Die zehnte Vorlesung, vorgetragen von Bàrbara Roviró, beschäftigte sich mit dem Thema der genderspezifischen Motivation im Fremdsprachenunterricht.
Wenn ich auf meine Schulzeit zurückblicke, fällt mir auf, dass ich in den ganzen Jahren, in denen ich eine Fremdsprache in der Schule erlernt habe, ausschließlich weibliche Lehrkräfte in diesen Fächern hatte.
Auch entschieden sich, als in der sechsten Klasse die Wahl zwischen einer Fremdsprache oder einem anderen Wahlpflichtfach anstand, viele Mädchen für eine Fremdsprache, sodass unser Spanischkurs letztendlich mit überproportional vielen Mädchen besetzt war.
In der Oberstufe gab ich das weitere Erlernen von Spanisch zwar auf, aber von dem, was ich von meinen Mitschülern und Mitschülerinnen mitbekam, gab es auch hier eine große Mehrheit von Mädchen in den Kursen, die Spanisch oder Französisch lernten.
Ein bekanntes Modell, welches das Fremdsprachenlernen von Schülerinnen und Schülern – genderunabhängig – fördert, ist das sogenannte „Rubikonmodell der Handlungsphasen“. Dieses Modell gliedert sich in vier Phasen:
Die erste Phase ist die Phase des Abwägens. Hierbei werden eventuelle Handlungsmöglichkeiten in Betracht gezogen und sich letztendlich für eine davon entschieden.
Daran schließt sich die Phase des Planens an, bei der die vorher getroffene Entscheidung, zuerst einmal theoretisch, umgesetzt wird, ehe sie in der Phase des Handelns auch konkret umgesetzt wird. In der vierten Phase schließlich, der des Bewertens, wird das eigene Handeln wertend beurteilt, selbstreflexiv ausgewertet und so die eigene Leistung, in diesem Fall im Fremdsprachenunterricht, bewusst gemacht .
Wenn ich auf meine eigenen Fremdsprachenlehrwerke zurückblicke, fällt mir auf, dass den dort dargestellten Charakteren die „typischen“ genderspezifischen Merkmale zugeschrieben wurden. Die Jungen spielten Fußball oder Computerspiele, während die Mädchen mit ihren Freundinnen einen gemütlichen Nachmittag verbrachten oder etwas einkauften.
Um gendersensible Stereotypen in Schulbüchern zu ermitteln, könnte man gezielt auf die Darstellung von Mädchen und Jungen achten und diese gegebenenfalls im Unterricht mit den Schülerinnen und Schülern besprechen, sodass auch sie auf diese Problematik hingewiesen würden.
Liebe Mareike,
vorerst möchte ich betonen, wie gut du die Problematik der genderspezifischen Motivation im Fremdsprachenunterricht dargestellt hast. Auch in meiner Schulzeit, kann ich mich überwiegend nur an Lehrerinnen in Fremdsprachen erinnern. Von 6 Lehrkräften, die mich in Englisch in meiner gesamten Schullaufbahn unterrichtet haben, waren nur 2 männlich. Ich hatte die Wahl zwischen Französisch und Spanisch in der 6. Klasse und war die einzige aus meiner Klasse, die Französisch gewählt war, da die meisten Jungen aus meiner Klasse Französisch als „Mädchensprache“ angesehen haben. Also wählten sie lieber das „männliche“ Spanisch. Mein Französischkurs war an sich schon sehr unbeliebt, da sich nur 15 SchülerInnen für Französisch entschieden haben und für Spanisch mehr als 60. In meinem Kurs waren dann auch nur 2 Jungen vom ganzen Jahrgang vertreten. Die angebotenen Kurse wurden ausschließlich von Lehrerinnen unterrichtet, da das ganze Französisch-Spanisch-Personal weiblich war. Ich kann dir nur zustimmen bezogen auf die genderspezifischen Schulbücher. Auch ich habe die Erfahrung gemacht, besonders in Französisch, dass bei dem Thema Einkaufen und Kleidung nur Mädchen gezeigt wurden. Als es dann um Sport ging, waren die Jungen im Fokus. Durch diese Darstellung in Schulbüchern wird ein falsches Bild der Geschlechter dargestellt, was unbedingt verbessert werden muss.
Liebe Mareike, liebe Lea,
es ist interessant, wie wenig Jungs bei Euch in den Sprachen vertreten waren. Vermutlich bin ich älter als Ihr und bei uns waren in Französisch und auch Englisch kaum nennenswert die Mädchen in der Überzahl, obwohl tatsächlich auch bei uns die Männer nur Englisch lehrten. Vermutlich hat das Interesse mit der Kommunikationsfähigkeit,-Wunsch zu tun, während Jungs eher mundfaul in dem Alter sein können. Aber das ist, glaube ich, nur eine Seite der Genderspezifik. Meiner Meinung nach werden SchülerInnen immer auf den zu erwartenden Arbeitsmarkt ausgebildet. Damals war der Trend zu einer wirklichen Sprachmacht für eine internationale Tätigkeit angesagt. Das heißt, jeder, der wirklich aus seinem Leben was machen wollte, also reich werden wollte, musste die „wichtigsten“ Weltsprachen beherrschen. Bei uns in Nordniedersachsen war das gerade Thema, sowie das Trampen durch Europa (nicht Australien).
Somit ist zu verstehen, dass ich diese ganze Genderspezifik extrem beeinflusst von den beeinflussenden Medien halte. Damals kam aber auch nicht „the whole world“ jeden Tag auf dein Handy, sondern man musste dort hin und die Menschen vor Ort kennenlernen, alles andere war unnütz und half der Karriere einfach absolut nicht weiter.
Es ist also das von den Schulbehörden vorgeschriebene Lernziel und die „gemachte“? öffentliche Meinung erheblich beeinflussend auf das Engagement und die Interessen der Lernenden. Sicherlich sind auch peergrouprelevante Themen in den Schulbüchern sehr wichtig. In meiner Wahrnehmung ist aber die allgemeine öffentliche Haltung zu einer Kompetenz noch viel motivierender, verbunden mit der echten Wahrnehmung der Schüler, wie relevant diese Kompetenz für ihr eigenes Leben sein wird. Frauen müssen kommunizieren; Männer haben dafür Fremdsprachsekretärinnen? Das ist mit zu einfach gedacht und in gewisser Weise, meiner Meinung nach, überholt.