Die für mich zentralen Aspekte der ersten Sitzung der Ringvorlesung „Umgang mit Heterogenität“ waren vor allem die Gegensätze und das Zusammenspiel von Hetero- und Homogenität und der schmale, schwer erkennbare Grad, den man beim Umgang mit diesen bewandert. So erscheint es mir fast paradox, das jeder Mensch subjektive Kategorien zum Einordnen von Menschen erstellen muss, um mit der tatsächlich heterogenen Welt umzugehen, dies gleichzeitig aber auch der Ausgangspunkt für Diskriminierung und Ausgrenzung ist. Es erscheint unmöglich, diesen Grad ohne Fehltritt zu beschreiten, wobei ich es gleichzeitig als Notwendig erachte, die Richtung vorab bestens möglich bestimmen zu können.
Aus eigener Erfahrung kann ich hierzu aus meiner Freiwilligendienstzeit an der Georg-Droste-Schule berichten, einem Förderzentrum in Bremen für Sehbehinderte Kinder der ersten bist zehnten Klasse, also dem genauen Gegenteil des, von der Politik vorgegebenen, inklusiven Schulplans. Schülergruppen dieser Schule erscheinen auf den ersten Blick wohl homogen: Alle Schüler leiden an ihrem schlechten bis nicht existenten Sehen, jedoch sind die Krankheitsbilder großteils sehr individuell und weitere körperliche oder geistige Behinderungen, sowie ein sehr großes Einzugsgebiet und somit auch die unterschiedlichsten sozialen und ethnischen Herkünfte verursachen großes Konfliktpotential. Bei den Schülern war das schnell spürbar und besonders die Jüngeren lebten das Für und Wieder einer heterogenen Gruppe aus: Kleinere Streits waren praktisch pausenlos im Gange, größere Dramen spielten sich fast täglich ab, allerdings war auch immer wieder mal zu sehen, wie unterschiedlichste Typen zusammenfanden und sich austauschten. So sah ich etwa ein Kind mit Downsyndrom und eines mit Autismus kuscheln oder einen blinden Flüchtlingsjungen ohne Deutschkenntnisse den Schulhofsslang von einem deutlich älterem, an ADS und grauem Star leidenden Jungen lernen.
Ich selbst habe mich stets bemüht, jeden Schüler zu nehmen, wie er ist, wofür ich meist positive Rückmeldungen Seitens der Schüler erfuhr, sie wussten es immer zu schätzen, wenn man nett zu ihnen war oder half. Jedoch musste auch ich negative Erfahrung machen, als ein Schüler offen und ernsthafte rassistische Parolen abließ und in der Diskussion einen sturen Kopf bewies. Besagter Schüler und ich hatten lange Zeit ein schwieriges Verhältnis, ihn interessierte keines meiner Worte und ich behandelte ihn wohl meist auch nicht besonders freundlich. Ich merkte an mir selber, wie ich diesen Schüler als Rassisten kategorisierte und wie sich dies negativ auf unser Verhältnis auswirkte. Das er seine Meinung vermutlich seinem Umfeld bei sich zu Hause nachredete und seine Parolen wohl der Unsicherheit, resultierend aus nicht erfüllten Normalitätserwartungen an Mitschülern, die kein deutsch sprachen (oder gar nicht sprachen), entsprangen, kam mir zunächst nicht in den Sinn. Gegen Ende meines Dienstes schaffte ich es, ohne das ich den Grund nennen kann, diesen Schüler zu motivieren einer ebenfalls eingeschränkten Lehrerin die ganze Pause hindurch beim Tragen von Materialien zu helfen, was er freiwillig und begeistert tat. Ich war erstaunt das ich doch eine Seite an ihm gefunden hatte, die mir gefiel und frage mich, wie ich in Zukunft diese Seiten wecken kann.
Gerade dies gilt es für mich in kommender Praxiserfahrung herauszufinden, d.h. ich sollte mich explizit mit den Schülern beschäftigen, die mir nicht direkt sympathisch sind, herausfinden, woran dies liegt und versuchen, trotzdem einen offenen Umgang zu pflegen. Gerade bei eventuellen Erfolgen gilt es dann darauf zu achten, was ich bei diesem anders getan hatte als zuvor.
Um dem Konfliktpotential einer heterogenen Gruppe entgegenzuwirken gilt es natürlich nicht nur mit gutem Beispiel voran zu gehen, sondern auch auf viel Kommunikation zu setzen, damit Schüler sich untereinander verstehen, und sie über verschiedenste Religionen, Gesellschaftsformen, Ethnien u.ä. Aufzuklären, um evt. bestehenden Prekonzepte zuvorzukommen. Das Beispiel des kleinen Rassisten den ich traf, zeigt, das dies mit Problemen behaftet sein kann und nichtt von jetzt auf gleich funktioniert: Nach einer längeren Diskussion mit ihm erschien es mir nicht, als hätte er mir bei einem Wort zugehört. Es bleibt die Aufgabe der Lehrkraft, einen Zugang zu finden.