Gerade im Hinblick auf die aktuellen Flüchtlingswellen und den damit zusammenhängenden Familiennachzug, ist die Frage, wie schulpflichtige Kinder ohne Deutschkenntnisse in den Regelunterricht integriert werden von hoher Bedeutung. Problematiken entstehen dabei nicht nur durch die wachsende Heterogenität im Regelunterricht, auch die nach dem Bremer Konzept einjährigen Vorkurse für Seiteneinsteiger, die das Sprachniveau anpassen sollen, weisen gewissen Schwachstellen auf: Die TeilnehmerInnen haben nicht nur unterschiedlichste Herkunftsorte und Alter, gerade im Bezug auf die Flucht aus Kriegsgebieten kommen auch Kinder mit unterschiedlichsten Bildungsstufen zusammen – der-/demjenigen, die/der in seinem Leben schon Jahre auf der Schule war und dort alphabetisiert wie literarisiert wurde, wird der Erwerb einer neuen Sprache mit Schriftsystem und natürlich auch der Übergang zum Regelunterricht einfacher fallen, als denen, die in ihrem Leben noch kein Schulgebäude von innen gesehen haben. Die Bremer Bildungspolitik arbeitet dem entgegen und differenziert die Vorkurse nach diesen Kriterien, das interne Leistungsgefälle ist jedoch nach wie vor zu erkennen, Personal- und gerade Fachkompetenzmangel erschweren den Umgang mit hohen Flüchtlingszahlen, wenn man bedenkt, dass planmäßig 15 SuS eine Arbeitsgruppe bilden und 20 Sunden pro Woche beschult werden sollten. Die frühere Einführung in weniger sprachintensive Fächer – Kunst, Sport und später Naturwissenschaften – kann auch nicht verhindern, dass einige ohne Erreichen des gewollten Sprachniveaus in den Regelunterricht entlassen werden, wo die LehrerInnen der Regelklassen sich dem Problem stellen müssen.
Ich selbst kann hierzu wiedereinmal nur aus meinen Erfahrungen am Förderzentrum berichten, in meiner Schullaufbahn habe ich keine SuS ohne Deutschkenntnisse im Unterricht beobachten dürfen. An der Georg-Droste-Schule wurde ähnlich vorgegangen, wie oben beschrieben: Den SuS wurde direkt eine Klasse zugeteilt (diese waren kleiner als im Regelfall und meistens mit doppeltem Personal besetzt, sogar eine arabisch sprechende Fachkraft war häufig vor Ort), sie erhielten jedoch parallel separierten Deutschunterricht. Trotz zunächst fehlender Sprache zeigten diese Schüler kein Leistungsunterschied in beispielsweise Mathe, vorausgesetzt ihnen wurde die Aufgabe auf arabisch erklärt oder man kämpfte sich zeigend durch. Ich beobachtete, wie die Kinder rasante Fortschritte im Deutschen machten, was ich vor allem dem engen Kontakt zu gleichaltrigen Deutschsprachigen zuschreibe: Ich traf einen ca. 12 jährigen Jungen, den ich aufgrund seiner Sprache für hier gebürtig hielt – er war besser als die meisten in der Lage, dem (Deutsch-) Unterricht zu folgen – bis ich erfuhr, dass er gerade vor einem Jahr mit dem Erlernen unserer Sprache begonnen hatte.
Im Bezug auf mein präferiertes Fach – die Mathematik – ist natürlich der Umgang mit Zahlen weniger problematisch auch mit eingeschränkter Kommunikation: Die Sprache der Zahlen spricht man weltweit und es kann viel zeigend erklärt werden. So traf ich ein Kind in der dritten Klasse, das weder unsere Sprache sprach noch etwas sehen konnte, spricht man kommunizierte, indem man ihm Gegenstände zum Fühlen gab und Steine zählen ließ (die zeitweise Anwesenheit einer Dolmetscherin erleichterte die Arbeit), das mathematisch zu den Fortgeschrittensten seines Alter zählte. Insofern bedarf es auch wenig Aufwand, die meisten mathematischen Zusammenhänge ohne Verwendung von Sprache zu erklären. Das Bruchrechnen beispielsweise wird durch ein Gefühl für Zähler und Nenner erlernt, welches man SuS meistens durch das klassische Kuchen-/Pizzabeispiel näher bringt: Das Zählen, in wie viele Pizzastücke die Pizza aufgeteilt ist entspricht dem Nenner, das Zählen der markierten Stücke (z.B. diese, die man selber essen darf) entspricht dann dem Zähler. Diesen Zusammenhang kann man auch ohne Sprache bildlich darstellen: Es bietet sich an, einige kleingliedrig aufgeteilte Beispielaufgaben vorzugeben, an denen das Prinzip erläutert werden soll. Es wird zunächst gezeigt, wie die Pizza in eine bestimmte Anzahl Stücke zerteilt wird und anschließend, wie sie aufgeteilt wird, wobei jede imaginäre Person die gleiche bestimmte Anzahl von Stücken erhält. Anschließend sollen die SuS die Stückzahlen unter gleicher Aufgabenaufteilung selber zählen, ist das Prinzip verstanden reicht eine Abbildung von einer zerteilten Pizza, und die SuS können ihre ersten Brüche rechnen. Mit diesem Prinzip lassen sich dann auch Bruchaddition/-subtraktion, die anschauliche Darstellung eines gegebenen Bruches (spricht die Umkehrung der ersten Aufgabe) o.ä. einfach und ohne Verwendung von Sprache – außer der der Zahlen – darstellen und erlernen. Bringt die Lehrkraft nun tatsächlich noch einen Kuchen o.ä. in den Unterricht mit, der dann Verbruchrechnet werden muss um gegessen werden zu dürfen, so hat man sogar noch eine Option, falls die SuS obendrein blind sind.