Es war Silvester. Am frühen Abend kam ich ins Studio, um für zwei oder drei Stunden bei der ausgelassenen Jahresendsendung unseres Uni-Radios dabei zu sein. Mein Auftrag: Likör mitbringen. Der wäre allerdings kaum noch nötig gewesen, denn schließlich feierte unsere CVD zeitgleich noch ihren Geburtstag, sodass das Sendungs- … nun ja, nennen wir es mal Konzept: „ein bisschen trinken, ein bisschen Musik und ein bisschen Quatschen“ bereits vor der Sendung ausgiebig zelebriert wurde. Dementsprechend hatten alle anderen auch schon gut einen im Tee, als ich im Studio ankam.
Doch damit nicht genug. Zur weiteren Pegelsteigerung war ein Trinkspiel vorbereitet, das wir live und mit eingeschalteten Mikrofonen spielten. Außerdem bekamen alle einen kleinen Zettel, auf dem eine persönliche Aufgabe gestellt wurde, die den anderen jedoch nicht verraten werden durfte. Ich musste eine spontane Erkältung vortäuschen und durch lautstarkes Schniefen und Husten auch alle anderen daran teilhaben lassen. Auch wenn im Studio keiner mehr so richtig zu begreifen schien, weshalb ich meine Atemwege so lauthals benutzte – der Ohrenschmaus aus dem Radio war perfekt.
Im Prinzip war diese Sendung schlicht eine Geburtstagsfeier mit Liveübertragung. Doch von unserem kritischen und experimentellen Standpunkt aus gesehen, war sie ein Bollwerk gegen die Nüchternheit der Programme, gegen trockene Moderationen und gegen die Angst vor Abschaltimpulsen. „Bloß keine Fehler und bloß nichts unangenehmes senden, sonst verlieren wir unsere Hörer!“ – dagegen stellten wir unsere Silvester-Radiogala mit der höchsten, je gemessenen Dichte an Radiopannen als Gegenkonzept. Denn wir haben den Luxus genossen, uns keiner Quote unterwerfen zu müssen oder die Sendung zum Wohlgefallen der breiten Masse glattbügeln zu müssen. Wir haben im Radio das machen können, was Spaß macht – und sei es, einfach mal einen über den Durst zu trinken. Nicht, dass sich so jeder Sendetag gestalten ließe. Aber es darf auch mal dazugehören.
Einen Archivmitschnitt gibt es von dieser Sendung zu meinem Bedauern – aber wohl aus gutem Grund – nicht. Anders verhält es sich da mit anderen angetüdelten Silvester-Sendungen. So birgt das Internet beispielsweise die folgende Perle des sich nur noch mit Mühe artikulierenden Nachrichtensprechers von Radio Fritz, welcher sich bei den ersten Nachrichten des neuen Jahres eine wahre Glanzparade leistete: http://radiopannen.de/index.php?pid=109 Ich würde bezweifeln, dass durch diesen Faux pas auch nur ein Hörer verloren gegangen ist.
Felix
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