Mai 13 2020

Heterogenität im naturwissenschaftlichen Sachunterricht

Published by at 14:40 under Allgemein and tagged:

Die beiden Aufgaben des Projekttages sind naturwissenschaftlich und technisch geprägt. Bei der Aufgabe des Wald-Mandalas müssen die Kinder Gegenstände aus dem Wald suchen und diese zu einem Bild (Mandala) legen. Für die technische Aufgabe müssen die Kinder auf Bäume klettern, um die Nistkästen abzuhängen und anschließend zu reparieren.
Das Mädchen wählt die Mandala-Aufgabe, obwohl sie eigentlich lieber die technische Aufgabe machen möchte. Im Blick auf das Kompetenzerleben könnte es sein, dass das Mädchen sich der technischen Aufgabe nicht gewachsen fühlt und eine Bewältigung aus eigener Kraft nicht möglich erschient. Es fühlt sich also nicht kompetent genug, diese Aufgabe zu bearbeiten und ordnet die Mandala-Aufgabe als einfacher ein.
In Bezug auf die Selbstbestimmtheit bzw. Autonomie der Aufgaben kann die Entscheidung des Mädchens so erklärt werde, dass die Mandala-Aufgabe viel mehr Wahlmöglichkeiten bietet, zur Lösung zu kommen. Es gibt nämlich sehr viele verschiedene Gegenstände und Muster, welche man mit diesen legen kann. Die Aufgabe ist also offener gestaltet, als die Technik-Aufgabe.
Wenn das Mädchen die naturwissenschaftliche Aufgabe wählt, wie fast alle Mädchen der Klasse, fühlt es sich dazugehörig und anerkannt, da sie nicht von der Mädchengruppe abweicht und „anders“ ist. Sie fühlt sich sozial eingebunden und nicht ausgeschlossen.

Die Lehrkraft hat den Kindern die Auswahlmöglichkeit zwischen zwei Aufgaben gegeben, welche in Naturwissenschaft und Technik unterteilt sind. Dabei wurde auf klischeehafte Einteilung keine Rücksicht genommen. Bei dieser stereotypischen Einteilung der Aufgaben wurde nicht gendersensibel gehandelt: die technische Aufgabe wird den Jungen zugeschrieben, denn die Jungen wählen alle die Aufgabe, in der auf Bäume geklettert wird („typisch“ Jungs) und handwerkliche Fertigkeit gefragt ist, obwohl es auch Mädchen gibt, die dies gerne tun. Die Mädchen allerdings wählen die Mandala-Aufgabe („typisch“ Mädchen), obwohl es durchaus auch Jungen gibt, die gerne basteln und kreative Aufgaben bearbeiten (unproduktive Dichotomie).
Durch diese klischeehafte Einteilung ist es den SuS nicht möglich, ein Interesse für die jeweils andere Aufgabe zu entwickeln. Dies wird auch dadruch deutlich, da das Mädchen sich zwar für die technische Aufgabe interessiert, sich jedoch der Mehrheit der Mädchen anschließt, und die Mandala-Aufgabe wählt.

Nur, weil das Geschlecht nicht das Gleiche ist, heißt dies nicht, dass auch die Kompetenzen sich unterscheiden. Es ist durchaus möglich, dass zwei Mädchen zusammenarbeiten, jedoch nicht die gleichen Kompetenzen erworben haben, und die Eine die Aufgabe besser lösen kann, als die Andere. Durch persönliche Erfahrungen und ihre subjektive Interpretation wird das Selbstkonzept aufgebaut. Dabei spielt die Selbstwiksamkeitserwartung eine wichtige Rolle: sie bedeutet das Zutrauen, Anforderungen in einem bestimmten Bereich durch eigene Kompetenzen zu bewältigen. Dies kann durch Orientierung an möglichst ähnlichen Verhaltensmodellen gefördert werden. Wenn z.B. zwei Freundinnen als Partner gewählt werden, und eine der beiden die Aufgabe bewältigt, ist dies ein Ansporn für das andere Mädchen („wenn meine Freundin das kann, dann kann ich das auch!“). Deshalb sollte die Lehrerin ihren Fokus nicht auf die vermeintlich gleichen Kompetenzen durch Kombination von Jungen und Mädchen setzen, sondern auf ähnliche Verhaltensmuster. Diese können natürlich auch bei Jungen und Mädchen gleich sein, ist jedoch kein Muss.

“Wie können die Aufgaben des Sachunterrichtes so gestellt werden, dass Technik und Naturwissenschaft miteinander verbunden werden?“
Man könnte sich an den Interessen der SuS orientieren und diese miteinander verbinden. Durch die Befragung der SuS könne diese Interessen festgestellt werden. die Lehrer*innen müssten gefragt werden, ob eine solche Verbindung der beiden Perspektiven möglich ist. Dazu müssen die bestimmten Themen, in denen dies möglich ist, herausgefiltert werden.

 

2 responses so far




2 Responses to “Heterogenität im naturwissenschaftlichen Sachunterricht”

  1.   Christoph Fantinion 18 Mai 2020 at 13:14

    ein sehr ausführlicher, durchdachter und differenzierter Beitrag zur Murmann-Vorlesung. Auch das Untersuchungsfeld, was sie aufmachen, würde sich zur Bearbeitung lohnen. weiter so!

  2.   Liridonaon 14 Jun 2020 at 21:48

    Vielen Dank für das positive Feedback!

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