Inklusion im Schulalltag

Frage 1: Rechtliche Grundlagen und der Stand der Inklusion in Schule, Studium und Beruf

Die Grundlage für Inklusion ist auf internationaler Ebene die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), die seit 2009 in Deutschland rechtsverbindlich ist. Besonders relevant sind hier Artikel 24 (Bildung) und Artikel 27 (Arbeit und Beschäftigung). Diese garantieren den gleichberechtigten Zugang zu einem inklusiven Bildungssystem sowie zum allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Diskriminierung (UN-BRK 2008).

Auch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland (Art. 3 Abs. 3 GG) schützt Menschen mit Behinderungen vor Benachteiligung. In Bremen konkretisiert das Bremische Schulgesetz diesen Anspruch in §3 Abs. 4 mit dem Auftrag an Schulen, sich zu inklusiven Einrichtungen zu entwickeln (vgl. BremSchulG 2009).

Aus den Erfahrungsberichten der Gäste wurde deutlich, dass Bremen durch Maßnahmen wie die Zentren für unterstützende Pädagogik (ZuP), die Regionalen Beratungs- und Unterstützungszentren (ReBUZ) sowie die Schließung vieler Förderzentren in den letzten Jahren deutliche Fortschritte gemacht hat (RV06, Folie 6).

In meiner eigenen Unterrichtspraxis an einer Grundschule habe ich erlebt, dass in sogenannten Inklusionsklassen etwa 4–5 Kinder mit Beeinträchtigung durch zusätzliches Personal unterrichtet wurden. Im Sportunterricht waren sie aktiv beteiligt, in anderen Fächern erhielten sie zum Teil differenzierte Aufgaben. Dennoch blieb die Trennung zwischen Inklusions- und Nicht-Inklusionsklassen bestehen, was ein Zeichen dafür ist, dass die Umsetzung von Inklusion im Schulalltag noch nicht konsequent erfolgt.

Frage 2: „Nicht über uns ohne uns!“ Beteiligung von Menschen mit Behinderung

Der Slogan „Nicht über uns ohne uns!“ stammt aus der internationalen Behindertenbewegung und wurde als zentrales Prinzip in die UN-BRK aufgenommen (Art. 4 Abs. 3). Arnade (2015) nennt zwei positive Beispiele für Partizipation: die Mitwirkung bei der Erstellung von Parallelberichten und die Einbindung in Koordinierungsstellen (vgl. Arnade 2015, S. 94–96).

Die zentrale Botschaft lautet: Menschen mit Beeinträchtigungen sollen nicht nur mitgemeint, sondern aktiv beteiligt werden. Sie sollen eine eigene Stimme im politischen und gesellschaftlichen Diskurs bekommen. Damit diese Stimme auch tatsächlich gehört wird, müssen bestehende Hürden abgebaut werden. Seien es sprachliche, institutionelle oder strukturelle Barrieren. Nur wenn Teilhabe aktiv ermöglicht wird, kann echte Mitbestimmung stattfinden.

Darüber hinaus sind weitere Ansätze zur Beteiligung zu nennen: Raul Krauthausen und die Sozialhelden schaffen durch digitale Werkzeuge und kreative Kampagnen praktische Lösungen für Barrierefreiheit. Ebenso tragen Inklusionsbeiräte oder Kinderparlamente dazu bei, Betroffene direkt an Entscheidungsprozessen zu beteiligen.

Auch Kinder und Jugendliche können eingebunden werden, z. B. durch unterstützende Kommunikationsformen, inklusive Klassenräte oder kreative Projekte wie Fotoausstellungen und Filmprojekte zum Thema Inklusion. In meiner alten Schule wurde ein solches Projekt umgesetzt, bei dem Kinder mit und ohne Beeinträchtigung gemeinsam kreative Beiträge gestaltet haben.

Frage 3: Bedeutung der Elternperspektive in der schulischen Inklusion

Die Perspektive der Eltern wurde in der Vorlesung als besonders bedeutsam hervorgehoben. Eltern können ein unverfälschtes Bild der emotionalen Lage ihrer Kinder vermitteln, da Kinder ihnen gegenüber oftmals offener über ihre Erfahrungen sprechen. Regelmäßiges Feedback und die aktive Einbindung der Eltern können somit helfen, Herausforderungen in der Inklusion frühzeitig zu erkennen und zu lösen.

Als angehende Lehrkraft werde ich grundsätzlich die Zusammenarbeit mit Eltern aktiv suchen. Besonders bei Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf möchte ich besonders das wohlbefinden des Kindes mit den Eltern reflektieren.

