RV11 // Prof. Dr. Florian Schmidt-Borcherding // Die kognitiven Dimensionen von Lernerfolg: Intelligenz vs. Vorwissen

Erläutern Sie den Einfluss von Intelligenz und Vorwissen auf den Lernerfolg. In welchem Verhältnis stehen diese beiden Heterogenitätsdimensionen? Was muss man tun, um ihren jeweiligen Einfluss empirisch zu untersuchen? Und was bedeuten die Befunde für Schule und Unterricht?

 

Intelligenz und Vorwissen sind beides nicht zu ignorierende Aspekte zur Sicherung des Lernerfolgs, die jede/r SuS anders aufweist. Welcher der beiden Aspekte wichtiger für den Lernerfolg der/des SuS wichtiger ist, ist nicht unbedingt klar. Die Intelligenz hilft dabei sich neue, unbekannte Konzepte eigen zu machen, doch ohne das nötige Vorwissen wird dies bei egal welch hoher Intelligenz schwierig, bis gar unmöglich. Die Fachliteratur und empirische Untersuchungen belegen hierbei eine Korrelation von r =.50 der Intelligenz und des Schulerfolgs. Dieser Wert ist allerdings nicht auf einzelne SuS anzuwenden, da sich die Korrelation zwischen r=0 und r=0.9 bewegt, womit es sich bei r=0.5 nur um eine Art Mittelwert handelt (Langfeldt, Psychologie für die Schule, S. 37). Das Vorwissen scheint also eine genauere Möglichkeit zu sein, um Schulerfolg zu gewährleisten. Hierbei zeigt sich auch die wahre Qualität von Intelligenz, diese ist nämlich die verbesserte möglichkeit sich das Vorwissen anzueignen, welches einem dann in der Schullaufbahn weiter hilft. 

Empirisch wird natürlich immer über lange Zeit laufende Studien belegt. Diese Studien untersuchen dann wie der Lernerfolg von SuS mit jeweils hoher, oder niedriger Intelligenz und viel oder wenig Vorwissen aussieht. Hierbei ist es auch wichtig verschiedene Intelligenz-, sowie Voriwssenarten zu beachten. Bei der Intelligenz gibt es unter anderem sogenannte fluide Intelligenz, sie beschreibt die eher instinktive und angeborene Intelligenz, so wie die Kristalline Intelligenz, die von der jeweiligen Kultur erwartet und gefördert werden (Langfeldt, Psychologie für die Schule, S. 32). Bei dem Vorwissen kann man auch unterscheiden, hier vor allem in deklaratives Wissen, welches Wissen von Fakten und prozedurales Wissen, welches Wissen über Vorgänge und wie etwas funktioniert beschreibt (Langfeldt, Psychologie für die Schule, S. 40). 

Für die Schule kann man aus den Ergebnissen entnehmen, dass man unbedingt darauf achten muss, dass das nötige Vorwissen bei den SuS vorhanden ist. Sollte ein/e Schüler/in mit dem Material straucheln, so muss man sich über deren Leistungen in den vorangegangenen Themen informieren und möglicherweise Unterstützung anbieten, falls das nötige Vorwissen aus diesen fehlt. 

 

Einige Befunde der heutigen Sitzung waren für Sie möglicherweise überraschend. Oder Sie sehen einige der Forschungsergebnisse kritisch in Bezug auf Schule und Unterricht. Welche (Forschungs-)Fragen ergeben sich daraus (z.B. für Ihr nächstes Praktikum)? Und wie können Sie diese Fragen beantworten?

 

Die Ergebnisse über die Auswirkungen von Vorwissen und Intelligenz kann man natürlich nicht in einem, oder sogar mehreren Praktika empirisch widerlegen oder bestätigen, aber man kann sich doch ein Bild davon machen wie wichtig diese Aspekte sind, indem man sich mit den Schülern auseinandersetzt und sich ein Bild von deren Intelligenz, Vorwissen und jeweiliger Schulleistung macht. Als Forschungsfrage könnte man auch andere Heterogenitätsdimensionen anführen, zum Beispiel: “Wie wirkt sich der Hintergrund der SuS auf ihre Intelligenz und ihr Vorwissen aus?”. Um die Frage zu beantworten muss man sich mit den verschieden Lehrkräften der SuS, so wie mit den SuS selber unterhalten und sich dabei über die jeweiligen Hintergründe erkundigen. Wissen über die Intelligenz wird wahrscheinlich nicht empirisch belegt vorhanden sein, allerdings kann die Lehrkraft dies mindestens grob einschätzen. 

 

Am Ende des Vortrags wurden zwei verschiedene Adaptionsmodelle (Weinert, 1997; Leutner, 1992) dargestellt. Finden Sie zu jeder der in den Modellen genannten Reaktionsmöglichkeiten bzw. Adaptionsformen Praxisbeispiele.

