Apr 07 2019
Antworten auf die Fragen zu Vorlesung 1
1. Bitte begründen Sie unter Rückgriff auf die Ausführungen in der Präsentation, warum Heterogenität im schulischen Kontext häufig als „Herausforderung“, die bewältigt werden muss, wahrgenommen wird?
Jede moderne Gesellschaft hat eine komplexe innere Struktur aufgrund der Vielfalt der Traditionen, Religionen, Interessen und Werten. Menschen haben einen bestimmten Platz in sozialen Strukturen, in denen Positionen und der soziale Status dazu neigen, zusammenzukommen. Eine solche Gruppierung kann beispielsweise nach Nationalität oder Vermögen erfolgen. Die Heterogenität ist eine Reihe von Indikatoren, die den Grad der Buntheit der Gesellschaft anzeigen. Bei der Betrachtung des Problems der Heterogenität in der Pädagogik legen Wissenschaftler besonderes Augenmerk auf Differenzierung und Individualisierung. Viele Lehrer glauben, dass mit diesen Konzepten alle Probleme gelöst werden können. Es ist jedoch nicht so einfach, weil jede Schule ihre eigenen spezifischen Standards, Anforderungen und Regeln hat, an die sich alle dort eingeschriebenen Schüler halten müssen. Das Problem ist, dass jeder einzelne Schüler seine eigenen Erfahrungen, Fähigkeiten, Denkweisen und Charakter hat, die z.B. auf seine Religion, ethnischen Herkunft, Alter, Geschlecht usw. basieren. So gelingt es einigen Schülern, bestimmte Bildungsstandards einzuhalten und das Lernmaterial leicht genug zu beherrschen, während andere mehr Zeit und Mühe in diese Angelegenheit investieren müssen. Daher wird erwartet, dass ein Lehrer unter Berücksichtigung verschiedener Faktoren einen individuellen Ansatz für jeden Schüler hat. Viele Lehrer wissen, dass sie in ihren Klassen einen differenzierten, individuellen Ansatz (Capability Approach) verwenden müssen, um die individuellen Bedürfnisse jedes Schülers zu befriedigen. In der realen schulischen Praxis können sie dies jedoch nicht schaffen (z. B. aufgrund von Überfüllung der Klassen oder Zeitmangel). Darüber hinaus ist die pädagogische Unterstützung oft schlecht strukturiert und nicht auf den Schüler, sondern auf das Ziel ausgerichtet. Genau deswegen wird Heterogenität im schulischen Kontext häufig als „Herausforderung“wahrgenommen.
2. Was ist damit gemeint, wenn von dem „Konstruktionscharakter“ von Heterogenität die Rede ist? Bitte erklären Sie das in eigenen Worten.
Heterogenität hat ein „Konstruktionscharakter“, weil sie eine soziale Konstruktion ist und nur im Kontext einer Gesellschaft existieren kann. Jede Gesellschaft hatte zu jeder Zeit eigene Standards und Normen sowie Regeln und Grenzen. Diese Regeln können mit der Zeit oder unter bestimmten Umständen geändert werden. Die Gesellschaft bestimmt, was „normal“ oder „richtig“ ist und strebt dabei nach Homogenität. Das Konzept der Heterogenität impliziert eine Abweichung von den Normen, die von der Gesellschaft aufgestellt werden, daher hängt es auch von den Menschen ab und wird von ihnen konstruiert.
3. Welche Erfahrungen / Beobachtungen mit dem Umgang von Lehrer*innen mit verschiedenen Dimensionen von Heterogenität (siehe AGG) haben Sie in ihrer Schulzeit gemacht? Bitte beschreiben Sie ein aus Ihrer Perspektive besonders positives oder auch negatives Beispiel.
Ich bin in Russland zum Gymnasium gegangen und dort habe ich einige gute sowie schlechte Erfahrungen mit dem Umgang von Lehrer*innen mit Heterogenität gehabt. Am besten zeigt sich dies in der Behandlung der Lehrer zu den Schülern im Kontext des Migrations- und sozialen Hintergrunds der Kinder. Zum Beispiel es gab die Schüler in meiner Klasse, die mit dem Erlernen neuen Materials nicht gut zurecht kamen. Sie konnten sich nicht an die neuen Informationen erinnern, kamen unvorbereitet auf den Unterricht und wollten nicht an der Tafel antworten.
Einige Lehrer versuchten nicht, diese Situation zu verstehen, und anstatt die Ursache des Scheiterns herauszufinden, erklärte sie es mit Faulheit. Außerdem haben diese Lehrer das Kind vor seinen Klassenkameraden ausgeschimpft oder lächerlich gemacht. So beraubten sie Kindern der Motivation und brachten ihnen einen Minderwertigkeitskomplex ein.