Offener Unterricht für heterogene Gruppen

Ein großes Problem, dass der offene Unterricht mit stark heterogenen Klassen haben müsste, ist, dass die Adressaten, die Schüler, immer alle gleichzeitig dabei angesprochen werden. Dabei ist es schlicht nicht möglich, den Stoff oder die Ausdrucksweise zu differenzieren. Betrachten wir dazu einmal folgende Szenarien: Wenn ein Schüler beispielsweise einen beliebigen Zusammenhang, der erklärt wurde, nicht versteht, sollte die Lehrkraft ihm dies auf Nachfrage erneut verständlicher darlegen, was den Rest der Klasse, der evtl. schon alles verstanden hat, dann langweilt. Die Alternative dazu wäre, immer alles auf einem an den „schwächsten“ Schüler angepasstem Niveau zu vermitteln, wobei sich aber die Mehrzahl der Klasse unterfordert fühlen könnte. Und die letzte Möglichkeit, die aber nie eine Alternative genannt werden sollte, da sie dem Grundsatz von Inklusion und Chancengleichheit widerspricht, ist, bei Schülern, die Probleme haben dem Unterricht zu folgen diesen Umstand zu ignorieren unsd sie einfach ihrem Schicksal zu überlassen. Wichtig ist vor allem, die Unterrichtszeit für alle zu einer möglichst effektiven Lernzeit zu gestalten, was aber bei zu heterogenen Gruppen durch offenen Frontalunterricht schlecht bis nicht möglich scheint.

Dem gegenüber steht der positive Aspekt der Stärkung des Gruppengefühls, da die Klasse im offenen Unterricht ohne Kompartimentierungen als Ganzes am Klassendiskurs teilnimmt oder zumindest nehmen kann. So hat jeder die Chance, sich zur gesamten Klasse und nicht nur zu Leuten seiner Lerngruppe beispielsweise zugehörig zu fühlen. Diese direkte Konkurrenz der Schüler um die richtige Antwort und die Aufmerksamkeit der Lehrkraft ist aber natürlich für leistungsschwächere Schüler auch ein Stressfaktor, der nicht unterschätzt werden darf. Es kommt dann zum vermehrten Vergleichen der eigenen Leistung mit den besseren Schülern, was zu Demotivation und Fehleinschätzung der eigenen Leistung, ja Depression führen kann!

Offener Unterricht ist bei heterogenen Gruppen also eine außerst delikate Angelegenheit, bei der so mancher Schüler hinten runter fallen und den Anschluss verlieren könnte.

Published in: on 11. Juni 2015 at 13:27 Comments (0)
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