Offener Unterricht für heterogene Gruppen

Ein großes Problem, dass der offene Unterricht mit stark heterogenen Klassen haben müsste, ist, dass die Adressaten, die Schüler, immer alle gleichzeitig dabei angesprochen werden. Dabei ist es schlicht nicht möglich, den Stoff oder die Ausdrucksweise zu differenzieren. Betrachten wir dazu einmal folgende Szenarien: Wenn ein Schüler beispielsweise einen beliebigen Zusammenhang, der erklärt wurde, nicht versteht, sollte die Lehrkraft ihm dies auf Nachfrage erneut verständlicher darlegen, was den Rest der Klasse, der evtl. schon alles verstanden hat, dann langweilt. Die Alternative dazu wäre, immer alles auf einem an den „schwächsten“ Schüler angepasstem Niveau zu vermitteln, wobei sich aber die Mehrzahl der Klasse unterfordert fühlen könnte. Und die letzte Möglichkeit, die aber nie eine Alternative genannt werden sollte, da sie dem Grundsatz von Inklusion und Chancengleichheit widerspricht, ist, bei Schülern, die Probleme haben dem Unterricht zu folgen diesen Umstand zu ignorieren unsd sie einfach ihrem Schicksal zu überlassen. Wichtig ist vor allem, die Unterrichtszeit für alle zu einer möglichst effektiven Lernzeit zu gestalten, was aber bei zu heterogenen Gruppen durch offenen Frontalunterricht schlecht bis nicht möglich scheint.

Dem gegenüber steht der positive Aspekt der Stärkung des Gruppengefühls, da die Klasse im offenen Unterricht ohne Kompartimentierungen als Ganzes am Klassendiskurs teilnimmt oder zumindest nehmen kann. So hat jeder die Chance, sich zur gesamten Klasse und nicht nur zu Leuten seiner Lerngruppe beispielsweise zugehörig zu fühlen. Diese direkte Konkurrenz der Schüler um die richtige Antwort und die Aufmerksamkeit der Lehrkraft ist aber natürlich für leistungsschwächere Schüler auch ein Stressfaktor, der nicht unterschätzt werden darf. Es kommt dann zum vermehrten Vergleichen der eigenen Leistung mit den besseren Schülern, was zu Demotivation und Fehleinschätzung der eigenen Leistung, ja Depression führen kann!

Offener Unterricht ist bei heterogenen Gruppen also eine außerst delikate Angelegenheit, bei der so mancher Schüler hinten runter fallen und den Anschluss verlieren könnte.

Published in: on 11. Juni 2015 at 13:27 Comments (0)
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Sprachliche Heterogenität im NWU

Wenn eines in der Vorlesung klar geworden ist, dann, dass die Heterogenität des Sprachniveaus im naturwissenschaftlichen Unterricht zu Problemen führen kann, wenn die Aufgabenstellungen und Texte für nicht-Muttersprachler nicht unmissverständlich formuliert sowie Fachbegriffe sorgfältig und in angemessenem Tempo eingeführt werden. Sonst besteht das auf sprachlichen Unklarheiten basierende Risiko für inhaltliche Missverständnisse, die sich leicht in den Vorstellungen der Schüler festsetzen und deren fachliche Leistung beeinträchtigen können. Den Unterricht dahingehend konstruktiv, also was den Heterogenitätsgedanken angeht innovativ zu gestalten ist mit Sicherheit nicht leicht und eine große Herausforderung für die Lehrkraft, denn um zu überprüfen, ob das Verständnis wissenschaftlicher Sprache bei den Schülern gut ist oder eben nicht und, falls letzteres der Fall ist, diese Schüler zu fördern, bedarf es Zeit, die im allgemeinen im Unterricht ohnehin sehr knapp ist.

Andererseits bietet sich, wenn das geschafft ist und die standardsprachlichen Differenzen erst einmal halbwegs eingedämmt sind, die Chance auf einen „wissenschaftlichen Fremdsprachenunterricht“, bei dem, da kein Schüler diese „Sprache“ schon kennt, alle auf halbwegs dem gleichen Stand sind und so zumindest die sprachliche, aber leider nicht die Bildungsstand-Heterogenität, ein Stück weit eingeebnet wird. Das trägt erheblich zur angestrebten Chancengleichheit bei!