 

Weinerts Modelle der Reaktionsformen waren im Vortrag nicht durchweg positiv dargestellt. Das passive und substitutive Modell schienen entweder nicht tiefgehend genug oder veraltet. Bei dem passiven Modell wird der Unterricht an den/die Durchschnittsschüler/in angepasst. Es werden also, wie im Vortrag auch erwähnt, Leistungsunterschiede ignoriert. In der Praxis lässt sich dies ganz einfach finden, wenn der Unterricht an den Durchschnittsschüler angepasst wird, möglicherweise weil die Lehrkraft merkt, dass viele SuS sich überfordert, oder nicht herausgefordert fühlen. Dies hat natürlich zur Folge, dass überdurchschnittliche SuS in einer unterdurchschnittlichen Klasse sich noch weiter unterfordert fühlen, oder dass unterdurchschnittliche SuS in einer überdurchschnittlichen Klasse sich stärker überfordert fühlen. Diese Reaktionsform hat also nicht die SuS als Individuen im Sinn und ignoriert die Heterogenitätsdimension von Intelligenz und Vorwissen.

Die Substitutive Form ist hier die als eher veraltet dargestellte, sie hat vor die SuS an den Unterricht anzupassen. Als Praxisbeispiel, welches auch schon im Vortrag aufgenommen wurde, fällt einem hier die Trennung der Schulsysteme ein. Die SuS werden in Schulen aufgeteilt die ihren bisherigen Leistungen entsprechen sollen, es soll also was Intelligenz und Vorwissen angeht zu möglichst homogenen Klassen kommen. 

Der aktive Unterricht richtet sich an SuS mit verschiedenen Lernniveaus und passt sich selber an diese an. Dies kann in der Praxis an Oberschulen gefunden werden, wo der Unterricht in höheres Lernniveau bei Schülern in E-Kursen und niedrigeres Lernniveau bei Schülern im G-Kurs aufgeteilt wird und diesen bei neuen Aneignung von Wissen auch anbietet von dem G-Kurs in den E-Kurs aufzusteigen. 

Die letzte von Weinert angeführte Reaktionsform ist die der proaktiven Reaktion. Hierbei werden einzelne SuS gezielt gefördert. In der Praxis kann dies bei gezielt eingesetztem Förderunterricht gefunden werden, welche das in dem Moment nötige Vorwissen vermitteln. 

 

Demgegenüber stellt Leutner in der Adaption die Zwecke und die Umsetzung in den Vordergrund. Hierbei gibt es drei Zwecke; Förderung, Kompensation und Präferenz.

Die Förderung soll bezwecken, dass SuS auf nützliche Art und Weise gefördert werden, zum Beispiel wird bei einem/einer in Mathematik starken Schüler/in die Mathematik Kenntnis weiter gefördert in dem er/sie komplexere Aufgaben kriegt.

Die Kompensation sieht vor das fehlendes Wissen von Schülern kompensiert wird, es kann etwa ein in Englisch schwacher schwacher Schüler Aufgaben kriegen mit denen das fehlende Wissen nachgeholt werden soll. 

Die Präferenz hat zum Zweck, dass sie die Vorlieben der Schüler mitbeachtet. Wenn man die Schüler fragt auf welche Art und Weise sie das jeweilige Thema behandeln wollen kommt dies vor, zum Beispiel wenn man anbietet im Buch, mit Arbeitsblättern, oder durch Frontalunterricht zu arbeiten. 

Diese drei Zwecke sollen nun durch bestimmte Umsetzungen, dem Lernziel, der Lernmethode und der Lernzeit angewandt werden um den Unterricht zu adaptieren. 

Das Lernziel wird zum Beispiel dann angepasst, wenn man als Lehrkraft merkt, dass der/die Schüler/in sich nicht dazu in der Lage sieht, das Lernziel zu erreichen und man daher ein für den/die Schüler/in erreichbareres Lernziel setzt.

Die Lernmethode wird in der Praxis geändert, wenn man merkt, dass die SuS die derzeitige Lernmethode nicht anspricht. Wenn man als Lehrkraft nur Frontalunterricht macht und die SuS nichts von dem behalten, was ihnen im Unterricht beigebracht werden soll und man daher auf interaktivere Unterrichtsmethoden setzt um die Schüler zu erreichen, dann wäre das ein Beispiel von einer Änderung der Lehrmethode. 

Die Lernzeit ist ganz einfach die Zeit die genutzt wird um zu lernen, also wenn ein Schüler im Unterricht nicht mitkommt, weil er zu Hause keine Zeit nutzt um den Stoff nachzuarbeiten, dann muss man die Lernzeit nach oben hin anpassen. 

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