Literatur
• Arnade, S. (2015). „Nichts über uns ohne uns!“ – Die Zivilgesellschaft spricht mit. In: Degener, T. & Diehl, E. (Hrsg.): Handbuch Behindertenrechtskonvention. Bundeszentrale für politische Bildung.
https://www.bpb.de/system/files/dokument_pdf/Handbuch_Behindertenrechtskonvention.pdf
• Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen (Hrsg.) (2018): UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK).
https://www.institut-fuer-menschenrechte.de
• Bremisches Schulgesetz (2009), §3 Abs. 4.
https://www.bildung.bremen.de
• Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Art. 3 Abs. 3.
https://www.gesetze-im-internet.de/gg/

RV06

Kommentare

Eine Antwort zu „Inklusion im Schulalltag“

  1. Avatar von Jonas
    Jonas

    Der vorliegende Blogbeitrag liefert eine solide Grundlage zu den rechtlichen Rahmenbedingungen und der aktuellen Umsetzung von Inklusion in Bremen, die ich an einigen Stellen ergänzen und vertiefen möchte. Erstens ist der Hinweis auf die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) sehr wichtig; zusätzlich wäre zu bedenken, dass die Verankerung von Inklusion im deutschen Bildungssystem nicht nur formell, sondern auch materiell ausgestaltet werden muss. So fehlt oftmals eine ausreichende Ausstattung der Schulen mit sonderpädagogischem Personal, um Artikel 24 UN-BRK tatsächlich umzusetzen (UN-BRK Art. 24) (UN-BRK, Art. 24).

    Zweitens schätze ich den Blick auf die Partizipation („Nicht über uns ohne uns!“) sehr, möchte aber noch stärker betonen, dass echte Teilhabe auch digitale Barrierefreiheit erfordert. Arnade (2015) zeigt, dass Online-Konsultationen und E‑Learning-Plattformen nur dann inklusiv sind, wenn sie bereits beim Design barrierefrei gedacht werden (Arnade 2015, S. 95). Hier wäre eine kritische Reflexion hilfreich, inwiefern Schulen in Bremen die digitale Infrastruktur bereits entsprechend aufbauen.

    Drittens spricht mich der Praxisbericht zur inklusiven Grundschulpraxis an: Die Beteiligung von 4–5 Kindern mit Förderbedarf pro Klasse und der Einsatz von zusätzlichem Personal ist ein Schritt in die richtige Richtung. Allerdings bleibt der Wechsel zwischen separierten Inklusions- und Regelklassen eine Schwäche. Textor (2018) argumentiert, dass inklusionspädagogische Konzepte nur dann wirksam sind, wenn sie systemisch in die gesamte Schulentwicklung eingebettet werden und nicht nur punktuell in einzelnen Unterrichtsstunden (Textor 2018, S. 28 f.).

    Im Vergleich zu meinen Erfahrungen im Fach Deutschdidaktik habe ich beobachtet, dass inklusive Leseprojekte weitgehend in heterogenen Gruppen stattfinden, was die sozialen Kompetenzen aller Schülerinnen und Schüler stärkt. Anders als im Blogbericht, wo im Sportunterricht inklusive Bewegungsspiele im Vordergrund standen, gelingt im Fach Deutsch durch kooperative Lesestrategien eine echte Teilhabe aller Lernenden.

    Die Verknüpfung zum Modulthema „Umgang mit Heterogenität“ wird deutlich, wenn man die systemische Dimension von Inklusion betrachtet: Sowohl die Folien zur schulischen Entwicklungsplanung als auch die Diskussion um Barrieren im Schulsystem zeigen, dass Inklusion keine Einzelmaßnahmen, sondern einen Kulturwandel im gesamten Kollegium erfordert (vgl. Vorlesungsfolie 7).

    Insgesamt sensibilisiert der Beitrag für zentrale Herausforderungen und gibt hilfreiche Beispiele; durch eine stärkere Reflexion zur digitalen Barrierefreiheit, Finanzierung inklusiver Strukturen und systemischer Schulentwicklung lässt sich der Beitrag noch weiter vertiefen.

    Literatur
    Arnade, S. (2015). „Nichts über uns ohne uns!“ – Die Zivilgesellschaft spricht mit. In T. Degener & E. Diehl (Hrsg.), *Handbuch Behindertenrechtskonvention* (S. 94–96). bpb.
    Textor, A. (2018). *Einführung in die Inklusionspädagogik.* 2. Aufl., UTB Verlag, S. 28 f.
    UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) (2008). Artikel 24.

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