1.Welche Modelle von Behinderung sind Ihnen in Ihrer eigenen Bildungsbiografie und den schulischen Erfahrungen als angehende Lehrkraft begegnet? An welchem Zuweisungspraktiken (z.B. durch Äußerungen) machen Sie das fest? (zum Weiterlesen: Waldschmidt, 2005)
Auf dem Gymnasium hatte einer meiner Klassenkameraden eine sprachliche Einschränkung, so dass er nur langsam reden konnte, des Weiteren war er Legastheniker. Die Lehrer haben meinem Mitschüler häufig etwas mehr Aufmerksamkeit geschenkt und stets dabei versucht seine Lernschwäche/Behinderung zu normalisieren. Dies wurde von Anfang an offen kommuniziert, was den Schüler vielleicht anfangs etwas „bloßgestellt“ hat? Jedoch hat sich die Einschränkung durch die offene Kommunikation sehr schnell normalisiert und ich habe nie Vorfälle von Mobbing oder „Bestrafung“ für den Schüler festgestellt. Dies würde ich als medizinisch/ individuelles Modell bezeichnen (nach Waldschmidt; vgl. Folie 7).
- Bitte reflektieren Sie die Erfahrungen mit Exklusion und Inklusion in der Bildungsbiografie der beiden Gäste (Frau Dittmann und Herr Palkowski) vor dem Hintergrund Ihrer eigenen Erfahrungen:
Gab es Punkte in meiner Bildungsbiografie, an denen mein Bildungsweg befördert wurde? An denen er begrenzt wurde? Was spielte hierbei eine Rolle? Und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für mich als angehende Lehrkraft?
Frau Dittmann und Herr Palkowski sammelten in Ihrer Schullaufbahn sehr unterschiedliche Erfahrungen.
Frau Dittmann wurde taub geboren. In ihrer Grundschulzeit erfuhr sie viel Inklusion in den Lehrkörper und man half ihr in vielen Bereichen, so wurde z.B. Teppich im Klassenzimmer verlegt und die Sitzordnung wurde ihren Bedürfnissen angepasst. Als sie dann auf die weiterführende Schule wechselte wurde die Inklusion stark vernachlässigt und Frau Dittmann wurde sogar gemobbt, was dazu führte das Frau Dittmann sich im Lernumfeld nicht mehr wohlfühlte und die Schule wechselte. Ihre neue Schule war eine Schule für Gehörlose, an welcher sie Erfolgreich das Abitur absolvierte.
Herr Palkowski machte nach seinem Unfall der ihn ganzkörperlich lähmte in der Schule bessere Erfahrungen. Er machte keine negativen Erfahrungen die ihn aus dem Klassenverbund ausschließen. Er hatte jedoch Probleme mit seiner Motivation, weswegen er den angepeilten Bildungsabschluss nicht erreichen konnte. Er fand danach jedoch eine für ihn ausfüllende Ausbildung bei einem großen Unternehmen.
Man sieht in beiden Fällen das ein guter Umgang mit Einschränkungen den Bildungsprozess von Eingeschränkten Personen verbessert.
Mein persönlicher Bildungsweg wurde vor der Oberstufe auch durch mehrere Lehrkräfte eingeschränkt. Ich war von der 6. bis zur 10. Klasse relativ Verhaltensauffällig und sehr Aufmerksamkeitssuchend. Jedoch war ich kein Lernschwacher Schüler. Ich hatte zwar Konzentrationsprobleme in gewissen Phasen des Unterrichts, war jedoch in Konzentrationsphasen eigentlich ziemlich Leistungsfähig. Manche meiner Lehrkräfte sind mit diesem Verhalten nicht klargekommen und haben mich auf Grund meines Verhaltens nicht objektiv bewertet. So wurde ich trotz guter mündlicher Mitarbeit nicht an Hand meines eingebrachten Inputs für den Unterricht bewertet, sondern lediglich an meinen Unterrichtsstörungen festgemacht. Als meine Politik und Mathe-Lehrerinnen sich in der 10. Klasse dafür einsetzten das meine Versetzung nicht stattfindet, wechselte ich die Schule um einen Neuanfang an einer anderen Schule machen zu können.