Published in: on 26. Mai 2015 at 19:20 Comments (0)
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Positives/Negatives Erlebnis einer Grundschullehrerin

Positive Erfahrung:
Frau  D.:  Schüler A. Kommz aus Albanien und ist 7 Jahre alt. er spricht sehr wenig deutsch. als wir zum Thema Sterne und Planeten arbeiteten war er vom Bildmaterial sehr begeistert. er fing an Bilder zum Thema zu malen und benutzte diese als Gesprächsanlass. das war eine positive Erfahrung. Ich habe die Bilder aufgehängt und seitdem malt A. regelmäßig Bilder für die Klasse.
Negative Erfahrung:
 Frau D. : Okay, dann nehmen wir als negative Erfahrung, dass die regulären Schulbücher im Fach Deutsch für jemanden mit wenigen Deutschkenntnissen kaum zu bearbeiten sind. meine Reaktion ist, dem Schüler A. Aufgaben zu geben, bei denen keine Deutschkenntnisse nötig sind. Zum Beispiel Schwungübungen, Buchstaben schreiben und wahrnehmungs Aufgaben. Leider erwirbt er durch diese Aufgaben keine Deutschkenntnisse. Das ist schlecht, weil mir die Zeit fehlt täglich mit ihm alleine zu arbeiten und es kaum Unterstützung gibt.  Wir haben das Glück, dass wir vor Ort ehrenamtliche Helfer haben, die einmal wöchentlich mit den Kindern arbeiten.
Published in: on 22. Mai 2015 at 10:05 Comments (1)
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Innere Differenzierung

1.) Innere Differenzierung im Klassenzimmer kann bedeuten, der Heterogenität der Schülerschaft mit einem ebenso heterogenen Lernangebot zu begegnen. Das gestaltet sich im ersten meiner Fächer, der Physik, als recht schwierig. Da es in der Physik mehr um Verstehensprozesse als um wirkliches (Auswendig-)Lernen würde ich den Ansatz der Leistungsbewertung verwenden, aber dahingehend, dass ich die relativen Lernfortschritte im Vergleich zum Stand des einzelnen Schülers und unter Berücksichtigung von etwaigen Sprachbarrieren bewerten würde. Dieser Ansatz würde nur auf die Heterogenität auf der Leistungsebene Rücksicht nehmen, interkultureller Unterricht kommt mir in diesem Fach mehr als falsch am Platze vor. Auch könnte man aus dem selben Grund min. zwei Hausaufgabenformate frei wählbar anbieten, die in etwa gleich zeitintensiv sein sollten. Eines befasse sich mit Vertiefung, das andere mit Übung und Wiederholung. Das Problem an diesem Modell ist nur, dass es eine hohe und präzise Selbstreflexion der Schüler erfordert.  Ganz anders in meinem Zweitfach, der Religion. Hier könnte man Inhaltlich differenzieren: wenn ein Schüler sich mit einer bestimmten Religion schon ganz gut auskennt, ihr vllt. sogar angehört, kann man aus begegnungspädagogischen Gründen die Vergabe von Refaratsthemen dahingehend orientieren. Auch könnte man, analog dazu, die Hausaufgaben multireligiös stellen und dazu auffordern, diese aus der Perspektive einer selbstgewählten Weltanschauung zu bearbeiten. Im letzteren Fall ist die „Natürlichkeit“ der Heterogenität noch mehr gegeben. Es wird auf die Religion/den ethnokulturellen Hintergrund der Schüler eingegangen, und wenn es dann an das Vortragen der HA in der Klasse geht ist das schon sehr nah an verständnisfördernder Begegnungspädagogik.

Published in: on 6. Mai 2015 at 6:47 Comments (0)
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„Othering“

