Jun 23 2020

Leistungsentwicklung und Heterogenität

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Der Leistungsbegriff kann pädagogisch als Produkt- und Prozessdimension definiert werden. Die Handlungskompetenzen steigen und gleichzeitig müssen Autonomie und Sozialität im Einklang zueinanderstehen.  Man sollte die Leistung der Kinder fördern und entwickeln, und kein Standard anstreben. Es wirken viele verschieden Faktoren aufeinander, die miteinander verknüpft werden und sich gegenseitig bedingen oder aber auch kompensieren. Zu der Entwicklung der Leistungen tragen die Eltern bei, die alle ein anderes Niveau an Bildungsaspiration und eine individuelle Bildungsbiographie aufweisen. Jedes Elternhaus hat sowohl sozio-ökonomische als auch sozio-kulturelle Hintergründe, in denen subjektive Bedingungen herrschen. Und natürlich bringt Jedes Kind unterschiedliche Eigenschaften mit (Intelligenz, Sprache, Motorik, usw.), welche subjektive Wirkungen auf die Leistungsentwicklung darbieten. Bei der sprachlichen Heterogenität ist es wichtig, die soziale Herkunft nicht mit dem Migrationshintergrund gelichzusetzten, sondern als getrennt voneinander betrachtet. Studien belegen zwar, dass eine enge Kopplung zwischen dem sozio-ökonomischen und sozio-kulturellen Status von Familien besteht, dies jedoch nicht immer mit einem Migrationshintergrund begründet ist.  Außerdem sind die Ressourcen, die eine Institution aufzeigen kann, ein Einflussfaktor auf die Leistungsentwicklung. Die strukturellen Unterrichtskonzeptionen und die Zusammensetzung der Lerngruppe spielen ebenfalls eine Rolle. Am wichtigsten ist allerdings die Haltung der Lehrperson, welche 1/4 zu der Leistungsentwicklung der Kinder beiträgt. Für eine optimale Lernentwicklung der Kinder ist es wichtig, dass alle beteiligten Akteure gemeinsam tätig werden und kooperieren. Die Schule, die Curricula, die Lernenden, dessen Elternhaus, das Unterrichten und die Lehrperson stehen also alle in Verbindung zueinander und müssen zusammenarbeiten, um einen Leistungserfolg der SuS zu erzielen.

 

Die Lehrkraft muss Leistung wahrnehmen, rückmelden und beurteilen. Den Kindern muss eine Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit zugetraut werden, damit Leistungskönnen entwickelt werden kann. Es ist wichtig, dass den Kindern Auskunft über die individuellen Lernstände gegeben wird, damit weiteres Vorgehen für die Förderung der Lernentwicklung erwogen werden kann. Die Wahrnehmung- und Differenzierungskompetenzen der Lehrkraft sind gefragt, um die Wahrnehmung von Leistungsheterogenität zu differenzieren. Eine wichtige und entscheidende Aufgabe für potentiellen Lernerfolg ist das effektive Feedback. Das kann über unterschiedliche Methoden stattfinden (Kindergespräche, Lerntagebücher etc.). Der letzte Aspekt ist die Beurteilung der Leistung der SuS; dabei unterscheidet man in zwei Funktionen: die Entwicklungsfunktion (kontinuierlich) ist eine individuelle Entwicklungsmöglichkeit. Das eigenständige Lernen soll bestärkt und individuelle Fortschritte der Kinder gewürdigt werden. Dabei werden sach- und sozialbezogene Kompetenzen gefördert. Die Steuerungsfunktion (punktuell) zielt auf die innerschulische und nachschliche Auslese der SuS und hat somit eine Selektionsfunktion. Es werden Entscheidungen über Versetzung und Nichtversetzung und über Schullaufbahn und Abschlussniveau getroffen. Die Normen, auf die bei der Bewertung Bezug genommen wird sind die Individualnorm, die Sachnorm und die Sozialnorm, wobei letztere nicht mehr zeitgemäß ist. Die Bildungspolitik muss kritisch betrachtet werden, da „Schule als eine der bedeutendsten Institutionen der Reproduktion gesellschaftlicher Machtverhältnisse“ bezeichnet werden muss, und „schulische Bildung als eine Regierungstechnologie, die auf der Vermessung und nummerischen Konstitution des Sozialen beruhen“ (soziale Ordnungsinstanz). Fend bezeichnet die „Leistungsbeurteilung als Werkzeug zur Aufrechterhaltung von Ungleichheiten“. Im Bereich der Leistungsbeurteilung reagiert die Bildungspolitik nämlich mit Standardisierung auf die Heterogenität der SuS, indem die sogenannten Bildungsstandards geschaffen wurden. Die Bildungsstandards sind die Grunddimensionen der Lernentwicklung in einem Gegenstandsbereich, Lernbereich oder einem Fach zu erkennen und zu beschreiben. Sie sind als Regelstandard definiert und haben ein Durchschnittsniveau, welches erreicht werden sollte. Dies führt zu Gewinnern und Verlieren, da die Kinder unter oder über dem Regelstandard eingeordnet werden, was kritisch betrachtet werden muss. Besser wäre eine Rückmeldung darüber, was gut und was schlecht gemacht wird, um daraus dann zu schließen, was nachgeholt und woran intensiver weitergearbeitet werden muss.

Die Methode des Feedbacks „Lerntagebuch“ durfte ich bereits in meiner Praxiserfahrung kennenlernen. In einer 3. Klasse wurde an jedem Freitag ein Blatt ausgefüllt, auf dem die Kinder ihrer Leistung und ihr Verhalten der vergangenen Woche einschätzen konnten. Als Bewertung gab es drei Smileys (gut, mittel, schlecht). In der Spalte daneben waren wieder drei Smileys zu finden, die dann im Nachhinein von der Lehrkraft markiert werden. So könne die Kinder lernen, sich selber einzuschätzen und das Lerntagebuch dient als Ansporn, da man die Kinder während der Bearbeitung einer Aufgabe motivieren kann. Außerdem kann man die Kinder bei schlechtem Verhalten daran erinnern, dass sie am Ende der Woche einen traurigen Smiley bekommen, was die Eltern ebenfalls sehen.

 

Die Position von Hiller ist meiner Meinung nach etwas radikal formuliert. Ich stimme ihm jedoch zu: die Ressourcen der Institutionen reichen oftmals nicht aus, um den SuS das bieten zu können, was sie für eine optimal Leistungsentwicklung benötigen. Das Curriculum beschränkt den Unterricht, indem es bestimmte Vorgaben gibt, die abgearbeitet werden müssen. Der letzte Teil seines Statements ist überholt, da er die „Arroganz gegenüber nichtbürgerlichen, bildungsfern Milieus“ für das ganze Lehrpersonal verallgemeinert hat. Ich selber bin ebenfalls in einem Haushalt mit kosovo-albanischer Kultur aufgewachsen, weshalb ich diese „Milieus“ niemals verurteilen würde. Jedes Kind hat die Chance auf Gelichberechtigung, egal welcher Herkunft (oder anderer Heterogenitätsbereiche). Dieser „Rassismus der Intelligenz“ ist insofern richtig, als dass die Kinder im Laufe der Schulzeit in Leistungsgruppen eingeteilt werden, damit sie besser lernen könne. Dies kann positiv aber auch negativ aufgefasst werden, was ich aus meiner Praxiserfahrung entnehmen kann.

 

 

 

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