Eigentlich läuft das Radio bei mir rund um die Uhr. Ich schalte es beim Aufstehen ein und erst vorm Schlafengehen wieder aus. Es läuft und läuft und läuft, doch eigentlich habe ich nie wirklich zugehört. Ich war vermutlich der Radiohörer, den sich jeder Radiomacher wünscht. Arglos, unbedarft, leichtgläubig. Der ultimative Quotenbringer.

Doch irgendwann habe ich meine Hände von den Ohren genommen und tatsächlich gehört, was mich da tagtäglich beschallte. Nervige Beiträge, die vor geschwollenem „Humor“ nahezu platzten, Moderatoren, die laufend meinen mir erzählen zu müssen was meinen Tag lebenswert macht und mich zu einem angesagten Teil der Stadt. Zwischendurch noch ein bisschen immer gleiche Werbung und das Wetter vor dem Fenster. Ach ja, und natürlich sollte ich auch unbedingt sofort anrufen, um Tickets für das ultimative Event am Wochenende zu gewinnen, bei dem man einfach dabei sein muss.
Sie schaffen es sogar, dass ich anfange von meinem Lieblingslied genervt zu sein. 150 Songs, die in einer Endlosschleife laufen. Tagein, tagaus. Nur unterbrochen von der gebetsmühlenartig wiederholten Kennung des Senders, der einzige Hinweis darauf, dass ich nicht einen der anderen super jungen Sender höre.

Höhepunkte? Überraschungen? Abwechslung? Fehlanzeige. Das Radio plätschert vor sich hin, darf nicht auffallen oder gar irritieren. Was Neues zu bringen ist ein Risiko und das wird nicht gerne eingegangen. Schade. Denn unbekannte und neue Lieder und Trends können sie für die iPod-Generation interessant machen. Wer sollte das Radio anschalten, um die immer gleichen 150 Songs zu hören, wenn er doch Tausende selbst jederzeit zur Verfügung hat?

Ich bin noch immer Radiohörer und werde es wohl auch bleiben. Nicht wegen den Liedern oder Beiträgen. Es ist vielmehr ein Lebensgefühl … aber den Sender habe ich gewechselt.

Lisa