- In der Vorlesung wurde auch die Perspektive von Eltern angesprochen. Bitte schauen Sie sich das Video zum Engagement von Eltern (Gespräch mit Elke Gerdes) an:https://uni-bremen.de/themen/engagement-von-eltern/:
Welche Meinung haben Sie zum Elternwahlrecht? Was sind Vor- und Nachteile?, Welche Bedeutsamkeit messen Sie der Zusammenarbeit mit Eltern bei und was sind zentrale Gelingensbedingungen? (zum Weiterlesen: Wocken, 2017)
Ich finde das Elternwahlrecht an sich erst mal sehr gut. Die Eltern kennen in der Regel die Bedürfnisse und Verhaltensweisen ihres Kindes am besten. Außerdem ist davon auszugehen, dass die Eltern stets an der besten Lösung für das Kind interessiert sind. Jedoch sollten meiner Meinung nach nicht nur die Eltern alleine darüber entscheiden. Sie sollten einen „Berater“ in Form von einem Spezialisten (Arzt, Sonderpädagoge) zur Verfügung gestellt bekommen. Ich habe unter Umständen bedenken, dass die Eltern zu „Ängstlich“ oder zu bedacht mit ihrem Kind sind (Wocken, 2017). Wenn Eltern und Experten Hand in Hand arbeiten, sollte es möglich sein, die größtmögliche Inklusion des Kindes in den Lehrkörper und die Gesellschaft durchzuführen.
Moin Lennart,
bezüglich deiner Antwort auf die erste Frage, welche sich auf die eigenen Erfahrungen bezieht, ergeht es mir ähnlich wie Dir. In meiner Schullaufbahn bin auch ich nicht wirklich mit Schüler*innen in Kontakt gekommen, die eine Behinderung haben. Während meiner Zeit in der Grundschule hatte ich eine Mitschülerin, die, soweit ich mich erinnere, eine besondere Form von Autismus hatte und aufgrund dessen nicht am normalen Unterrichtsgeschehen teilgenommen hat. Ich erinnere mich wage daran, dass sie zwar tagtäglich in der Schule, allerdings nicht regelmäßig bei uns im Regelunterricht saß.
Dies änderte sich dann mit dem Wechsel auf die Gesamtschule nach der Grundschule. Hier war es so, dass es Klassen gab, in denen nur Schüler*innen mit Behinderungen waren. Diese gingen von Schüler*innen im Rollstuhl bis hin zu Trisomie 21. In diesen Klassen waren auch mehrere Lehrkräfte/Pädagogen/Assistenzen, als ich es aus meiner Gymnasialklasse kannte. In der Schule waren diese Klassen allerdings sehr von den „normalen“ Klassen separiert und ich hatte somit nie Kontakt zu diesen Schüler*innen. Dies würde ich als soziales Modell von Behinderung klassifizieren, da die Schüler*innen aufgrund von diversen Barrieren von der Mehrheit der anderen Schüler*innen getrennt wurden.
Mit Bezug auf die zweite Frage kann ich wohl leider behaupten, dass es mir bezüglich der Konzentrationsphasen ähnlich wie Dir ergangen ist. Zu Beginn meiner Zeit auf dem Gymnasium war auch ich des Öfteren unkonzentriert, was bei mir dann allerdings in der Störung des Unterrichts mündete. Dadurch verbaute ich mir auch zumindest einen Teil meiner Zeit auf dieser Schule und stand, wie auch du dies schon beschrieben hast, bei vielen Lehrer*innen direkt in einem schlechten Licht da. Erst mit dem Beginn der Oberstufe sollte sich das ändern und auch meine Noten wurden daraufhin besser. Das wäre also ein Punkt bei dem deutlich wird, dass nicht nur körperliche und geistige Behinderungen einem den Schulalltag erschweren, sondern auch viele Aspekte abseits dessen, diesen Effekt mit sich führen.
Auch mit Bezug auf die dritte Frage kann ich Dir voll zustimmen. Meiner Meinung nach ist es von großer Wichtigkeit, den Eltern ein Wahlrecht zuzustimmen. Ebenso wichtig finde ich es, dass sich die Eltern mit einem Pädagogen/Therapeuten austauschen können, um so den bestmöglichen Weg für ihr Kind finden zu können. Wahlweise empfinde ich es als vernünftig, das Kind selbst bei Entscheidungen miteinzubeziehen, da es am Ende immer noch um das Kind geht.
Grüße
Jona Klingenberg