Rv04 – Dr. Christoph Kulgemeyer: Empirische Forschung zur Heterogenität

In einer Konferenz in meinem Fachbereich, der Biologie, wird über Maßnahmen zum Umgang mit Heterogenität diskutiert. Dabei würde ich einbringen, dass, laut einer Studie aus dem Jahr 2015, leistungsschwächere SuS von einer heterogenen Gruppe profitieren, in der leistungsstarke und leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler gemeinsam lernen. Dabei ist auch der Motivationsanstieg derer, die sonst eher Probleme mit dem Lernen haben, nicht zu verachten.
Leistungsstarken Schülerinnen und Schülern kommt hingegen eine homogene Gruppe, in der das Lern- und Lehrniveau deutlich höher ist als das in einer heterogenen Gruppe, zugute. Allerdings ist der Leistungsanstieg im Gegensatz zur heterogenen Gruppe ziemlich gering, sodass letztendlich die heterogene Gruppeneinteilung wohl die bessere Wahl wäre.
Allerdings profitieren, das muss auch erwähnt werden, alle SuS von einem leistungsstarken Kurs, also sowohl die leistungsstarken als auch die leistungsschwachen Schülerinnen und Schüler.
Eine zweite empirische Studie, welche die Auswirkung der äußeren Differenzierung auf die Ergebnisse zentraler Abschlussprüfungen in England auswertete, fand heraus, dass eine starke Differenzierung im Unterricht in den Naturwissenschaften, im Gegensatz zu den Testergebnissen in Mathe und Englisch, einen leicht positiven Effekt hervorrief, allerdings ist dieser nicht signifikant.
Letztendlich würde das Kollegium wohl auf Grund dieser beiden Studien und den daraus resultierenden Erkenntnissen zu dem Schluss kommen, dass es deutlich sinnvoller ist, die Gruppe heterogen zu gestalten, da die Vorteile, die eine Differenzierung in leistungsstarke und leistungsschwache Gruppen hervorruft, zu gering ist und für die leistungsschwächeren SuS deutlich negative Auswirkungen zeigt.
Dadurch, dass ich auf eine Gesamtschule gegangen bin, habe ich das Modell von heterogenen Lerngruppen am eigenen Leib erlebt und muss sagen, dass es mir letztendlich zugute gekommen ist. Zwar ist es durchaus möglich, dass ich an einer Schule mit homogenen, leistungsstarken Lerngruppen mehr gelernt hätte, jedoch hat sich meine Sozialkompetenz dadurch, dass man in jeder Stunde in regem Austausch mit seinen MitschülerInnen stand und auch öfter mal unter die Arme greifen und helfen konnte, deutlich verbessert.
Als es dann in der achten Klasse zur Differenzierung in A und B Kurse kam und ich den leistungsstarken Kursen zugeordnet wurde, war das Niveau zwar höher und man wurde kognitiv etwas stärker gefordert und gefördert, jedoch blieb der Aspekt des eigenen Erklärens von Inhalten gegenüber anderen Mitschülerinnen und Mitschülern auf der Strecke.
Würde ich nun eine Aufgabe mit drei gestuften Lernhilfen für den Biologieunterricht für die morgige Stunde vorbereiten, würde diese wie folgt aussehen:
Die Schülerinnen und Schüler sollen anhand einer Grafik die Schwankungen von Räuber- und Beutepopulationen erklären.
Zuerst sollten die Schülerinnen und Schüler probieren, die Grafik zu interpretieren und die Parameter, die die Schwankungen in den Populationen verursachen, selber herauszufinden.
Wenn dann Probleme herrschten, würde ich ein Arbeitsblatt mit ein paar Stichpunkten bezüglich der Parameter austeilen.
Sollte des Rätsels Lösung anschließend immer noch nicht in den Sinn gekommen sein, gäbe es einen Text, in dem die Parameter notiert wären, sodass die SuS diese nur noch aus dem Text herausfiltern und aufschreiben müssten.
Anschließend würden die Ergebnisse gesammelt und an die Tafel geschrieben werden, sodass jeder Schüler und jede Schülerin die gesamten Parameter einmal gesehen hätte.
Wenn ich nun eine Diskussion mit meiner Kollegin über Gesamtschulen führen würde, würde ich argumentieren, dass es in einem solchen Fall die Aufgabe eines jeden Lehrers und einer jeden Lehrerin sein muss, den Unterricht so anzupassen, dass sowohl leistungsstarke SuS davon profitieren als auch den leistungsschwachen Schülerinnen und Schülern die Motivation nicht ausgeht, weiterzulernen. Schließlich ist es das, was eine Gesamtschule ausmacht. Des Weiteren können durch diese Schulform alle Abschlüsse erworben werden, sodass es für die leistungsschwächeren SuS gar nicht nötig ist, mit denen, die ihr Abitur machen wollen, mitzuhalten. So sollten sie auch nicht frustriert sein, da sie schließlich auf ein ganz anderes Ziel hinarbeiten als jene, die ihr Abitur anstreben.
Diese heterogene Mischung in den Klassen bringt auch einige Vorteile für die leistungsstärkeren Schüler, wie zum Beispiel die Weiterentwicklung ihrer Persönlichkeit durch Stärkung der Sozialkompetenzen.

