. Pabst et al., 2019, 389).

 

Zudem ist die Vulnerabilität bestimmter Gruppen ein wichtiger Aspekt, der bei der Diagnose berücksichtigt werden muss. Menschen mit Lernschwierigkeiten, ältere Menschen oder Personen mit geringem sozioökonomischem Status zeigen unterschiedliche Formen der Vulnerabilität in Bezug auf ihre numeralen Fähigkeiten (vgl. Grotlüschen et al., 2019, 331). Diese Gruppen könnten spezifische Herausforderungen bei der Anwendung von Numeralität in ihrem Alltag erfahren, die in einer Diagnose identifiziert und adressiert werden müssen.

 

Die Forschung legt nahe, dass die Diagnose fehlender Numeralität auch die subjektiven Begründungs- und Bedeutungszusammenhänge sowie die soziale Einbettung von Numeralität berücksichtigen sollte (vgl. Pabst et al., 2019, 379). Dies erfordert einen Ansatz, der über traditionelle Methoden der Kompetenzmessung hinausgeht und die individuellen und sozialen Aspekte numeraler Praktiken einbezieht.

 

Schließlich ist die Forschung gefordert, neue methodische Ansätze zu entwickeln, die die vielfältigen Aspekte von Numeralität erfassen können. Einblicke in aktuelle Forschungsprojekte zeigen, dass durch die Kombination von Beobachtungen, Interviews und Gruppendiskussionen eine differenzierte Sicht auf Numeralität gewonnen werden kann, die sowohl die Fähigkeiten als auch die sozialen Praktiken und die subjektive Bedeutung von Numeralität für die Betroffenen umfasst (vgl. Pabst et al., 2019, 389).

 

Insgesamt erfordert die Diagnose fehlender Numeralität einen multidimensionalen Ansatz, der sowohl die kognitiven Aspekte von Numeralität als auch deren soziale Einbettung und die subjektive Wahrnehmung der Betroffenen berücksichtigt. Die Entwicklung und Anwendung solcher diagnostischen Methoden ist entscheidend, um individuelle Bildungsbedarfe zu identifizieren und Unterstützungsmaßnahmen gezielt anbieten zu können.

„Stimmt’s Kärtchen“ von CurVe

Die „Stimmt’s Kärtchen“ von CurVe sind ein effektives Werkzeug, um das Level der Numeralität zu bestimmen. Diese Kärtchen enthalten eine Vielzahl von Aussagen oder Behauptungen zu mathematischen Konzepten und Problemlösungen. Indem die Teilnehmer*innen diese Aussagen bewerten, können sie ihr Verständnis und ihre Fähigkeiten im Umgang mit Zahlen und mathematischen Situationen reflektieren.

 

Die Kärtchen umfassen verschiedene Aspekte der Numeralität, wie zum Beispiel grundlegende Rechenoperationen, Interpretation von Diagrammen, Proportionalität, Wahrscheinlichkeiten und vieles mehr. Indem die Teilnehmer*innen die Aussagen als „Stimmt“ oder „Stimmt nicht“ bewerten, können sie aufzeigen, welche mathematischen Konzepte sie sicher beherrschen und welche Bereiche möglicherweise weiterer Aufmerksamkeit bedürfen.

 

Durch die Nutzung der „Stimmt’s Kärtchen“ können Lehrer*innen, Trainer*innen oder Tutor*innen das individuelle Level der Numeralität ihrer Schüler*innen oder Teilnehmer*innen besser einschätzen. Die Ergebnisse können dann dazu genutzt werden, gezielte Unterstützung oder zusätzliche Übungen in den Bereichen anzubieten, in denen Verbesserungsbedarf besteht. Auf diese Weise können die Kärtchen dazu beitragen, das mathematische Verständnis und die Fähigkeiten der Teilnehmer*innen zu fördern und ihr Level der Numeralität kontinuierlich zu verbessern.

Hier gelangt ihr zu unserer Seite, auf der eure Schüler_innen ihr Level von Numeracy ermitteln können:

Außerdem könnt ihr diesem Link folgen, um die „Stimmt’s Kärtchen“ im Original nachzuvollziehen:

Literatur

Grotlüschen, A., Buddeberg, K., & Kaiser, G. (2019). Numeralität – eine unterschätzte Domäne der Grundbildung? Zeitschrift für Weiterbildungsforschung, 42, 319 – 342.

Krejcik, L., & Grotlüschen, A. (2020). Von der Umkehr des Matthäus-Effekts – Stundenintensive Weiterbildung bei geringen numeralen Kompetenzen. Zeitschrift für Weiterbildungsforschung, 1-22.

Pabst, A., Curdt, W., Benz-Gydat, M., Schreiber-Barsch, S., & Zeuner, C. (2019). Numeralität als soziale Praxis – forschungstheoretische Einordnung und empirische Zugänge. Zeitschrift für Weiterbildungsforschung, 42, 379 – 395.