1.) Ein zentrales Problem der Begegnungspädagogik, durch das sich „Othering“ regelrecht definiert , ist, dass bei interkulturellen Begegnungen die jeweiligen Parteien mit all ihren zum Teil recht individuellen Eigenschaften als Stellvertreter ihrer Kultur fungieren. So können bei den Schülern auf diesen Eigenschaften basierende kulturelle Vorurteile entstehen und einer großen Gruppe von Menschen mit hoher Diversität sehr spezifische Eigenschaften zugeschrieben werden. Wirklich umgehbar ist dieses Problem des „Othering“, der Eigenschaftenzuschreibung von Gruppen bei der Begenungspädagogik, bei der einzelne Menschen ganze Kulturen oder Religionen repräsentieren, nicht, denn bei der allgemein herrschenden kulturellen Heterogenität kann ein Mensch sich nur selbst (kuturell/religiös) repräsentieren; Er entspricht meist nicht dem Durchschnitt der jeweiligen Gruppe, und selbst wenn wird man so den Randbereichen der Diversität innerhalb dieser Gruppe nicht gerecht. Der Schüler bekommt ein viel zu klares Bild von einem sehr unscharf definierten Kulturkreis, z.B. der islamischen Kultur, die, wie ich im Seminar gesehen habe, noch wesentlich vielseitiger ist als man allgemein annimmt.  Ähnliches lässt sich wohl von allen Kulturen/Religionen behaupten. Außerdem fördert diese Herangehensweise an das Thema interkulturelle Bildung das sog. Schubladendenken, was wiederum zu Segregation im Klassenzimmer führen kann.  Um diese Trennung aufzuheben hilft, gegen eine Identifizierung der Kinder mit ihrer Kultur anzugehen, sie nurmehr als interessantes Attribut und nicht mehr als identitätstiftendes Merkmal anzusehen. Dieser Prozess erfordert auch eine große Anstrengung der Selbstreflektion der Schüler.

Es mangelt mir an (Schul-)Erfahrung mit begegnungspädagogischen Konzepten, die Bildung von Vorurteilen war bei mir nicht institutionalisiert. Relevantes Wissen über Kulturen und Religionen wurde Lehrbüchern entnommen, die teilweise einen ähnlich polarisierenden, jedoch weniger menschlichen Einblick vermittelten.

Beispiel: Ein Lehrer versucht, um in das Thema Islam eizuführen, den Schülern durch den Besuch eines Imams ein authentischen Einblick in die Kultur zu geben. Dieser Mann hat zufällig einen Langen, dunklen Bart, lächelt freundlich und ist kompetent und weltoffen genug mit der Kultur der Schüler tolerant und unwertend umzugehen. Dadurch erweckt er einen positiven Eindruck und nimmt ein Stück weit die Angst vor Kontakt mit fremden Kulturen generell. Aber er erweckt auch den Anschein, alle männlichen Muslime müssten Bartträger sein, was definitiv falsch ist. Auch kann der positive Gesamteindruck zu Verwirrung führen wenn (Achtung Extrembeispiel!) ein Kind nicht mit einem anderen Kind muslimischen Hintergrundes spielen darf, da dessen Eltern im den näheren Umgang mit „Ungläubigen“ verbieten.

Published in: on 30. April 2015 at 11:05 Comments (1)
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Heterogenität vs. Homogenität

Das Spannungsfeld zwischen Heterogenität und Homogenität in der Schule ist vor allem ein Konflikt zwischen der vielfältigen Lebenswirklichkeit der Schüler und dem Anspruch des Arbeitsmarktes auf objektiven Leistungsvergleich.

Liegt der Fokus auf der individuellen Betreuung und Beurteilung von Mitgliedern heterogener Gruppen unter Berücksichtigung der Chancengleichheit, wie es zunehmend gefordert wird, mangelt es der Leistungsbewertung an Objektivität, für die Wirtschaft sind Leistungen von Schülern nicht mehr so direkt vergleichbar und müss(t)en durch Einstellungstests validiert werden.

Echte Homogenität einer Gruppe in dem Maße zu erreichen, dass man durch ein und dieselbe Behandlung allen Schülern gerecht wird ist so gut wie nicht machbar. Die nötige starke äußere Differenzierung spaltet die Jugend in „Klassen“ (Haupt, Real, Gymnasium). Natürlich wäre es einfacher für die Lehrkräfte, eine homogene Klasse einfach anzunehmen und sich evtl. mit Stereotypen zu behelfen statt wirklich auf die Bedürfnisse einzelner Schüler einzugehen, man wird ihnen dadurch aber auch nicht gerecht, es wird viel Potential durch partielle Über- und Unterforderung innerhalb einer Klasse vergeudet, das Lernklima beeinträchtigt, auch nach der Aufteilung in Leistungsstufen.

Fazit: Momentan werden der Kompatibilität des fertigen Schülers und seiner Leistungen mit der Arbeitswelt Teile seiner Individualität geopfert. Was am Ende am besten für alle ist, bleibt abzuwägen.

 

Published in: on 16. April 2015 at 21:13 Comments (0)
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