Rv03 – Prof. Andreas Klee: Von Tischen, Königen und Politikleuten

In der dritten Ringvorlesung „Von Tischen, Königen und Politikleuten“ stellte uns Professor Klee den Begriff der „doppelten Heterogenität“ vor.
In einer Klasse gibt es viele Kinder, die aus verschiedenen sozialen Schichten kommen oder einen Migrationshintergrund haben. Diese Art der Heterogenität ist für uns alle relativ offensichtlich. Jedoch gibt es auch noch eine zweite Heterogenität, die auf den verschiedenen Vorstellungen und Einstellungen gegenüber (unstrukturierten) Begriffen, wie zum Beispiel dem Begriff der Demokratie, beruht. Jene Vorstellungen sind von SchülerIn zu SchülerIn aufgrund der individuellen biografischen Lernerfahrungen und der jeweiligen Werte, Normen und intellektuellen Möglichkeiten verschieden. Diese beiden Typen der Heterogenität werden als „doppelte Heterogenität“ verstanden. Aufgabe der Lehrkraft ist es daher, sich auf die verschiedenen Interpretationen und Vorstellungen der Schülerinnen und Schüler einzulassen und nicht von einer starren Wissens- und Interpretationsgleichheit auszugehen.
In meinem Fach, der Biologie, ist das Phänomen der „doppelten Heterogenität“ jedoch lange nicht so ausgeprägt wie in den sozialwissenschaftlichen Fächern, also beispielsweise Politik oder Geschichte. Im Biologieunterricht gibt es viele Begriffe, die fest definiert sind und wenig Interpretationsspielraum lassen. Es sind viel eher verschiedene Wissensstände auf Seiten der SchülerInnen vorhanden, auf die man sich als lehrende Person einlassen muss, um jedem Schüler und jeder Schülerin gerecht zu werden. Nehmen wir als Beispiel die Verdauung. Während einige Schüler sich bereits differenziert mit dem Prozess der Verdauung auseinandergesetzt haben und schon nahezu richtig den Ablauf dieser erklären können, gibt es wiederum auch Schülerinnen und Schüler, die nur wissen, dass wenn ein Mensch etwas isst oder trinkt, dieses irgendwann auch wieder den Körper verlassen muss. So muss man es als LehrerIn also letztendlich schaffen, sich auf das verschieden ausgeprägte Wissen einzulassen und den Unterricht so zu gestalten, dass sowohl die SuS gefordert werden, die sich schon relativ gut mit dem Thema auskennen, aber auch diejenigen gefördert werden, die sich noch nicht differenziert mit der Thematik auseinandergesetzt haben.
Wie kann man diese verschiedenen Wissensstände der Schülerinnen und Schüler nun aber herausfinden?
Bleiben wir beim Beispiel der Verdauung im Biologieunterricht. Um in das Thema einzusteigen, ist es sinnvoll, eine „Erhebung“ der verschiedenen Wissensstände der SuS durchzuführen. Dafür gibt es verschiedene Methoden.
Eine Methode wäre beispielsweise, die Klasse in verschiedene Gruppen einzuteilen und ihnen ein Bild des menschlichen Verdauungstraktes zu geben. Darüber sollen die Schülerinnen und Schüler dann erklären, wie die Verdauung beim Menschen funktioniert. Der Vorteil einer Gruppenarbeit besteht meiner Meinung nach darin, dass so ziemlich jeder Schüler und jede Schülerin dabei zu Wort kommt.
Eine zweite Vorgehensweise, um das Wissen der SchülerInnen zu ermitteln, wäre, eine Mindmap anzufertigen. Dies kann sowohl im Plenum geschehen, aber auch als Einzel- oder Gruppenarbeit angefertigt werden. So kann man gezielt innerhalb von 10 Minuten die ersten Vorstellungen der SuS erfahren.
Eine dritte Methode wäre zum Beispiel, (Gruppen-) Vorträge halten zu lassen. Jede Gruppe müsste dabei einen Abschnitt der Verdauung ausarbeiten und kurz und knapp vortragen. So könnten die verschiedenen „Puzzleteile“, also die verschiedenen Ergebnisse der Schülerinnen und Schüler zu den unterschiedlichen Abschnitten der Verdauung zu einem großen Ganzen zusammengefügt werden. Darauf ließe sich dann in den kommenden Unterrichtseinheiten aufbauen.
Allerdings muss dabei noch erwähnt werden, dass, unabhängig davon, welche dieser Methoden angewandt würde, die Lehrkraft natürlich falsches oder fehlendes Wissen verbessern bzw. ergänzen müsste, sodass jeder Schüler und jede Schülerin am Ende der Stunde in etwa auf dem gleichen Wissenstand wäre.
Eine Beobachtungsaufgabe für das Orientierungspraktikum könnte beispielsweise sein, ob Lehrerinnen und Lehrer die Art und Weise ihrer Ansprache auf die jeweiligen SuS individuell ausrichten oder nicht. Damit meine ich, ob z.B in Konversationen mit leistungsstärkeren SuS ein anderer Wortschatz verwendet würde, als in Gesprächen mit leistungsschwächeren SchülerInnen.
Auch wäre es interessant zu erfahren, wie Schülerinnen und Schüler mit, in meinem Fall, biologischen Fachbegriffen umzugehen wissen. Definieren sie beispielsweise die ökologische Nische, wie man zunächst annehmen könnte, als Ort, oder doch, wie es richtig wäre, als die Gesamtheit aller biotischen und abiotischen Faktoren, die das Überleben einer Art beeinflussen?

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